Ratzeburg. Neue Aufgaben für Allgemeinen Sozialen Dienst. Bundesweit stimmen Angestellte mit den Füßen ab, suchen wegen Überlastung das Weite.
Zusätzliche Mitarbeiter ohne Mehrkosten? Nein, die Kreisverwaltung in Ratzeburg hat nicht die Lösung für ein Kernproblem vieler öffentlicher Verwaltungen gefunden, nämlich dass die Lücke zwischen Personalkosten und -bedarf einerseits und schwächelnden Steuereinnahmen andererseits immer größer wird. Im Hauptausschuss des Kreises (Beginn: 17.30 Uhr im Kreishaus Ratzeburg) steht am Montag (3.6.) eine Verwaltungsvorlage auf der Tagesordnung, die zehn neue Stellen für den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) und die Betreuungen von Adoptionen vorsieht. Mit dem Vermerk: finanzielle Auswirkungen „ohne“.
Mehr Personal „ohne finanzielle Auswirkungen“?
Bundesweit klagen die ASD seit Jahrzehnten darüber, dass die Schere zwischen wachsenden Aufgaben und Personal immer weiter auseinanderklafft. Die Betreuung von Familien mit massiven Schwierigkeiten und besonders von Kindern und Jugendlichen in problematischem Umfeld ist vielerorts kaum mehr zu leisten. Die Zahl der Fälle von Verwahrlosung und Kindeswohlgefährdung wächst.
Angesichts der latenten Arbeitsüberlastung zählt dagegen die Verweildauer in den ASD zu den geringsten im gesamten öffentlichen Dienst. Angestellte stimmen vielerorts massenhaft mit den Füßen ab: Sie suchen das Weite oder bewerben sich auf andere Stellen. Oder fallen mit Burnout aus, was die Situation für die verbliebenen Teams noch weiter verschärft.
Arbeitsüberlastung: ASD-Mitarbeiter ergreifen die Flucht
Betreuten früher ASD-Mitarbeiter 50 bis 60 Einzelfälle und Familien, sind es heute vielerorts doppelt so viele. Eine Folge: Die verbliebenen Angestellten gehen für mehr Personal auf die Straße, ja greifen auch zu Mitteln, die ansonsten im öffentlichen Dienst verpönt sind. Mit Überlastungsanzeigen gegenüber ihren Arbeitgebern versuchen sie diese zu zwingen, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen, so auch in Hamburg.
Zuletzt hat sich die Situation weiter verschärft, weil ASD und der Sonderdienst Pflegekinder und Adoption mit weiteren Aufgaben betreut wurden. Dazu zählen der Ausbau des Kinder- und Jugendschutzes, ein verstärktes Augenmerk auf Kids in Pflegefamilien, Wohngruppen und Einrichtungen wie auch die vermehrte Einbeziehung von jungen Menschen mit Behinderungen.
Neuen Aufgaben für die Jugendhilfe
Die Kreisverwaltung Herzogtum Lauenburg hat die Folgen für die Personalausstattung durch externe Experten untersuchen lassen. Ergebnis: „Für den PKA ergibt sich daraus ein zusätzlicher Personalbedarf von 4,3 Vollzeitäquivalenten und für den ASD ein solcher von 5,66 Vollzeitäquivalenten“, so die Vorlage für den Hauptausschuss.
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Kosten für Personal schlagen 2025 zu Buche
Der Mehrarbeit soll nicht begegnet werden durch „noch mehr Überstunden oder durch Stärkung des ehrenamtlichen Elements“, wie genervte ASD-Mitarbeiter ätzen. Dennoch sollen etwa im Kreis Herzogtum Lauenburg die Personalkosten für den Haushalt zunächst nicht steigen, bestätigt Karsten Steffen, Sprecher der Kreisverwaltung. „2024 soll der Personalbedarf über Springerstellen gedeckt werden, die bereits im Kreishaushalt eingeplant sind. Diese Stellen sollen besetzt werden, die Kosten dafür sind jedoch bereits im Etat 2024 eingepreist.“
In den Beratungen für den Haushalt 2025 werde es dagegen um die Finanzierung zusätzlicher Stellen gehen, bestätigt Steffen. „Die Beratungen des Stellenplanes für 2025 stehen für Ende 2024 an.“