Geesthacht. Gegen durchlöcherte Deiche stellt Geesthacht Ansitzstangen auf. Damit soll Mäusebussarden und Co. die Jagd erleichtert werden.

Der Geesthachter Deich bei der Zufahrt zur Schleusenkammer von Hamburg aus ist beschädigt: Mäuselöcher dicht an dicht. Ganze „Mäuserennbahnen“ sind zu sehen – ein von vielen kleinen Pfoten ausgetretenes Wegenetz im Miniaturformat. Das soll sich in Kürze ändern. Die Stadt Geesthacht setzt in Sachen Deichschutz an dieser Stelle künftig auf eine fliegende Einsatztruppe: Greifvögel sollen die Mäusepopulation in die Schranken weisen. Dafür werden Ansitzstangen aufgestellt.

Die Anregung stammt von Oliver Pachur. Der CDU-Ratsherr verbringt seine Mittagspause „bei Wind und Wetter“ auf dem Deich. Er arbeitet in der Vierlander Straße gut 100 Meter entfernt. Erstaunlich: Es gibt dort in der unmittelbaren Nachbarschaft zum Gewerbegebiet ein vielfältiges Tierleben zu sehen, hat Oliver Pachur beobachtet. Alles ist hier schnurgerade, die Böschung zur Wasserlinie hin geschottert. Und doch schwimmt mal ein Biber vorbei, dann flitzt ein Eisvogel durchs Geäst am Ufer oder der seltene Neuntöter zeigt sich.

Wühlmäuse durchlöchern den Deich vor der Geesthachter Schleuse. Gut zu sehen sind die „Mäuserennbahnen“ von Loch zu Loch.
Wühlmäuse durchlöchern den Deich vor der Geesthachter Schleuse. Gut zu sehen sind die „Mäuserennbahnen“ von Loch zu Loch. © Oliver Pachur | Oliver Pachur

Und immer wieder tauchen Greifvögel auf. Mäusebussard und Co. müssen allerdings bislang mit Straßenlaternen vorliebnehmen, oder sie sitzen in den Bäumen auf der anderen Straßenseite. Im vergangenen Sommer wurde unter den Wolken ein ganz besonderes Schauspiel geboten. Sieben mutmaßliche Mäusebussarde auf einmal kreisten in engen Spiralen am Himmel. „So etwas habe ich noch nie gesehen“, sagt Oliver Pachur immer noch fasziniert.

Mauselöcher dicht an dicht – Abhilfe durch bessere Jagdbedingungen für Greifvögel

„Die Anzahl an Greifvögeln und die unterschiedlichen Arten, die im Bereich Schleuse bis zum Mischwerk zu sehen sind, ist beeindruckend und dürfte in Deutschland nicht oft zu finden sein“, meint er. Ein Grund ist sicher der nahe Besenhoster Bunkerwald und die offenen Wiesen.

Der Deich ist von Wühlmäusen durchlöchert. Oliver Pachur (CDU), der hier immer seine Mittagspause verbringt, hat viele Greifvögel beobachtet, die zum Teil mangels Alternative auf den Straßenlaternen sitzen.
Der Deich ist von Wühlmäusen durchlöchert. Oliver Pachur (CDU), der hier immer seine Mittagspause verbringt, hat viele Greifvögel beobachtet, die zum Teil mangels Alternative auf den Straßenlaternen sitzen. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Warum also nicht bessere Jagdbedingungen schaffen für die Beutegreifer am Deich? Und so warb Oliver Pachur per Anfrage im Umweltausschuss im April vergangenen Jahres für eine ökologische Lösung zur Bekämpfung von Deichzerstörern wie der Wühlmaus.

Das Problem dort: Von den Bäumen an der Straße aus wie auch von den Masten können die Tiere nur den nördlichen Teil des Deiches überblicken, der Bereich zur Wasserseite hin bleibt für die Vögel unsichtbar. Die Südseite gibt bisher nichts her, damit die stattlichen Greifvögel lauern können. Und dort zeigen sich die Nagertätigkeiten in besonders vitalem Ausmaß.

So wird es aussehen: Im November war bereits eine Ansitzstange als Test an der WSA-Brücke angebracht. Sie wird zurzeit verzinkt und wieder montiert.
So wird es aussehen: Im November war bereits eine Ansitzstange als Test an der WSA-Brücke angebracht. Sie wird zurzeit verzinkt und wieder montiert. © Oliver Pachur | Oliver Pachur

Geplant sind nun drei Ansitze. Eine vierte Stange gegenüber des Parkplatzes an den Borghorster Elbwiesen ist noch in Prüfung. Eine erste Teststange war im November an der Stahlbrücke auf Höhe der Vierlandenstraße aufgebaut worden. Sie ist zurzeit zwar wieder abmontiert, wird verzinkt und dann wieder aufgebaut.

Die Stangen werden an dem Auslaufbauwerk der Kläranlage und an den beiden Brücken des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) angebracht. Der Abstand zwischen Klärwerk und der ersten WSA-Brücke beträgt etwa 270 Meter, zur nächsten Brücke sind es dann 180 Meter. Die Ansitzstangen gibt die Stadt Geesthacht in Auftrag.

Der Schlosser der Städtische Betriebe stellt die Ansitze in Eigenregie her

Die Ansitze – allesamt verzinkte Metallstangen mit einem T-Stück aus Holz – sind eine Geesthachter Eigenproduktion. Sie werden vom Schlosser der städtischen Betriebe hergestellt und befinden sich bereits in der Fertigung. Sie müssen noch von einem anderen Unternehmen verzinkt werden. Sobald dies erfolgt ist, wird mit der Montage begonnen. Da noch nicht alle Rechnungen vorliegen, vermag die Stadt die Kosten noch nicht abschließend zu benennen.

Das Projekt gilt bei der Stadtverwaltung zunächst als Test. Wie viele und welche Tiere dann die Stangen nutzen würden, werde sich in der Praxis zeigen, heißt es. Die Form der Greifvogel-Ansitze, wie sie nun installiert werden sollen, sei erprobt und erfolgreich. Der Versuch soll bis Ende 2024 laufen, um zu sehen, wie die Greifvögel die Ansitze aus Menschenhand annehmen.

Ein Mäusebussard hat sich auf eine Maus gestürzt: Auch der Turmfalke greift sich immer wieder ein Opfer. Mit den Ansitzstangen soll den Greifvögeln die Jagd stark vereinfacht werden.
Ein Mäusebussard hat sich auf eine Maus gestürzt: Auch der Turmfalke greift sich immer wieder ein Opfer. Mit den Ansitzstangen soll den Greifvögeln die Jagd stark vereinfacht werden. © Oliver Pachur | Oliver Pachur

Beim Mäusebussard dürfte eine rege Nachfrage im ganzen Jahr als sicher gelten. Feld- und Wühlmäuse sind seine Lieblingsspeise, und er schätzt die energiesparende Ansitzjagd außerordentlich. Möglicherweise werden die Stangen auch nach Sonnenuntergang bei Nacht frequentiert. Denn auch Eulen nehmen Ansitzstangen an.

Vom Turmfalke wird berichtet, dass er sich vor allem im Winterhalbjahr gern auf diesen Sitzkrücken niederlässt, wie die Ansitze auch genannt werden. Ganz in der Nähe in einem Kasten am hinteren Turm der südlichen Schleusenkammer brütet immer wieder ein Paar. Erst kürzlich schnappte sich ein „Türmer“ eine Maus vor den Augen von Oliver Pachur und verspeiste sie dann im Baum auf der anderen Straßenseite.

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„Der Schutz der Deiche hat für die Einwohner der Stadt eine hohe Bedeutung. Es ist uns ein Anliegen, dabei umweltfreundliche Methoden einzusetzen. Der Einsatz von Greifvögeln zur Bekämpfung der Wühlmäuse ist eine innovative Maßnahme. Wir freuen uns über die schnelle Umsetzung der Stadtverwaltung und hoffen auf positive Ergebnisse“, erklärt Oliver Pachur.