Aumühle. Selbst am Hamburger Rand sind Fachärzte rar, Termine häufig nur schwer zu bekommen. Ein Berliner Augenarzt hat ein Konzept dagegen.

Auf einen Termin bei einem Facharzt wartet man auch am Hamburger Rand auch mal mehrere Monate oder ein halbes Jahr. In Reinbek gibt es beispielsweise nur noch zwei Augenarztpraxen, die auch Kassenpatientinnen und -patienten behandelt. In Wentorf und in den Sachsenwaldgemeinden können die Menschen froh sein, wenn sie dort noch einen Termin bei einem Allgemeinmediziner erhalten. Aumühles Bürgermeister Knut Suhk kennt das Problem: „Wenn man mal einen Termin bei einem Orthopäden braucht, wird man ja wahnsinnig“, sagt er.

Deshalb hat er sich sehr über die Anfrage des Augenarztes Dr. Claus Gruber gefreut. Der 30 Jahre alte Augenmediziner hat 2022 gemeinsam mit Dominik Pederzani das Unternehmen Mirantus Health GmbH mit Sitz in Berlin gegründet. Ihr Ziel: Die augenärztliche Versorgung zu verbessern. Ihre Mitarbeiter – studierte Optometristen – kommen mit ihren Geräten in Gemeinden, in denen es keine Augenärzte mehr gibt, bieten mobile Augenuntersuchungen an.

Fachärztemangel: Augenarzt bietet mobile Augenuntersuchungen an

Am Dienstag, 12., und Mittwoch, 13. März, sind die Augenheilkundler jetzt im Rathaus Aumühle (Bismarckallee 21) – ein Pilotversuch. „Wenn es gut angenommen wird, wollen wir in jedem Quartal für zwei Tage kommen“, erklärt Claus Gruber. Der Augenmediziner hat das Untersuchungsmodell in England kennengelernt, wo er am Moorfields Eye Hospital zum Thema, wie man eine flächendeckende fachärztliche Versorgung sicherstellen kann, geforscht hat. In England funktioniere das Modell bereits, und zwar schon vor der Pandemie.

Augenarzt Dr. Claus Gruber hat die Idee einer mobilen augenärztlichen Untersuchung aus England nach Deutschland mitgebracht und die Mirantus Health GmbH gemeinsam mit Dominik Pederzani gegründet.
Augenarzt Dr. Claus Gruber hat die Idee einer mobilen augenärztlichen Untersuchung aus England nach Deutschland mitgebracht und die Mirantus Health GmbH gemeinsam mit Dominik Pederzani gegründet. © Claus Gruber | Mirantus Health GmbH

Dort gebe es nur noch etwa 2000 Augenärztinnen und Augenärzte, die medizinische Versorgung ist also noch prekärer als in Deutschland mit noch etwa 10.000 niedergelassenen Augenärzten, Tendenz fallend – besonders in ländlichen Regionen. „Wobei die Menschen seit den Lockdowns für alternative Versorgungsformen und Videosprechstunden empfänglicher geworden sind“, stellt Gruber fest.

Mobile Augenuntersuchung umfasst auch Netzhautfotogtrafie

Vier Mitarbeiter kommen am 12. und 13. März mit den nötigen Geräten, darunter eine Funduskamera für eine Netzhautfotografie, eine Spaltlampe für eine Aufnahme des vorderen Auges, ein Tonometer für das Messen des Augeninnendrucks sowie einem Autorefraktometer, um die Brillenstärke zu messen, ins Rathaus. „Die Untersuchung dauert etwa 15 Minuten, inklusive Anmeldung vielleicht 20 Minuten“, sagt Claus Gruber. Dafür fallen Kosten in Höhe von 40 Euro an, ähnlich den Kosten, die Patienten auch in einer Augenarztpraxis für eine Netzhautfotografie erheben.

Nach der Untersuchung können die Kundinnen und Kunden über die Mirantus-Online-Plattform einen Termin für eine Videosprechstunde mit einem niedergelassenen Augenarzt vereinbaren. Sie können aber auch mit den Ergebnissen der Untersuchung, die sie wahlweise verschlüsselt per E-Mail oder ausgedruckt per Post erhalten, zu einer persönlichen Sprechstunde ihrer Wahl gehen. Diese Kosten trägt die Krankenkasse. „Die freie Arztwahl ist immer gegeben“, sagt Claus Gruber.

Bürgermeister Suhk sieht in dieser Untersuchungsform die Zukunft

Mirantus Health GmbH kooperiert bisher mit niedergelassenen Augenärzten in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und in Hessen, die alle noch Kapazitäten haben, um noch Patienten aufzunehmen. Gruber geht aber davon aus, dass nur eine Minderheit der Untersuchten tatsächlich an einer Erkrankung leide, die eine intensive Therapie erfordere. „Die Mehrheit wird eine neue Brille oder vielleicht Augentropfen brauchen“, weiß er.

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Tatsächlich ist er bei einem der ersten Termine in Boizenburg von Aumühlern angesprochen worden, dass sie sich über ein derartiges Angebot in ihrer Gemeinde freuen würden. Daraufhin hat Claus Gruber bei Bürgermeister Suhk gefragt, was er davon halte. „Ich fand seine Anfrage sehr spannend und habe ihn gleich zu uns eingeladen“, erzählt Suhk. „Telemedizin und mobile Untersuchungen sind die Zukunft“, sagt der Bürgermeister. „Ich hoffe, dass dieses neue Angebot in Aumühle gut angenommen wird.“

Optometristen: Meister mit Fachstudium der Augenheilkunde

„Wir würden aber auch noch einen langen Atem zeigen, wenn zuerst nur ein Kunde kommt“, sagt Claus Gruber. „Wir wissen, dass wir noch viel Aufklärungsarbeit leisten müssen.“ Nach der Untersuchung wird die Kundschaft noch gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, damit das Unternehmen sein Angebot evaluieren kann. Der 30-Jährige ist überzeugt: „Dieses Modell wird sich früher oder später durchsetzen – auch für andere fachärztliche Disziplinen. Denn die Versorgung wird leider nicht besser.“ Das Unternehmen prüft gerade ein Angebot für hautärztliche Untersuchungen.

Gerade ist Claus Gruber auf der AAD 2024 (Augenärztliche Akademie Deutschland) in Düsseldorf, Deutschlands wichtigstem Fortbildungskongress in der Augenheilkunde, vertreten, um auf das neue Untersuchungsmodell aufmerksam zu machen. „Wichtig ist uns, dass wir den Augenärzten nichts nehmen wollen, sondern im Gegenteil, ihre Reichweite vergrößern wollen“, erklärt Gruber. „Die Diagnose stellt immer noch der Augenarzt, und er empfiehlt auch die Behandlung.“ Optometristen seien Optikermeister mit einem zusätzlich abgeschlossenem Fachstudium mit Schwerpunkt Augenheilkunde.

Für die mobile Augenuntersuchung ist eine Anmeldung erforderlich

Wer sich für eine mobile Augenuntersuchung in Aumühle oder auch vom 21. bis 23. März in der Priesterkate in Büchen (Gudower Straße 1) interessiert, sollte sich vorher anmelden. Dies ist unter der Telefonnummer 040/524758720 oder online unter www.mirantus.com/aumuehle oder www.mirantus.com/buechen möglich. Das Mindestalter beträgt derzeit noch 18 Jahre.