Geesthacht. Vielerorts kommen immer weniger Kunden zum Einkaufen auf die Märkte. In Geesthacht läuft das Geschäft. Was machen die Händler hier anders?
Frische Honigtomaten aus dem Alten Land, ein paar Brötchen aus Basthorst und dazu ein Bund Rosen aus Kirchwerder: Mit einem kurzen Gang über den Geesthachter Wochenmarkt hatte Anette Goy am Mittwoch alles erledigt, was sie für den Tag benötigte. Und dabei traf sie auch noch zwei Bekannte, mit denen sie einen Klönschnack hielt.
Viel besser lässt sich nicht zusammenfassen, was den Wochenmarkt auf dem Parkplatz beim Kaufhaus Nessler ausmacht. Es ist ein beliebter Treffpunkt, bei dem es Ware aus der Region direkt vom Erzeuger gibt – alles frisch und von guter Qualität. „Und man bekommt hier kompetente Beratung, die es im Bau- oder Supermarkt nicht gibt“, ergänzt Anette Goy.
Wochenmarkt Geesthacht: Das ist das Erfolgsgeheimnis der Händler
Kleidungsstücke, wie sie häufig auf anderen Wochenmärkten angeboten werden, sucht man in Geesthacht derweil vergebens. Hier ist der Markt noch ein reiner Markt, auf dem 25 Händler aus der Region immer mittwochs und sonnabends von 7 bis 13 Uhr ihre Waren anbieten.
Ob Blumen und Pflanzen aus den Vier- und Marschlanden, Obst und Gemüse von der anderen Elbseite oder Kartoffeln, Eier, Zwiebeln und mehr aus den Dörfern in der Umgebung – all das gibt es hier. Dazu Fisch-, Fleisch- und Wurstspezialitäten, aber auch südländische Köstlichkeiten. Und Backwaren oder handgemachten Käse aus der Käsebude. Deren Inhaber Torge Kräkel hat sich erst vor einem Jahr im Alter von 25 Jahren selbstständig gemacht. „Unsere Vielseitigkeit zeichnet uns aus“, sagt Sonja Stubbe von der Gärtnerei Stubbe aus Kirchwerder. Sie bildet zusammen mit Fischhändler Olaf Lenz (Kirchwerder) und Obsthändler Bernd Heerens aus der Elbmarsch den Marktvorstand.
Wochenmarkt Geesthacht: Neuer Standort ist Win-win für alle
Ein weiteres Plus ist der neue Standort. 2013 zog der Wochenmarkt von der Trift auf den Nessler-Parkplatz um. Vorteil: Die Geschäfte in der Fußgängerzone liegen in unmittelbarer Nähe. „Das ist für alle eine Win-win-Situation. Die Geschäftsleute und wir haben mehr Kunden, und die Kunden können alles in einem Gang erledigen. Zudem gibt es kostenlose Parkplätze direkt nebenan“, hebt Sonja Stubbe hervor. Viele Kunden kämen deshalb selbst aus Altengamme und Bergedorf nach Geesthacht. „Weil es in Bergedorf ja schwierig mit den Geschäften geworden ist“, wie Stubbe meint.
Catharina Rose-Horn aus Geesthacht ist mit ihrem kleinen Sohn Jasper auf den Wochenmarkt gekommen. „Hier ist es wirklich schön. Ich kaufe fast alles auf dem Wochenmarkt. Was bringt es mir, wenn die Hälfte der Kartoffeln aus dem Supermarkt angeditscht ist. Hier kann ich alles unverpackt und frisch kaufen. Für Kinder ist es außerdem gut zu sehen, dass es nicht zu jeder Jahreszeit alles gibt“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin.
Wochenmarkt Geesthacht: Sommerblumen im Baumarkt teurer
Die Konkurrenz hat übrigens auch erkannt, dass ein Wochenmarkt bei den Kunden positiv besetzt ist. „Nicht umsonst wirbt Famila mit ,Ihr Wochenmarkt die ganze Woche’. Aber bei Lidl gibt es keine Gurken aus Vierlanden“, sagt Fischhändler Olaf Lenz, der das Geschäft 1999 von seinem Vater übernommen hat. Der hatte vor 49 Jahren in Geesthacht angefangen.
Die Ware auf dem Wochenmarkt ist zwar teilweise teurer, aber nicht immer, wie Sonja Stubbe betont. „Sommerblumen haben zum Beispiel in diesem Jahr bei uns 2,20 Euro gekostet, in einem Baumarkt lagen sie zwischen 2,79 und 2,99 Euro.“ Zudem sei es ein Stück Lebensqualität, auf dem Wochenmarkt einzukaufen.
Kundenbindung auch über Instagram und Co.
Derweil ist Barbara Eggers aus Geesthacht an den Stand von Sonja Stubbe gekommen und hält einen kurzen Plausch über Stubbes jüngsten Instagram-Beitrag. Dort testet Stubbe auf vier verschiedene Varianten, wie sich Rosen am besten halten. „Ich bin echt gespannt“, sagt Eggers. Noch läuft das Experiment. Bislang hatte Stubbe empfohlen, die Rosen angeschnitten und gesäubert ins Wasser zu stellen.
Auf Wunsch bekommen ihre Kunden die Blumen ohne Plastiktopf und in einer geliehenen Tüte, die sie einfach beim nächsten Mal wieder abgeben. „Ich werde in Geesthacht gut bedient und bekomme viel bessere Ware als zum Beispiel in Schleswig, wo ich auch oft bin“, sagt Kundin Ingrid Thurau.
Wochenmarkt Geesthacht: Kunden singen für Marktbeschicker
Kirsten Vollmost aus Kirchwerder ist bereits in dritter Generation auf dem Wochenmarkt. Sie hat den Enkel von „Tante Magda“ geheiratet, die wiederum ein hiesiges Unikat war, dass vielen älteren Geesthachtern noch geläufig sein dürfte. Heute züchtet die gelernte Arzthelferin Vollmost auf einem Hektar Land Blumen im Nebenerwerb. „Das Besondere in Geesthacht ist der Kontakt mit den Kunden“, betont Vollmost.
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Viele seiner Kunden kennt Fischhändler Lenz schon aus dem Kinderwagen. Und auch Sonja Stubbe, ebenfalls seit 1999 in Geesthacht Marktbeschickerin, kann von der Verbindung mit den Kunden ein Lied singen – im wahrsten Sinne des Wortes. „Im März hatte mein Mann Matthias an einem Markttag Geburtstag. Das haben irgendwann die Kunden mitbekommen, und auf einmal hat die ganze Reihe Happy Birthday gesungen. Das gibt es nur auf dem Wochenmarkt Geesthacht“, sagt Sonja Stubbe.