Lauenburg. Haus mit acht Wohnungen steht nur wenige Meter von der Abbruchstelle am Butterberg entfernt. Besteht Anlass zur Sorge? Ein Ortstermin.
Um das Haus herum ist es still. Ein Rotklinkerbau aus den 90er-Jahren, acht Wohnungen, nach vorn mit Blick auf die Elbe. Wer den verwundenen Weg zur Eingangstür entlang geht, kommt zunächst nicht auf die Idee, dass hier etwas nicht stimmen könnte. Doch seit Mittwoch vergangener Woche ist die Erde in Bewegung. Rutscht der Hang zur B209 immer weiter ab. Das Haus steht nur wenige Meter entfernt von der Abbruchstelle am Mühlenkamp oberhalb des Butterbergs. Beate Gruhn öffnet die Haustür. „Ich habe Angst um meine Sicherheit“, sagt die 48-Jährige, die mit ihrem Sohn im Erdgeschoss wohnt. Und die seit jenem Mittwoch ein Leben am Abgrund führt.
Die Situation in Lauenburg ist angespannt. Die Bundesstraße 209 kann seit dem ersten Erdrutsch am 14. Februar nicht mehr befahren werden, eine Freigabe ist noch nicht in Sicht. Mindestens bis Ende der Woche soll sie noch gesperrt bleiben. Mit zwei Baggern und mehreren Muldenkippern sind bereits mehrere Hundert Tonnen Erdreich abgefahren und auf der anderen Seite der Schleuse auf einem Lagerplatz abgeladen worden. Es herrscht weiterhin Lebensgefahr an der Baustelle, deshalb ist der Bereich auch weiträumig abgesperrt. Aber: „Die Gefahr, dass es weitere Erdrutsche gibt, sinkt von Tag zu Tag, weil wir große Mengen instabiler Erdmassen abtragen und somit den Druck aus dem Hang nehmen“, sagt Lauenburgs Bauamtsleiter Christian Asboe.
Erdrutsch an B209 in Lauenburg: Hausbewohner leben am Abgrund
Beate Gruhns kleiner Garten grenzt an einen Teil des Hanges, der bislang von Erdrutschen verschont geblieben ist. „Das war krass“, sagt sie über die Ereignisse der vergangenen Woche. Zum Zeitpunkt des Erdrutsches war sie in Polen im Ostsee-Urlaub. Eine Freundin schrieb ihr eine Nachricht und fragte, ob bei ihr zu Hause alles in Ordnung sei. Erst dadurch erfuhr sie von dem abgerutschten Hang wenige Schritte von ihrem Zuhause entfernt.
Christian Asboe geht davon aus, dass die starken Regenfälle der vergangenen Tage und Wochen die Erdrutsche verursacht haben. Der vom Dauerregen aufgeweichte Untergrund des Hanges und die meist kleinen Bäume mit schwachen Wurzeln konnten Elbhang nicht mehr stabilisieren. Zunächst ging man am Mittwoch, vor einer Woche nur von einer umgestürzten Eiche aus, erst am nächsten Tag wurde das Ausmaß deutlich: Der Hang ist auf einer Fläche von etwa 1500 Quadratmetern ins Rutschen gekommen. Dass es in den kommenden Tagen nicht mehr so viel regnen soll, erfüllt Asboe mit Hoffnung.
Erdrutsch an B209: Anwohnerin sorgt sich schon seit Längerem
„Ich bin besorgt“, sagt hingegen Beate Gruhn, die bei der Arbeitsagentur tätig ist. Der Hang über ihrem Garten beunruhige sie schon länger, noch bevor die Erdschollen über der B209 ins Rutschen kamen. „Ich habe bereits mit dem Hausmeister gesprochen, aber der meinte, dass da nichts passieren kann“, sagt sie. Nach dem Erdrutsch ist ihre Sorge umso größer geworden. Sie fürchtet, dass die Erdrutsche und folgende Erschütterungen Auswirkungen auf die Bausubstanz des Hauses haben könnten.
Ihr Nachbar ist ein Stück weit entspannter. „Ich habe keine Bedenken. Die Leute wissen schon, was sie tun“, sagt Manuel Bukenhoff (42). Er wohnt mit seiner Freundin ebenfalls im Erdgeschoss des roten Backsteingebäudes. Er arbeitet von zu Hause aus im Kundenservice und war auch in seiner Wohnung als sich der erste Erdrutsch ereignete. Obwohl nur wenige Meter den Hang und das Wohnhaus trennen, erfuhr er erst über Facebook von dem Unglück.
Erdrutsch an B209: Verärgert über Informationspolitik der Behörden
Verärgert ist Manuel Bukenhoff darüber, dass er seitdem fast ausschließlich über Facebook von neuen Entwicklung erfährt, die sein Zuhause unmittelbar betreffen. Am Montag haben die Bewohner das erste Mal offizielle Informationen von der Stadt zur Lage am Steilhang erhalten. Die Stadtverwaltung teilt den Anwohnern in einem Schreiben mit: „Für Sie als nächstgelegenes Wohngebäude besteht nach aktuellen Einschätzungen keine Gefahr.“ Außerdem wird in dem Schreiben versichert, dass die Gefahrenlage fortlaufend überprüft werde. Dennoch: Manuel Bukenhoff und Beate Gruhn wünschen sich, besser über die Situation informiert zu werden. „Ältere Bewohner haben ja gar kein Facebook“, sagt Bukenhoff.
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Ziel der Arbeiten unter der Leitung von Bauamtsleiter Christian Asboe ist es jetzt, weitere Erdrutsche zu vermeiden. Wie der Hang zunächst provisorisch gesichert werden soll, steht noch nicht fest. Netze oder sogenannte Big Bags aus Kunststoffgewebe, die mit Sand gefüllt werden, sind zwei Optionen. Der Hang ist allerdings ein Biotop, weshalb die Maßnahmen nur in Absprache mit der Naturschutzbehörde des Kreises durchgeführt werden können. Die Beratungen laufen, aber eine Entscheidung wurde noch nicht getroffen.