Geesthacht. Seit der Pandemie beklagen Bäcker in Geesthacht einen Umsatzrückgang von bis zu zehn Prozent. Wer am stärksten betroffen ist.

Thorsten Dittmer ist Bäcker in dritter Generation. Sein Großvater Werner Dittmer hatte das Geschäft am 1. April 1949 in Neuengamme gegründet und zog drei Jahre später nach Geesthacht um. Der Stammsitz befindet sich seitdem in der Geesthachter Straße 142. Mittlerweile gibt es vier weitere Geschäfte in Geesthacht, Escheburg und Börnsen. „In all den Jahren gab es Höhen und Tiefen, aber so etwas noch nicht“, sagt Thorsten Dittmer.

Er meint die Auswirkungen der Corona-Krise, die das Bäcker-Gewerbe im zweiten Pandemie-Jahr hart getroffen hat. Allein von Januar bis September 2021 fehlten Dittmer 23.000 Kunden, was einem Rückgang um acht Prozent entspricht. Seine Rücklagen sind inzwischen aufgebraucht. Damit nicht irgendwann Bäcker schließen müssen, versucht es Dittmer mit einem Appell: „Leute, kauft bei eurem Handwerksbäcker.“

Bäckerhandwerk: Welche Rolle Lage und Ausrichtung des Betriebs spielen

Die Bäcker- und Konditorenvereinigung Nord (BKV) kann Dittmers Aussagen bestätigen. „Wir haben zwar keine statistischen Erhebungen für 2021, aber laut Schätzungen der Innung beläuft sich der Umsatzrückgang auf fünf bis zehn Prozent“, sagt BKV-Geschäftsführer Jan Loleit. Hinzu kommen gestiegene Preise für Energie und Rohstoffe wie Sonnenblumen- und Kürbiskerne.

Schwierig sind indes Quervergleiche untereinander. Viel hängt von der Lage ab. Geschäfte in einer Fußgängerzone mit ohnehin hoher Mietlast waren vom Lockdown viel stärker betroffen als der Bäcker um die Ecke, der von der Arbeit im Homeoffice profitierte.

Bäckereien haben Sitzplatzbereiche seit Pandemiebeginn geschlossen

„Bei mir oben funktioniert’s“, sagt Dennis Sievert, der ein Geschäft in der HEW-Siedlung am Hohenkamp und einen Verkaufswagen auf dem Wochenmarkt hat, aber nur einen kleinen Sitzplatzbereich (Sievert: „Ist nicht der Rede wert“). Der ist seit Pandemiebeginn geschlossen.

Bei Thorsten Dittmer sind es immerhin schon 35 dauerhaft geschlossene Sitzplätze. Hinzu kommt, dass Laufkundschaft auf dem Weg zur Arbeit nicht mehr bei ihm hält. „Vor Corona mussten Kunden teilweise zwei Minuten warten, bis sie mit dem Auto auf die viel befahrene B 5 vor meinen Geschäft gekommen sind. Später konnte man fast blind fahren – so wenige Autos sind gefahren“, sagt Dittmer.

Doch vor allem betroffen ist, wer stark auf den Gastronomiebereich gesetzt hat. Dazu gehört die Bäckerei Zimmer. Das seit 1887 – heute von Denis Zimmer – inhabergeführte Geesthachter Traditionsunternehmen hat im Kreis Herzogtum Lauenburg, im Bezirk Bergedorf, in Stormarn und auf der anderen Elbseite bis nach Lüneburg 20 Verkaufsstellen in der Region, 17 davon mit einem Café-Bereich. „Der Umsatzeinbruch ist in einem Bereich, dass es wehtut“, räumt Bezirksleiterin Corinna Jödicke ein, ohne ins Detail gehen zu wollen. Zu einer Schließung einzelner Filialen sei es aber nicht gekommen.

Wie der Obermeister der Bäckerinnung Nord die Corona-Zeit genutzt hat

Dirk Baumgarten, Obermeister der Bäckerinnung Nord mit drei Geschäften in Reinbek, Aumühle und Boberg, ist selbst ebenfalls vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen. „Ich habe die Zeit genutzt, um mein Sortiment zu überarbeiten und habe einige Brotsorten aus dem Programm genommen“, sagt Baumgarten. Die Sorgen der Kollegen kennt er aber. Vielen ist schließlich auch noch ihr drittes Standbein, das Liefergeschäft, weggebrochen. Thorsten Dittmer belieferte vor Corona beispielsweise die Küche des Kernkraftwerks oder die Schulcafeteria am Otto-Hahn-Gymnasium.

„Viele Leute erledigen heute alles auf einmal im Supermarkt. Mir würde es schon reichen, wenn mein alter Kundenstamm zurückkommt“, sagt Thorsten Dittmer. Schließlich möchte er das Traditionsgeschäft noch ein paar Jahre fortführen.