Ratzeburg/Fredeburg. Erst über Jahre viel zu trocken, dann reichlich nass. Dazu stören Tiere und Pflanzen die Fortschritte der Kreisforsten zum Klimawald.

Der Umbau der Kreisforsten im Herzogtum Lauenburg zum Klimawald schreitet voran. Nach den vergangenen Dürrejahren hat 2023 und besonders der Winter 2023/24 zwar für eine spürbare Entlastung des Wasserhaushaltes gesorgt, aber auch neue Problemen bereitet.

Waldboden und Wirtschaftswege sind in großen Teilen derart aufgeweicht, dass der Holzeinschlag im Winter starke Schäden hinterlassen hat. Doch auch die Folgen des Klimawandels selbst bereiten wachsende Probleme. Zu altbekannten Nadelbaum-Schädlingen wie dem Borkenkäfer kommen neue Schädlinge hinzu.

Herzogtum Lauenburg: Schädlinge und Wild verzögern notwendigen Waldumbau

In Niedersachsen etwa bereiten Prachtkäfer Schwierigkeiten. Besonders der Eichenprachtkäfer, befällt er doch gerade Bäume, die für die bessere Durchmischung von künftigen Wäldern hoch im Kurs stehen. Eichen, besonders Stileichen, haben sich als deutlich standhafter gegen Trockenschäden und Windbruch erwiesen als etwa viele Nadelhölzer, aber auch die in unseren Wäldern besonders weit verbreiteten Rotbuchen.

Andere Prachtkäfer befallen Kiefern und Buchen, in der Regel meist bereits vorgeschädigte beziehungsweise geschwächte Bäume. Die Käfer legen ihre Eier auf der Rinde ab, die Larven fressen sich dann durch die Rinde.

Eindringlinge aus dem Süden auf dem Vormarsch

„Der Prachtkäfer ist bei uns angekommen, hat bisher aber noch keine großen Schäden verursacht“, bestätigt Henner Niemann, Chef der Kreisforsten. Das Problem sei aber unter ständiger Beobachtung. „Schädlinge wie der Prachtkäfer oder der Eichenprozessionsspinner folgen der Wärme. Sie breiten sich aus dem Süden kommend nach Norden weiter aus.“

Von Prachtkäfern befallene Bäume können sich unter günstigen Umständen erholen. Das Fällen dieser Bäume kann den Bestand sogar schädigen, warnte die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft bereits 2017: Wird das Kronendach lichter, fällt mehr Sonnenlicht auf die benachbarten Stämme. Dann fällt es den wärmeliebenden Larven noch leichter, Schaden anzurichten.

Schön, aber schädlich: Eichenprachtkäfer. 
Schön, aber schädlich: Eichenprachtkäfer.  © BGZ | privat ,

Prachtkäfer setzen Eichen, Buchen und Kiefern zu

Sind Eichen stärker befallen, setzen die Verantwortlichen im Lauenburgischen auf die Entfernung der Bäume, um einer weiteren Ausbreitung der Prachtkäfer entgegenzutreten. Anhaltend große Probleme werde der Borkenkäfer bereiten, heißt es in einem Bericht, der heute (29. April, 17.30 Uhr, Feuerwehrzehtrale Elmenhorst) im Forstausschuss des Kreises beraten wird. „Es steht zu befürchten, dass eine hohe ,Grundpopulation‘ von Borkenkäfern gut durch den Winter gekommen ist. Diese trifft auf labile Fichtenbestände. Hier ist gezieltes, konsequentes Eingreifen notwendig.“

Niemann setzt auf nachhaltige Veränderungen. „Die beste Prophylaxe gegen Schädlinge sind Mischwälder.“ Niemann ist verantwortlich für die Entwicklung der fast 10.000 Hektar großen Kreisforsten, sie sind der größte kommunale Waldbesitz in Deutschland.

Was würde die Natur auf der Fläche tun?

Der Anteil von Laubwald liegt bei rund 60 Prozent, ein Großteil davon sind Buchen. Für den Waldumbau setzen die Kreisforsten einerseits auf gezieltes Wiederaufforsten besonders betroffener Flächen, andererseits auf eine behutsame Verjüngung und bessere Mischung im Bestand. In Fichtenwäldern wurden früher vor allem junge Buchen nachgepflanzt, heute wird gezielt geschaut, werden unterm Dach der Nadelbäume etwa auch Hainbuchen gesetzt. Niemann: „Wir schauen, was würde die Natur auf der jeweiligen Fläche tun.“

Als Pioniergehölze gedeihen Birken, Weiden und Kiefern auch auf mageren Böden. Ihre Standortansprüche sind gering, ihre Widerstandskraft gegen Klimaextreme dagegen hoch.

Viele Fichten sind durch das Klima besonders geschwächt.  Kommen nach Dürre und Borkenkäferbefall auch noch Stürme hinzu, gleicht mancher Fichtenwald einem übergroßen Mikado.
Viele Fichten sind durch das Klima besonders geschwächt. Kommen nach Dürre und Borkenkäferbefall auch noch Stürme hinzu, gleicht mancher Fichtenwald einem übergroßen Mikado. © BGZ | André Herbst

Nadelholz erbringt weiter hohe Einnahmen

Doch die Kreisforsten sind auch ein Wirtschaftsunternehmen. Zum Unwillen von Naturschützern spielen Nadelhölzer weiterhin eine große Rolle. Obwohl die Bauwirtschaft aktuell schwächelt, ist die Nachfrage nach Bauholz weiterhin so hoch, dass sich gute Preise vor allem mit Fichten erzielen lassen. Für den Brennholzverkauf sind dagegen schwindende Erlöse nicht ausgeschlossen. Die Prognose: Auch dieses Jahr werde voraussichtlich das Angebot an Buche und Co. die Nachfrage übersteigen.

Während die neu aufgeforsteten Flächen 2023/24 gegenüber 2022/23 um rund Zweidrittel gesunken sind, haben sich die, auf denen Kulturpflege betrieben wird, beinahe verdoppelt – von 40 auf 75 Hektar. Es wird immer wichtiger, jung gesetzte Bäume zu pflegen, damit sie gedeihen. Neben der Trockenheit ist es besonders der Schutz vor dem Überwuchern, der vermehrte Anstrengungen erfordert.

Wuchernde Brombeeren und Wildverbiss

„Dieser Wert kann sich in Abhängigkeit des Wachstums der Begleitflora noch deutlich erhöhen“, heißt es dazu in der Vorlage an den Fachausschuss. Zu Deutsch: Die verstärkte Stickstoffbelastung der Luft nutzt den Brombeeren. Gut gedüngt überwachsen sie kleine Baumsetzlinge und verdrängen Pflanzen, die nährstoffarme Böden bevorzugen, etwa Blaubeeren.

Auch noch interessant

Ein großes Problem für Umbau und Verjüngung der Wälder stellt weiterhin der hohe Wildbestand und der Verbiss besonders durch Rehe dar. Hinzu kommen die Schäden, die durch die übergroße Wildschweindichte verstärkt werden. Für 2023 vermelden die Kreisforsten deutlich erhöhte Abschusszahlen für Reh- und Schwarzwild.

Mehr Rehe und Wildschweine geschossen

Gut 1400 Rehe und rund 460 Schwarzkittel wurden in den Kreisforsten geschossen: „Nicht mitgezählt sind dabei die Strecken in verpachteten Jagdgebieten und Privatwäldern“, betont Niemann. Das bedeutet ein Plus von gut 43 sowie fast 58 Prozent gegenüber dem Vorjahr.