Geesthacht. Dennis Sievert (40) führt den Geesthachter Familienbetrieb in der dritten Generation. Zum 75-jährigen Jubiläum gibt’s eine Neuerung.
Dort, wo die Geesthachter heute von der Fußgängerzone kommend das Rewe-Center betreten, hat vor 75 Jahren alles angefangen. Am 1. Februar 1949 gründete Werner Sievert in der Bergedorfer Straße 49 die Bäckerei Sievert. Elf Jahre später erfolgte der Umzug zum jetzigen Standort an den Hohenkamp 15 in der HEW-Siedlung. Mittlerweile ist in dem Familienbetrieb die dritte Generation am Ruder. Zum 75-jährigen Jubiläum hat Dennis Sievert, der Enkel des Firmengründers, eine Neuerung eingeführt. Ab sofort können seine Kunden ihre Brötchen per App bestellen.
„Man muss ja mit der Zeit gehen“, sagt der 40-Jährige, der seit Kurzem auch auf Instagram unterwegs ist. Ansonsten bewegt sich der Bäckermeister am liebsten in seinem Kerngeschäft, dem Backen von Teigwaren. Außer in seinem Laden verkauft er noch auf dem Geesthachter Wochenmarkt. Zudem gibt es am Sonnabend einen Lieferservice an Privathaushalte gegen 1,10 Euro Aufpreis. Auch das Café Geiger und das Café+ (beide Bergedorfer Straße) sowie die Werkstätten der Lebenshilfe werden von ihm beliefert. Ein paar Sitzplätze zum Verzehr vor Ort am Hohenkamp gibt es zwar auch, doch die seien nicht der Rede wert. Das war auch ein Grund, warum er vergleichsweise gut durch die Coronazeit gekommen ist.
Geesthacht: Bei Sievert gibt es Brötchen über die App
2015 hatte er das Geschäft von seinem Vater Klaus Sievert übernommen. Der wiederum war 1981 auf den Firmengründer gefolgt, der seinerseits 1960 an den Hohenkamp umgezogen war. „In der Bergedorfer Straße war die Pacht ausgelaufen, und das Haus am Hohenkamp gehörte einem Onkel meines Vaters“, erinnert sich Klaus Siewert. Zuvor war an dieser Stelle in der HEW-Siedlung eine Filiale der Geesthachter Bäckerei Lohmeyer gewesen. „Dass unser Geschäft in einem Wohngebiet liegt, ist gar nicht schlecht“, sagt Dennis Sievert. Zumal im Laufe der Jahre das Quartier (Zöllnersweg, Finkenweg Ost, jetzt Finkenweg Nord) immer weiter gewachsen ist, beziehungsweise weiter wächst.
Doch für Sievertsche Brötchen nehmen die Kunden auch weite Wege in Kauf. „Gerade am Wochenende kommen auch viele aus Dassendorf, Hamwarde oder Grünhof. Dabei gibt es in Dassendorf zwei Bäcker“, sagt Julia Wüstenberg, eine von insgesamt neun Verkäuferinnen. Ein Kunde komme sogar regelmäßig aus Lohbrügge. „Der ist alle paar Wochen da und kauft immer genau elf Brote, die er dann einfriert. Man würde nirgendwo anders so gutes Brot bekommen“, ergänzt Wüstenberg.
Das Sievertsche Erfolgsrezept: die krosche Kruste
Doch was ist Sievertsche Erfolgsrezept? „Ich mache Brötchen und Brote besonders krosch. Über die Kruste wird Geschmack generiert“, betont der 40-jährige Geesthachter, der Mitglied im Verband der Traditionsbäcker ist. Bei Sievert wird jeder Teig noch selbst hergestellt. „Das ist mein handwerklicher Anspruch.“
32 verschiedene Brötchensorten hat er am Wochenende im Angebot. Eine Besonderheit ist etwa das Hohekamper, ein Brötchen aus Hartweizengries, das auf einer Steinofenplatte gebacken wird. „Das Wochenende ist Brötchenzeit. Das sind unsere Hauptkampftage“, sagt Sievert, der mit seinen vier Angestellten in der Backstube sonnabends 4500 Brötchen backt. Am Sonntag sind es immer noch 3000 Stück, unter der Woche dagegen „nur“ 1500. Weggeschmissen wird praktisch nichts: Ein Teil der Restbestände wird weiter verwendet, der Großteil wird zu Tierfutter, und auch die Geesthachter Tafel bekommt einmal in der Woche Brote für ihre Kunden.
Vorbestellen und die Schlange umgehen
Eine Besonderheit bei Bäcker Sievert am Sonntag ist: Bezahlte Vorbestellungen können direkt aus der Backstube abgeholt werden, ohne dass sich ein Kunde in die mitunter recht lange Schlange anstellen muss. Ein Vorzug, den auch Kundin Edith Degen schätzt: „Das finde ich toll.“ Sie schwört auf Hamburger Rundstücke oder ein Croissant, während ihr Mann am liebsten Mohnbrötchen isst. Und der Geesthachter Hans-Werner „Pascha“ Schröder ergänzt: „Ich wohne seit 1962 in der HEW-Siedlung. Seitdem bin ich hier Stammkunde, weil die Brötchen hier so gut schmecken.“
Dabei hatte es zunächst nicht danach ausgesehen, dass einer der beiden Söhne von Klaus Sievert einmal in den Betrieb einsteigen würde. Der ältere Sohn Patrick ist Architekt, und auch Dennis Sievert machte zunächst eine Lehre als Bürokaufmann. „Ich habe ihm wegen meines Bäcker-Asthmas (ausgelöst durch Mehlstaub, die Red.) sogar davon abgeraten. Doch irgendwann stand er doch auf der Matte“, sagt Klaus Sievert (72), der wie seine Frau Beate noch mit anpackt, wenn Not am Mann ist. Seine Bäckerlehre absolvierte Dennis Sievert bei „Bäcker Heinz“ in Allermöhe.
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Eine Schreckstunde überstand die Bäckerei Sievert, als es am 5. April 1976 in Dachstube über der Bäckerei brannte, dort, wo Dennis Sievert mit seiner Familie heute wohnt und gerne auch noch eine Weile bleiben möchte. „Trotz der gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise wollte ich die 100 Jahre noch vollmachen. Noch lohnt sich das Geschäft.“
Die gleichnamige App der „Bäckerei Sievert“ gibt es in jedem Appstore zum Herunterladen. Das Geschäft am Hohenkamp ist am Sonnabend von 6 bis 12 Uhr, am Sonntag von 7.30 bis 10.30 Uhr und unter der Woche von 6 bis 13 Uhr (montags bis 12.30 Uhr) geöffnet.