Geesthacht. Geesthacht will versuchen, die Gruppe vom Eingang der Sporthalle Berliner Straße wegzubekommen. Das ist aber gar nicht so einfach.

Vielen sind die Verhältnisse an der Sporthalle Berliner Straße in Geesthacht seit langem ein Dorn im Auge. Mal kleinere, mal größere Gruppen von Menschen, oft mit Alkoholflaschen in der Hand, nutzen die Stufen zu den Eingängen, um sich zu versammeln. Wer hier Sport treiben will, muss zwischen ihnen hindurch – manche empfinden das als einen beängstigenden Spießrutenlauf.

Die Zustände sind ein Dauerbrenner in der Stadt. Kommt es nun zu einer Lösung, angestoßen durch einen Antrag des Frauenbeirates? „Der Sozialausschuss möge bitte geeignete Maßnahmen beschließen, damit die Ein- und Ausgänge der Berliner Sporthalle nicht mehr von Menschengruppen belagert werden, die sich dort treffen und tagsüber und am Abend aufhalten“, lautet er.

Viele Besucher haben Angst vor den Gruppen, die sich vor den Eingängen versammeln

Begründung: „Mädchen, die zu ihren Übungsgruppen in der Berliner Sporthalle gehen, fürchten sich vor den dortigen Ansammlungen von Menschen. Vielleicht gibt es alternative Örtlichkeiten, die diesen Personen angeboten werden können, gegebenenfalls auch wettergeschützt.“

Den Stein ins Rollen gebracht habe die Enkelin eines Mitgliedes des Frauenbeirates, berichtet Ilse Timm. Einen wirklichen Vorfall gab es nicht, es handele sich eher um ein starkes Gefühl der Unsicherheit, an den Ansammlungen vorbeizumüssen, sagt sie zur Ehrenrettung der Gruppierungen.

Straftaten und Auffälligkeiten gibt es nicht

Auch der Polizei liege nichts Relevantes vor, wurde auf dem Ausschuss deutlich. „Die Polizei sagt, Straftaten und Auffälligkeiten in großer Zahl habe es nicht gegeben“, berichtet Marcus Worm (Grüne), der Ausschussvorsitzende. Die Menschen treffen sich, trinken ihr Bier – und lassen andere ansonsten eher in Ruhe. Von Übergriffen ist nichts bekannt. Wer sich danebenbenehme und etwa öffentlich in die Büsche uriniere, müsse sogar damit rechnen, aus der Gruppe heraus gemaßregelt zu werden.

Marcus Worm geht von höchstens 30 Menschen aus, die sich regelmäßig im Umfeld des Rewe-Centers aufhalten. „Es ist keine geschlossene Gruppe, sondern es sind mehrere kleine“, sagt er. „Sie wirken aber wie eine große Gruppe, wenn alle sich dort treffen“. Aus anderen Stadtgebieten ist keine weitere derartige Szene bekannt.

Ob ein Alkoholverbot rund um die Halle etwas nützt?

So gibt es eigentlich keine rechtliche Handhabe. „Es ist eine schwierige Gemengelage“, sagt Marcus Worm. Was also tun? Diskutiert wurde, ob ein Alkoholverbot rund um die Halle nützen könnte. Auch auf dem benachbarten ZOB darf kein Alkohol konsumiert werden, der Kiosk dort zudem kein entsprechendes Angebot vorhalten.

Der Vorschlag kam von Wiebke Lüdtke (BfG), flankiert von der Idee von Trinkräumen für die Szene, um die Menschen aus dem öffentlichen Raum abzuholen. Solche Räume gibt es bereits seit mehreren Jahren in Kiel, sie werden sehr gut angenommen.

Marcus Worm findet den Vorschlag eines Alkoholverbotes wenig hilfreich. Der Sozialarbeiter in der Suchtforschung verweist auf die möglichen Eskalationsstufen, die ein solches Verbot nach sich ziehen könnten. So stelle dann der Verstoß gegen das Alkoholverbot eine Ordnungswidrigkeit dar, die fälligen Geldstrafen dürften viele nicht bezahlen können, am Ende stünde unter Umständen wegen der säumigen Bußgelder sogar ersatzweise eine Haftstrafe an.

Wie Geesthacht wirklich einen Brennpunkt bekommen könnte

Am Ende würden die Menschen kriminalisiert, so die Befürchtung – und Geesthacht bekäme dann womöglich wirklich einen Brennpunkt. Vom Verwaltungsaufwand mit Kontrollen und dem Aufnehmen der Personalien abgesehen. Zudem gibt er zu bedenken: Ein Alkoholverbot würde auch die Sportler oder Zuschauer treffen, die nach einem Spiel oder Training draußen zum Feierabend einfach mal ein Bier trinken möchten.

Noch eine Befürchtung gibt es: Dass sich die Szene nur verlagern würde. Zum Beispiel auf den Alten Friedhof, dessen Eingang sich wenige Meter entfernt von der Sporthalle befindet. Denn die Gruppen dürften in der Nähe bleiben wollen. Der Ort ist auch deswegen so beliebt, weil sich im Rewe-Center auf kurzem Weg und zeitlich lange – bis 22 Uhr – Getränke-Nachschub kaufen lässt.

Zwei-Punkte-Plan soll gute Lösung für alle bringen

Auf ein Vorgehen konnte sich der Ausschuss dann doch einigen. Es ist ein Zwei-Punkte-Plan. Die Planung über das weitere Vorgehen soll Anfang der Woche besprochen werden. So hatte Marcus Worm die Idee, dass eine Delegation der Stadt bestehend aus Bürgermeister Olaf Schulze, der Ersten Stadträtin Melanie Grimm-Meyer und ihm als Ausschussvorsitzendem vor Ort den Kontakt sucht und Gespräche aufnimmt. Ein „Staatsbesuch“ sozusagen für die Sporthallen-Gruppe.

Es gehe darum, zu vermitteln, wie das Auftreten aus der Gruppe heraus anderen Angst machen könne, erklärt Marcus Worm. „Und es ist ja ein Zeichen der Wertschätzung, dass man sie ernst nimmt, statt das Ordnungsamt zu schicken. Und vielleicht könnte man eine Abordnung für Gespräche mal ins Rathaus einladen“, schlägt er vor.

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Die zweite Idee: Weglotsen statt Vertreibung, ähnlich dem Vorschlag von den Trinkräumen von Wiebke Lüdtke. Hierfür soll ausgelotet werden, ob es möglich ist, einige der Fahrradbügel neben den Eingängen zu entfernen, um Platz zu schaffen für einen regensicheren Unterstand mit Dach, der für den Aufenthalt attraktiver wäre, als sich direkt vor den Türen zu tummeln. „Diesen Vorschlag finden wir auch ganz gut, das können wir mittragen“, sagt Wiebke Lüdtke, die als Vertreterin der BfG neu ist im Sozialausschuss.

„So kann für alle eine gute Lösung herauskommen“, hofft Marcus Worm. „Man kann Menschen nicht ihre Grundrechte entziehen, wenn anderen Menschen etwas komisch am Verhalten vorkommt. Das rechtfertigt nicht, sie zu vertreiben“, sagt er. „Die wollen ja auch ganz normale Bürger sein.“