Geesthacht. Seit Monaten kassiert die Stadt beim Wohnmobilstellplatz an der Elbe nicht ab und verzichtet auf mehrere Tausend Euro. Die Gründe.

Der Wohnmobilstellplatz an der Elbe in Geesthacht erfreut sich in diesem Jahr besonders großer Beliebtheit. Offiziell für 16 Mobile ausgelegt, tummeln sich derzeit regelmäßig mehr als 20 Camper auf dem „Alter Schiffsanleger 777“ genannten Platz. Ein Nutzer der bei Wohnmobilisten beliebten App „Park4Night“ will auf dem Areal an der Elbuferstraße 31 laut einem Eintrag vom 22. Mai auch schon 26 Mobile gezählt haben. Der Grund für den Ansturm: Die Stadt Geesthacht kassiert seit mehr als einem halben Jahr schon keine Stellplatzgebühren mehr und verzichtet damit freiwillig auf eine signifikante Einnahme durch den Wohnmobilstellplatz.

Denn ein kostenloser Stellplatz direkt am Wasser spricht sich in den einschlägigen Foren natürlich herum. Zumal es hier alles gibt, was Wohnmobilfahrer brauchen: Wasser zum Auffüllen, Strom zum Nachladen und eine Möglichkeit, die Chemietoilette zu entleeren. „Plätze unter zehn Euro sind rar und dann meistens ohne Entsorgung“, bestätigt ein langjähriger Wohnmobilfahrer unserer Redaktion.

Wohnmobilstellplatz Geesthacht: Kassenautomat seit Monaten defekt

Der defekte Bezahlautomat ist mit einem blauen Müllsack verdeckt.
Der defekte Bezahlautomat ist mit einem blauen Müllsack verdeckt. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

In Geesthacht wird für 24 Stunden Aufenthalt eigentlich eine Standgebühr von sieben Euro fällig. Auf Anfrage teilt die Verwaltung mit: „Der bisherige Automat zur Bezahlung der Stellplatzgebühr wurde Ende vergangenen Jahres durch Vandalismus zerstört.“ Der beschädigte Automat ist mit einem blauen Müllsack verdeckt. Ein Nutzer von „Park4Night“ schrieb aber bereits am 2. Oktober 2022: „Derzeit keine Gebühren notwendig, da Automat defekt.“

Hochgerechnet und unter Berücksichtigung, dass im Winter weniger Mobile täglich da waren, dürfte Geesthacht somit allein in diesem Zeitraum eine Summe zwischen 25.000 und 30.000 Euro entgangen sein. Zum Vergleich: Den jährlichen Unterhaltungskosten über 16.000 Euro standen 2019 Einnahmen von 22.200 Euro bei aber maximal 16 Mobilen gegenüber.

Camper über Verhalten der Stadt verwundert

René und Doris Schlauri aus Biel bei Bern/Schweiz verstehen nicht, warum in Geesthacht nicht manuell vor Ort kassiert wird.
René und Doris Schlauri aus Biel bei Bern/Schweiz verstehen nicht, warum in Geesthacht nicht manuell vor Ort kassiert wird. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

René und Doris Schlauri aus Biel bei Bern in der Schweiz verbringen in Geesthacht ein paar Nächte, bis Freunde aus Dortmund eintreffen, um mit diesen weiter an die Ostsee zu fahren. „Wir wundern uns, dass dann nicht persönlich jemand zum Kassieren kommt. Es wird sich doch bestimmt ein Arbeitsloser finden lassen, der einmal am Tag vorbeikommt“, sagt René Schlauri. Oder eine der städtischen Politessen wird mit der Aufgabe betraut.

Dazu teilt die Verwaltung mit: „Der Kosten-Nutzen-Aufwand steht in keinem guten Verhältnis. Darum wird von einer persönlichen Kassierung abgesehen.“ Allerdings handelt es sich bei Wohnmobilisten in der Regel um zahlungswillige Kunden, deren Geld auch anders als bei Parksündern sofort in der Kasse wäre.

Verwaltung verweist auf lange Lieferzeiten

Die Stadt wartet derweil, bis der neue Kassenautomat geliefert ist. „Da es sich bei der Wiederbeschaffung um eine Investition handelt, musste mit der Beauftragung die Genehmigung des Haushaltes 2023 durch das Innenministerium abgewartet werden. Der Automat ist nun bestellt und hat eine lange Lieferzeit. Die Lieferung ist für Ende Juni Anfang Juli avisiert“, so die Mitteilung.

Folge der jetzigen Situation: Die beiden, in der Szene gut vernetzten Schweizer Doris und René Schlauri – sie haben selbst den ersten Stellplatz im Berner Seenland in Orpund eröffnet – haben von einem Wohnmobilisten gehört, der den Winter dauerhaft auf dem Geesthachter Stellplatz verbracht habe, weil es hier gratis sei. Wohlgemerkt: Die eigentliche maximale Verweildauer liegt bei drei Tagen.

Stellplatz soll aufgewertet werden

„Wir würden auch mehr als sieben Euro bezahlen“, betont René Schlauri. Seine Frau und er loben an Geesthacht vor allem die zentrale Lage des Platzes. „Man kommt zu Fuß in die Innenstadt, Restaurants sind in der Nähe und abends kommt der Eiswagen vorbei“, betont Doris Schlauri, die der Straßenlärm vom morgendlichen Berufsverkehr an der Elbuferstraße nicht stört. Die nächstgelegenen Plätze sind deutlich teurer. Am Stover Strand kostet eine Nacht derzeit 19,80 Euro, in Lauenburg 18 Euro, in Hohnstorf 14 Euro und in Brietlingen 12 Euro.

Derweil plant Geesthacht ihren Wohnmobilstellplatz aufzuwerten. Es sollen Schranken für Zu- und Ausfahrt eingebaut werden und ein Sichtschutz zur Elbuferstraße entstehen. Das hat die Kommunalpolitik beschlossen. Bei der Planung der Umgestaltung fiel jedoch der Verwaltung auf, dass erst ein neuer Bebauungsplan erstellt und der Flächennutzungsplan geändert werden muss. Beides ist bei der Stadt in Arbeit. „Aus diesem Grund sind 150.000 Euro zur Umgestaltung für den Haushalt vorgesehen“, schreibt die Verwaltung. Ein guter Teil der nicht geringen Investition hätte sich seitdem von den Wohnmobilfahrern amortisieren lassen.