Lauenburg. Bundesweit sind die vergangenen Jahre Hunderte Millionen Euro in neue Kitas geflossen. Vielerorts fehlt es an Personal für den Betrieb.

Das Personal reicht nicht, die gesetzlich verbriefte Betreuung in einer Kita sicherzustellen, nicht im Herzogtum Lauenburg, noch deutschlandweit. Die Lauenburger SPD-Fraktion unternimmt jetzt einen Vorstoß, die finanzielle Förderung deutlich zu erhöhen. Statt wie bislang in der Stadt einen Ausbildungsplatz im Jahr finanziell zu unterstützen, wollen die Sozialdemokraten erreichen, dass für jeden Träger je Jahr ein Platz gefördert wird. Die Kosten für Lauenburg könnten sich damit mittelfristig verdreifachen oder vervierfachen, auf 150.000 bis 200.000 Euro im Jahr.

200.000 Euro aus der Stadtkasse für Kitapersonal in Lauenburg?

Auch Lauenburgs jüngste Kindertagesstätte sucht Personal. Das Geld soll nach Vorstellung der SPD-Fraktion gezielt für Personal eingesetzt werden, das über den neuen Ausbildungsgang PiA (Praxisorientierte Ausbildung) den Weg in den Erzieherberuf anstrebt. Auch die neue PiA wurde vor einigen Jahren als Ergänzung zur herkömmlichen Fachschulausbildung geschaffen – vor allem mit Blick darauf, vermehrt auch Quereinsteiger für den Beruf zu begeistern.

In der Vergangenheit wurden viele Interessenten vom Umstand abgeschreckt, dass sie in den ersten beiden Jahren ihrer dreijährigen Ausbildung keine Vergütung erhalten, ja für die Erzieherschulen wurde Schulgeld fällig. Diese Regelung ist in verschiedenen Bundesländern in den vergangenen Jahren modifiziert oder abgeschafft worden.

Ohne Personal helfen Kitaneubauten nicht weiter

Am grundsätzlichen Personalproblem hat sich jedoch wenig geändert. Kitaträger und Kommunen haben mit Erweiterungen sowie Planung und Bau neuer Kindertagesstätten die vergangenen Jahre die Raumkapazitäten teils deutlich ausgeweitet. Doch die Zahl von Erzieherinnen und Erziehern – der Anteil von Männern hat sich die vergangenen Jahre nur leicht erhöht – sowie von pädagogischen Assistenten reicht weiterhin nicht aus, um den Personalbedarf nur annähernd zu decken. Nicht in Krippen und Elementargruppen in Kitas, nicht in Schulhorten und auch nicht in Wohngruppen oder anderen Betreuungseinrichtungen.

Das Problem treibt auch die Verantwortlichen in Lauenburg um. Mit dem Bau der zweiten Kindertagesstätte durch den Träger Wabe e.V. hat sich die Zahl der Betreuungsplätze um 145 erhöht – auf dem Papier. Nach der Eröffnung im Herbst 2023 besuchten gerade einmal 20 Kinder die Einrichtung.

145 neue Plätze, zumindest auf dem Papier

Dabei zählt Wabe e.V. als Betreiber von rund 30 Kindertagesstätten bundesweit und als mehrfach ausgezeichneter Kitaträger zu den Vorzeige-Institutionen. So hat die erste Wabe-Kita in Lauenburg (Birnenweg) beim Deutschen Kitapreis 2020 den zweiten Platz belegt. Der Neubau am Glüsinger Weg verfügt über ein eigenes Konzept, verfügt über eine Infrarotsauna sowie ein Kneippbecken und ein naturnahes Außengelände, die die Kinder zum Toben und Plantschen einladen.

„Es hilft niemandem, wenn zusätzliche Raumkapazitäten durch Anbauten oder neue Kitas geschaffen werden, und dann fehlt es an Personal, um die Hort- und Elementarplätze wirklich betreiben zu können“, sagt Immo Braune, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Lauenburger Stadtvertretung.

Personalmangel wächst die kommenden Jahre weiter

Der Lehrer ist selbst im Beirat der Wabe-Kita Glüsinger Weg tätig. Der Blick in die nahe Zukunft lässt ihn erschaudern. „Wir laufen in fünf, sechs Jahren auf eine Rentenwelle zu, dabei reicht das Personal schon aktuell nur, um einen Bruchteil der errichteten Plätze zu betreiben.“

Wabe konkurriere mit vielen anderen Anbietern um neue Erzieher, pädagogische Assistenten wie auch Auszubildende, weiß Friederike Betge. „Es tun sich alle schwer, das benötigte Personal zu finden“, bestätigt die Leiterin des Fachamtes für Soziales und Bürgerservice in der Lauenburger Stadtverwaltung.

Gesucht: Wer will Praxisorientierte Ausbildung machen?

Die Frage, die finanzielle Förderung der Ausbildung auszuweiten, sei eine politische Entscheidung. Eine andere sei, wie die Träger damit umgehen und ob sich für PiA entsprechend Bewerber finden lassen, die die Anforderungen erfüllen: „Abgesehen von der finanziellen Seite müssen Träger ja auch Menschen finden, die die Voraussetzungen mitbringen und die eine solche Ausbildung auch antreten.“

Um die Förder-Modalitäten von PiA zu durchschauen, bedarf es zudem schon der Expertise von Menschen wie Claudia Bagdons, in Lauenburgs Stadtverwaltung zuständig für die Bereiche Schulverwaltung, Kindergärten und Sport. In den ersten zwölf Monaten beteiligt sich das Land mit 800 Euro an den Kosten, „im zweiten und dritten Jahr gibt es aus Kiel nichts“.

Top-Ausstattung: Nadina Lorenzen, Leiterin der neuen Wabe-Kita,  liest Alperen und Maximilian im gemütlichen Leseraum vor.
Top-Ausstattung: Nadina Lorenzen, Leiterin der neuen Wabe-Kita, liest Alperen und Maximilian im gemütlichen Leseraum vor. © Elke Richel | Elke Richel

Land gibt Unterstützung nur für ein Ausbildungsjahr

Städte und Gemeinden tragen in der Regel Dreifünftel der Kosten, der Kreis Zweifünftel. Dies gelte jedoch nicht nur für angehende Erzieher in Praxisorientierter Ausbildung, erläutert Bagdons. „Das gilt auch für angehende sozialpädagogische Assistenten wie auch Heilerzieher.“ In einem Falle habe Lauenburgs bereits eine Heilerzieherausbildung entsprechend finanziell unterstützt.

Meinung: „Lehrgeld“ ist der falsche Weg

Eine solche Förderung würde auch die neue Lauenburger Wabe-Kindertagesstätte gern in Anspruch nehmen, weiß Immo Braune. Definiert sie sich selbst doch als inklusive Kita.

Immo Braune: Jeder für Kitas investierte Euro ist gut angelegt.
Immo Braune: Jeder für Kitas investierte Euro ist gut angelegt. © Elke Richel | Privat

Immo Braune: „Jeder investierte Euro ist gut angelegt“

Warum gerade die häufig hoch verschuldeten Kommunen mit Geld aus den klammen Stadtkassen dafür sorgen sollen, dass die Personalnot über PiA zumindest ein wenig eingedämmt wird, die Frage stelle sich ihm so nicht, sagt Braune: „Die Kitabetreuung ist eindeutig eine kommunale Pflichtaufgabe.“ Unabhängig davon, wer für die aktuelle Situation die Hauptverantwortung trage.

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„Jeder im Kitabereich investierte Euro ist gut angelegt“, sagt der Lehrer. „Er dient der frühkindlichen Entwicklung und damit der Chancengleichheit der Kinder. Aber eben auch der Gleichstellung von Mann und Frau, verschafft den Frauen bessere Möglichkeiten, sich beruflich zu entwickeln.“

PiA: Mehr Praxis und Ausbildungsvergütung von Beginn an

Wer mit PiA den Weg zur Kitaerzieherin oder zum Kitaerzieher antritt, erhält eine Ausbildungsvergütung von 1341, über 1404 bis 1503 Euro im Monat – wenn denn der Arbeitgeber nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt. PiA bietet eine Mischung aus praktischer Tätigkeit und schulischen Elementen. Die herkömmliche Ausbildung an einer Fachschule ist die ersten zwei Jahre weitgehend verschult, erst im dritten Jahr gewinnt die Praxis die Oberhand. Ausbildungsvergütung gibt es die ersten beiden Jahre nicht, im dritten Jahr entspricht sie der PiA-Vergütung.