Geesthacht. Der Seniorenbeirat schlägt die Aufstellung von hohen Baumelbänken vor. Sie entlasten die Kniegelenke. Wie die Politik reagiert.
Wenn das Vorhaben gelingt, zieht ein Hauch von Kurstadt durch die Stadt an der Elbe, „Bad“ Geesthacht sozusagen. Und man kann dann am Fluss nicht nur die Seele, sondern auch die Beine baumeln lassen. Der Plan, den der Seniorenbeirat angestoßen hat, ist, ganz besondere Sitzgelegenheiten aufzustellen: Baumelbänke nämlich. Die Idee stammt von der vor Kurzem mit einem Ehrenpreis ausgezeichneten Mitbürgerin Ilse Timm. Aufgegriffen hat sie der Seniorenbeirat und einen Antrag im Ausschuss für Bau, Feuerwehr und Katastrophenschutz gestellt.
Ilse Timm holte sich ihre Anregung beim Kneippverein in Rotenburg, der solche Bänke in seinen Wäldern aufgestellt hat. Bad Salzuflen wirbt sogar explizit für seinen Aufenthalt bei sich mit den Baumelbänken als Wahrzeichen. Und in Bad Bevensen gibt es zudem Baumelstühle, hat Thomas Freiberg vom Seniorenbeirat dort beobachten können.
Baumelbänke entlasten die Kniegelenke beim Sitzen
Die höher gelegten Sitzflächen sind für Patienten mit Arthrosen und Gelenkabnutzungen, zum Beispiel in den Knien, sehr entlastend. Die Füße stehen nicht auf dem Boden, die Beine können frei schwingen dank einer Sitzhöhe von etwa 84 Zentimetern, normalerweise sind es um die 46 Zentimeter.
Der Antrag sieht die zeitnahe Aufstellung von Baumelbänken mit entsprechendem Hinweis, was es damit auf sich hat, am Wanderweg an der Elbe vor. Senioren mit eingeschränkter Mobilität nutzen gerne die Möglichkeit, am Ufer der Elbe spazieren zu gehen. Mit Baumelbänken können sie sich zwischendurch entspannter und schmerzfreier ausruhen, weiß man beim Seniorenbeirat.
Baumelbänke sind teurer als normale Bänke – wo kommen die Mittel her?
Ein Problem: Was für müde Beine wohltuend sein soll, bereitete anderen Kopfzerbrechen. Vor allem finanzielle. Das wurde deutlich, als Dagmar Poltier vom Fachbereich Umwelt und Bauen das Vorhaben auf dem Ausschuss präsentierte. Zuständig für das Stadtmobiliar ist der Fachdienst Tiefbau der Stadtverwaltung, der letztendlich auch über den Standort der Bänke entscheidet, diese kauft und deren Aufstellung veranlasst.
Diese Baumelbänke seien Sonderanfertigungen, die den normalen Rahmen für Bänke bei Weitem überschreiten würde, berichtete die Fachbereichsleiterin. Die Mittel müssten dann bei den normalen Neubänken abgezogen werden. „Die Anzahl der Bänke und mögliche Standorte werden gemeinsam mit dem Bereich Tourismus erarbeitet. Voraussetzung ist, dass die Herstellung und Anschaffung nicht ein Vielfaches der Anschaffung von ,normalen‘ Bänken übersteigt. Hier ist die Verwaltung aktuell in der Kostenrecherche“, antwortet die Stadtverwaltung auf eine Anfrage unserer Redaktion.
Lässt sich eine herkömmliche Bank nicht günstig umrüsten?
Im Internet wird eine Baumelbank, Modell Thermo-Esche, 69 Zentimeter breit, von einem Hersteller für 899 Euro angeboten, für die Version Edelstahl Rundrohr werden 1.299 Euro fällig. Sind die Bänke breiter, wird es deutlich teurer. Die Version mit Stahl kostet in 84 Zentimetern Breite bereits 1605 Euro.
Auch andere Ausschussmitglieder zeigten sich in Sachen Anschaffung etwas ratlos. Ob es nicht günstiger komme, eine normale Bank umzurüsten und sie höher stellen?, fragte Katrin Wiegratz (SPD). Rüdiger Tonn (FDP) zeigte sich gegenüber einer selbstgebastelten Baumelbank Made in Geesthacht eher skeptisch.
Baumelbänke aufstellen dort, wo Bänke ausgetauscht werden müssen
Er verwies auf die Bänke vom Feldherrenhügel: „Wenn man die höher stellen will, müsste man ein Betonfundament machen. Und bei den Bänken, die wir da haben, sehe ich das als sehr kritisch“, sagt er. Darüber hinaus outete er sich als Freund der Baumelbank. „Ich habe das Vergnügen gehabt, diese Bänke am Bodensee kennenzulernen. Da sitzt man sehr bequem drauf“, lobte er. „Ich finde den Vorschlag schon ganz gut.“
Auch Martin Boysen (Grüne) warf sich für die Baumelbank in die Bresche. „Ich könnte mir vorstellen, hier ein bis zwei Bänke aufzustellen an Stellen, wo Bänke eh getauscht werden müssen“, schlug er vor. Dem entgegen kommt das derzeitige Vorgehen der Stadtverwaltung. Demzufolge sind neue Bänke derzeit nicht geplant, der Austausch von alten abgängigen Bänken steht zurzeit im Vordergrund.
Beschädigungen am Stadtmobiliar kosten jährlich viel Geld
Die Kosten für den Austausch von defekten Bänken und beschädigtem Stadtmobiliar, zum Beispiel wegen Vandalismus, dazu zählen auch Dogstations und Abfallbehälter, beliefen sich in den vergangenen Jahren auf etwa 10.000 Euro jährlich. Jedoch ist die Tendenz, unter anderem wegen heftigerer Witterungsbedingungen und dem Bestand an alten Holzbänken, steigend.
Parteikollege Gerhard Boll wünschte sich noch mehr Input: Er gab zu bedenken, dass viele Senioren ohnehin mit Rollatoren unterwegs seien, auf denen sie auch sitzen könnten. „Ich finde es wichtiger, dass wir gute Bänke überall haben, und die gut in Schuss zu halten“, meinte er.
Paten gewinnen wie bei den Bänken auf dem Friedhof
Petra Burmeister (SPD) wünschte sich, dass die Verwaltung mehr konkretisieren würde, wie teuer die Baumelbänke inklusive Aufstellung werden würden. „Ob die Baumelbank 2000 Euro kostet oder 2500 Euro, da gibt es, glaube ich, keine Diskussion. Wenn sie 6000 oder 7000 Euro kostet, bin ich da mit sehr gebremster Euphorie unterwegs.“
Der Ausschussvorsitzende Björn Reuter (CDU) regte an, wie das finanzielle Risiko abzumildern sein könnte: Indem man Paten findet, wie es auch bei den Parkbänken auf dem Friedhof geschehen ist. Die Bänke dort zieren eine Plakette mit dem Namen des Stifters. „Man könnte eine Abfrage bei den Geschäftsleuten machen“, regte Björn Reuter gegenüber Dagmar Poltier für das weitere Vorgehen an.
Die Bänke in Geestahcht sollen digital erfasst werden
Die Gesamtsituation in Sachen „normaler“ Sitzbänke wird sowohl von Politik als auch von Vertretern des Seniorenbeirates durchaus gelobt. Wie viele Sitzbänke in Geesthacht aufgestellt sind, kann die Stadtverwaltung indes nicht ohne zeitaufwendige Recherche benennen, da sie nicht alle digital erfasst sind. Die Bänke, die ausgetauscht oder repariert werden, werden in Zukunft aber in einer digitale Datenbank erfasst. Aufgestellt werden die Bänke in fast allen Fällen von den Städtischen Betrieben.
Gründe für das Aufstellen neuer Bänke können sein die eigene Beobachtung von Stadtmitarbeitenden, Anregungen aus Politik und Bevölkerung, die Sanierungsplanung von Straßen und Plätzen. Auch beim barrierefreien Umbau der Bushaltestellen werden Bänke eingeplant, wenn der Platz es zulässt.
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In der Vergangenheit gab es eine große Vielfalt von Optik und Material. Inzwischen wird in den meisten Fällen ein Standardmodell eingebaut aus Stahl und anthrazit farbig. In besonderen Stadträumen, wie zum Beispiel der Fußgängerzone oder auch am Westhafen, werden zudem Sondermodelle aufgestellt.