Geesthacht. Am Donnerstag stach ein Schüler einen anderen nieder. Seit Montag bewachen Securitykräfte die Bertha-von-Suttner-Schule in Geesthacht.
Montagmorgen an der Bertha-von-Suttner-Schule: Busse fahren vor, Massen an Schülern steigen aus. Andere kommen in Scharen auf Fahrrädern oder Rollern, passieren den Eingang mit dem orangen Schriftzug der Gemeinschaftsschule am Dösselbuschberg in Geesthacht. Ein normaler Schultag also zum Wochenbeginn nach der Messertat am vergangenen Donnerstag?
Nicht ganz, denn Punkt 7.30 Uhr rollt eine große, schwarze Limousine auf den Schulparkplatz. Zwei Männer steigen aus. „Sicherheitsdienst“ steht in großen, weißen Buchstaben hinten auf ihren Jacken. Die beiden sind Mitarbeiter der Alarmzentrale Steinberg, einem Unternehmen aus Reinbek.
Nach Messerattacke an BvS: Sicherheitsdienst bewacht die Schule
Sie sollen an der Schule für die kommenden zwei Wochen dafür sorgen, dass sich alle wieder besser fühlen an der Gemeinschaftsschule in der Oberstadt, ein Sicherheitsgefühl vermitteln. Was genau sie zu tun haben werden, wissen sie zu dem Zeitpunkt ihres Ankommens noch nicht. „Das werden wir gleich erst erfahren“, sagt einer von ihnen.
Sie steuern den Verwaltungstrakt im Neubau im hinteren Bereich des Geländes an. Dort sitzt die Schulleitung. Fest steht bereits die Dauer ihres Einsatzes. Sie sollen zunächst für zehn Schultage, von Montag, 3. Juni, bis zum Freitag, 14. Juni, jeweils von 7.30 bis 17 Uhr die Augen aufhalten. Zudem sollen auch Seelsorger in den folgenden Wochen weiterhin für Gespräche zur Verfügung stehen. Weitere Maßnahmen werden von der Stadt geprüft.
Sicherheitsdienst soll in der Schule und in der Umgebung Präsenz zeigen
„Der Sicherheitsdienst wird im Gebäude, auf dem Schulhof und in der Umgebung der Schule Präsenz zeigen. Die Stadtverwaltung ist im Austausch mit der Schulleitung, dem Sicherheitsdienst und der Polizei. Die Situation an der Schule wird stetig neu bewertet, um Maßnahmen gegebenenfalls anpassen zu können“, erklärt die Verwaltung. Ob es auch Taschenkontrollen auf dem Gelände geben wird, dazu äußerte sich die Stadtverwaltung am Montag nicht. Die Stadt Geesthacht ist Schulträger der BvS.
Auf dem Parkplatz neben der Schule unterhalten sich derweil zwei Mütter. Der Sohn einer der Frauen ist ein Klassenkamerad sowohl des Opfers als auch des Täters. Alle drei besuchen die fünfte Klasse. „Mein Sohn hat nun schon ein beklemmendes Gefühl“, erzählt sie. Am Freitag, dem Tag nach der Tat, sei er lieber zu Hause geblieben. Da fand kein Unterricht statt, es gab nur Krisengespräche in den Klassen mit dem Klassenlehrer. Am Montag sollte alles wieder so laufen wie sonst.
Kinder bastelten Genesungskarten für das Opfer
„Es gab vorher immer schon Streit“, sagt sie zu dem Vorfall. Die Kinder hätten Genesungskarten gebastelt für das Opfer. Der Zwölfjährige war verletzt worden, als ihm sein Klassenkamerad am Donnerstag bei einer Auseinandersetzung an der Bushaltestelle an der Schule gegen 13.15 Uhr ein Messer in den Rücken gestoßen hatte.
Der niedergestochene Junge wurde ins UKE transportiert und konnte am Freitag das Krankenhaus wieder verlassen. Es sei dann doch eher eine leichtere Verletzung gewesen, teilt ein Sprecher der Polizei mit. Zunächst war von einer schweren Verletzung ausgegangen worden. Weder Täter noch Opfer waren am Montag in der Schule. Die Polizei ermittelt derzeit die Hintergründe der Tat.
Schulwechsel, wenn Gewaltbereitschaft noch größer wird
Strafrechtliche Konsequenzen wird der Vorfall für den Täter wegen seines Alters nicht haben. Der Junge soll an der Schule als „nicht ohne“ gelten und polizeibekannt sein. Über mögliche Sanktionen zu entscheiden, wie eine temporäre Beurlaubung von der Schule, ist Sache des Jugendamtes. „Diese Schule ist schon lange verschrien“, sagt die Mutter des Fünftklässlers. Wenn die Gewaltbereitschaft noch größer werde, würde sie den Sohn vielleicht von der Schule nehmen.
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Mutter befürwortet auch Taschenkontrollen der Schüler
Die Präsenz des Sicherheitsdienstes finden beide Frauen gut. Aber nicht die Zeitdauer. „Security für nur zwei Wochen ist ein Witz, da sehe ich den Sinn nicht so“, kritisiert die Mutter des Klassenkameraden. Sie befürwortet auch Taschenkontrollen von Schülern, um mögliche versteckte Waffen zu finden. Auch ihr Sohn habe die Sicherheitssituation am Ende des ersten „bewachten“ Schultages eher ironisch beurteilt, erzählt die Mutter. „,Großartig, gleich zwei Männer für die gesamte Schule‘, habe er gesagt“, berichtet sie.
„Das sagen auch ganz viele Eltern: Es ist ein totaler Witz mit nur zwei Sicherheitsleuten“, sagt die Mutter. „So schnell sind die nicht, um im Ernstfall von einer Ecke in die andere zu kommen bei zwei großen Gebäuden. Mit vier bis sechs hätte ich leben können.“ Vorgestellt in der Klasse des Fünftklässlers wurden die beiden Sicherheitsleute nicht. Ihr Sohn habe einen der Männer mal auf dem Pausenhof gesehen, die Mutter beobachtete einen am späten Vormittag beim Streifendienst in den Außenbereichen.
Stadtverwaltung kündigt einen kurzfristigen Austausch an - Polizei soll dabei sein
Mittlerweile hat auch die Schule auf ihrer Internetseite mit einem Schreiben auf die Tat reagiert. Aufgeführt werden weitere Anlaufstellen für „emotionale Unterstützung“. „Wir wünschen allen Beteiligten viel Kraft“, heißt es abschließend.
Gute Wünsche langen einigen in der Stadt mittlerweile nicht mehr. Als erste politische Partei reagierte die SPD noch am Freitag auf die Zustände. Von einer extremen Gewaltbereitschaft sowohl an weiterführenden Schulen als auch bereits an Grundschulen hatten erst vor kurzem zwei Schulsozialarbeiterinnen im Sozialausschuss berichtet. Die örtlichen Sozialdemokraten wollen erreichen, dass die Sicherheitslage an den Geesthachter Schulen am 20. Juni großangelegtes Thema im Hauptausschuss wird.
Auch die Stadtverwaltung Geesthacht will nun schnell einen übergreifenden Austausch. Sie kündigt an, kurzfristig zu einem Treffen mit allen Geesthachter Schulleitungen sowie der Schulbehörde und der Polizei einzuladen, um das Thema „Gewalt an Schulen“ und mögliche Maßnahmen zu besprechen.