Hamburg. Die Warteliste auf einen Termin ist lang. Eine weitere Beratungsstelle soll Abhilfe schaffen. Doch das Angebot hat einen Haken.
Manche stampfen mit den Füßen auf, sind sauer, quengeln oder verfallen einfach in ein tiefes Schweigen. Solche Kinder und Jugendliche sind den Pädagogen der Bergedorfer Erziehungsberatungsstelle durchaus bekannt. Denn nicht erst seit Corona sind viele Familien überfordert. Inzwischen ist die Warteliste für einen Termin am Billwerder Billdeich recht lang: Mindestens vier Wochen muss sich gedulden, wer Hilfe braucht und einen Gesprächstermin anfragt. Auf diesen Engpass will Hamburgs Sozialbehörde nun reagieren. Doch mehr als ein „stets bemüht“ mag ihr Bergedorfs Jugendhilfe-Ausschuss für den schnellen Rettungsversuch nicht attestieren:
„Zur Entlastung hat uns die Sozialbehörde Geld angeboten, um in Bergedorf eine weitere Erziehungsberatungsstelle in freier Trägerschaft aufzubauen, möglichst in Kooperation mit Schulen und der Jugendhilfe“, kündigt Normen Danelzig aus dem Bergedorfer Jugendamt im Jugendhilfe-Ausschuss an. Eigentlich erfreulich, gäbe es da nicht diesen einen Knackpunkt: Das Geld steht nur in diesem Jahr zur Verfügung, „für 2025 haben wir keine Finanzierung“.
Familienhilfe: Erziehungsberatungsstelle in Bergedorf hat lange Warteliste
Als „relativ absurdes Unterfangen“ kommentiert dann auch Heribert Krönker (Grüne) diese Idee: „Was soll das?“ Auch Dennis Gladiator (CDU) ist arg verwundert: „Das ist doch Wahnsinn, da bewirbt sich doch keiner drauf.“ Außerdem stellt er die Idee inhaltlich infrage: „Soll das bloß ein Jahr lang die Spitzen abfangen? Das hilft doch nicht und reißt höchstens noch größere Löcher auf.“
Ausschussvorsitzender Stefan Thomsen fragt ebenso verwundert beim Jugendamt nach: „Kann man das nicht dankend ablehnen? Oder zumindest eine empörte Stellungnahme des Ausschusses nach Hamburg schicken?“ Nein, das könne man nicht und müsse nun ein Interessenbekundungsverfahren vorbereiten, so Danelzig: „Mehr Personalstellen sind nicht möglich, also soll eine Fremdbewirtschaftung her.“
Sozialbehörde will neue Erziehungsberatungsstelle nur ein Jahr finanzieren
Das Budget soll wenigstens hoch genug sein, um für ein Jahr Personal- und Sachmittel sowie mögliche Mietkosten zu tragen. Den exakten Betrag indes mag die Sozialbehörde vor der Ausschreibung nicht nennen. Anja Segert, Vize-Sprecherin der Behörde, antwortet etwas kryptisch auf Amtsdeutsch: „Durch einen Kostenrahmen wird dem Bezirksamt Bergedorf ermöglicht, in einen Planungsprozess einzutreten, um ein regionales Angebot unter Berücksichtigung regionaler Bedarfe konzeptionell auszuplanen. Dieser Prozess ist gerade gestartet. Weitere Aussagen können zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht getroffen werden.“
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Hoffentlich geht es bei den Beratern am Billwerder Billdeich 648a konkreter zu, wenn überforderte Menschen um Hilfe bitten: „Wir unterstützen Sie, sich selbst zu sortieren und Lösungen zu finden“, heißt es im Flyer der Erziehungsberatung, die „Konflikte konstruktiv lösen“ möchte. Wer sich der Herausforderung stellen möchte, eine Einzelberatung anzufragen, wählt Telefon 040/428 91 24 84. Eine offene Sprechstunde (ohne Anmeldung) wird freitags zwischen 10 und 11.30 Uhr angeboten.