Schwarzenbek. Mit dem Startchancen-Programm sollen Kinder aus Brennpunkten besser Lesen lernen. Mit dabei ist die Gemeinschaftsschule Schwarzenbek.

Immer mehr Schülerinnen und Schüler haben Schwierigkeiten mit sogenannten Kernkompetenzen, wie Schreiben, Lesen und Rechnen. Bundesweit kann jedes vierte Kind nach Abschluss der Grundschule nicht fehlerfrei lesen. Das ist das Ergebnis der repräsentativ erhobenen IGLU-Studie (Internationale Grundschul-Leseuntersuchung). Damit ist ihnen schon im Grundschulalter der Zugang zu einer guten Bildung erschwert oder gar verbaut.

Das soll sich mit dem Startchancen-Programm von Bund und Ländern ändern. 4000 Schulen werden bundesweit gefördert, 140 davon in Schleswig-Holstein. Im Kreis Herzogtum Lauenburg sind vier Bildungseinrichtungen in Schwarzenbek, Geesthacht und Berkenthin dabei.

Startchancen-Programm: Gute Bildung auch für sozial schwache Schüler

„Wir freuen uns, dass wir ausgewählt wurden, weil wir großen Wert auf die Förderung der Kernkompetenzen unserer Schüler legen und bereits seit vier Jahren als Perspektivschule eine spezielle Förderung bekommen. Darauf werden wir mit einer neuen Leseförderung aufbauen. Die Lesekompetenz ist in allen Fächern ein wichtiger Grundstein für das Lernen“, sagt Bettina Kossek, Leiterin der Schwarzenbeker Grund- und Gemeinschaftsschule. Neben einem höheren Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund werden an der Gemeinschaftsschule auch Flüchtlingskinder in zwei DaZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache) unterrichtet.

„Es sind aber nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund, die Schwierigkeiten mit der Sprache und dem Lesen haben. Auch in deutschen Familien wird oft zu wenig kommuniziert. Das hat Auswirkungen auf die Sprach- und Lesekompetenz der Kinder. Hier steuern wir schon jetzt mit der Leseförderung gegen“, so Bettina Kossek. Neben der Grund- und Gemeinschaftsschule Schwarzenbek sind die Silberbergschule und die Bertha-von-Suttner-Schule in Geesthacht mit dabei, außerdem die Grundschule in Berkenthin.

Bettina Kossek ist Leiterin der Grund- und Gemeinschaftsschule Schwarzenbek.
Bettina Kossek ist Leiterin der Grund- und Gemeinschaftsschule Schwarzenbek. © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

„Mit dem Startchancen-Programm bringt die Koalition gemeinsam mit den Ländern das bisher größte Bund-Länder-Projekt für mehr Bildungsgerechtigkeit auf den Weg. Wir investieren in den kommenden zehn Jahren 20 Milliarden Euro gezielt in etwa 4000 Schulen in besonders herausfordernden Lagen in ganz Deutschland“, sagt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz aus Mölln. Das Projekt sei eine wichtige bildungspolitische Maßnahme im Wahlprogramm der Grünen gewesen, betonte der Möllner. 600 Millionen Euro werden im Zuge des Programms an den 140 ausgewählten Schulen in Schleswig-Holstein investiert.

Auswahl der Schulen erfolgt nach sozialen Gesichtspunkten

Die Auswahl der Schulen in Schleswig-Holstein erfolgte anhand eines Sozialindex. Wie schon beim Perspektivschulen-Projekt aus dem Jahr 2020 hatten sich die geförderten Schulen nicht beworben, sondern sie wurden ausgewählt. Es geht dabei um Schulen mit überdurchschnittlich vielen Kindern mit Deutsch als zweiter Sprache, schlechten Deutschkenntnissen und Kindern aus Elternhäusern, die nicht die erforderliche Unterstützung für ihre Kinder leisten können.

Berücksichtigt werden sollen auch Schulen mit vielen Wiederholerinnen und Wiederholern sowie schlechten Ergebnissen in landesweiten Vergleichsarbeiten. „Somit kommt das Geld genau bei den Schulen an, wo der Bedarf am größten ist“, erläutert von Notz. Bei der Gemeinschaftsschule in Schwarzenbek gibt es beispielsweise einen größeren Anteil von Migranten, da dort auch die sogenannten DaZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache) für Flüchtlingskinder angesiedelt sind.

Mehr Schulsozialarbeit und besserer Unterricht sollen Chancengleichheit erhöhen

Die Bedeutung des Programms hob auch der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt, hervor. „Das Startchancen-Programm des Bundes bietet für Schleswig-Holstein die große bildungspolitische Chance, die Leistungen vieler Schülerinnen und Schüler zu verbessern und für mehr Chancengerechtigkeit zu sorgen. Es ist das größte und langfristigste Bildungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik“, sagte er.

Das Startchancen-Programm besteht aus drei Säulen: Es gibt zusätzliche Mittel für multiprofessionelle Teams, insbesondere für die Schulsozialarbeit. Die Schulen bekommen ein frei verfügbares Chancenbudget für die Schul- und Unterrichtsentwicklung. Außerdem gibt es ein Investitionsprogramm für eine förderliche und nachhaltige Lernumgebung.


„Mit dem Programm werden wir die Basiskompetenzen der Schülerinnen und Schüler an den geförderten Schulen deutlich verbessern. Gerade Schüler und Schülerinnen aus einkommensschwachen Familien und bildungsfernen Haushalten werden mit dem Programm erreicht“, so von Notz. Das sieht auch Schulleiterin Bettina Kossek so, die bereits vier Jahre Erfahrung mit der Perspektivschule gesammelt hat, an das das Startchancen-Programm anschließt.

In der Schwarzenbeker Gemeinschaftsschule wurde bereits eine Bookstation installiert – eine Art Bücherei, in der sich die Kinder beispielsweise in der Pause schnell ein Buch nehmen und dort schmökern können. Es wurden auch zusätzliche iPads gekauft sowie Lizenzen für elektronische Lehrbücher. „Es gibt zwar den Digitalpakt, aber damit ist nicht alles abgedeckt, was wünschenswert und sinnvoll ist“, so Bettina Kossek.

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Auch der Schulhof wurde als Treffpunkt neu gestaltet sowie aktive Leseförderung betrieben. „Wir hätten auch schon mit dem alten Programm zusätzliches Personal bekommen können. Ich wollte beispielsweise gerne einen Ergotherapeuten, weil das für einige Kinder hilfreich wäre. Aber leider konnte ich die Stelle nicht besetzen“, so Bettina Kossek.

Für das neue Programm hat Bettina Kossek auch schon konkrete Vorstellungen, was sie weiter verbessern möchte. „Wir möchten eine feste Zeit einführen, in der die Kinder, egal in welchem Fach sie gerade unterrichtet werden, 20 bis 30 Minuten lesen. Ausnahme ist der Sportunterricht. Dabei ist es egal, ob sie leise für sich selbst lesen, wechselseitig etwas vorlesen oder in Kleingruppen arbeiten. Dafür müssen die Lehrer aber entsprechend qualifiziert werden, weil nicht in allen Fachschaften die Vermittlung von Lesekompetenz zum Lehrstoff gehört“, so die Schulleiterin.