Geesthacht. Vattenfall wartet seit 2015 auf die Genehmigung, den stillgelegten Meiler zurückzubauen. Der nächste Fallstrick ist in Sicht.

Den Antrag für Stilllegung und Rückbau des Kernkraftwerks Krümmel hat Betreiber Vattenfall im August 2015 beim Land Schleswig-Holstein eingereicht. Doch das Verfahren zur Genehmigung für den Rückbau aus dem Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur zieht sich hin wie ein Kaugummi. Vorbereitende Arbeiten durften zwar erledigt werden – unter der Voraussetzung, dass sie rückgängig zu machen sind, sollte der Rückbau untersagt werden. Aber, so räumte Kraftwerksleiter Torsten Fricke bei einem Informationsabend zum Stand des Rückbaus im Oberstadt-Treff Geesthacht ein: „Jetzt gehen uns sinnhafte Tätigkeiten aus.“

Fricke, der seit Oktober 2011 die Anlage leitet, hofft inständig, dass zumindest der Entwurf zum Rückbau bis zum Ende des ersten Quartals dieses Jahres vorliegt. Das hat die zuständige Reaktorsicherheitsbehörde verlauten lassen. Doch das wäre erst der Anfang. Mindestens 15 Jahre dauert es, bis alle Arbeiten im Inneren des Kernkraftwerks abgeschlossen sind und mit dem Abbau der Gebäude begonnen werden kann. „Von außen wird relativ wenig zu sehen sein“, sagt Torsten Fricke.

Rückbau des Kernkraftwerks Krümmel wird Jahre dauern

Er selbst und viele der derzeit 188 verbliebenen Kraftwerksmitarbeiter werden dann schon im Ruhestand sein. Das Durchschnittsalter der Beschäftigten liegt bei Mitte 50. Fricke selbst ist 56 Jahre alt. Fricke: „Das ist insofern ärgerlich, weil dann das Knowhow fehlt.“ Die Belegschaft besteht derzeit jeweils zu rund einem Drittel aus Ingenieuren, Technikern und Handwerkern. Dazu kommen etwa 200 Mitarbeiter von Fremdfirmen, von denen wiederum die Hälfte aus Wachpersonal besteht.

Der ehemals größte Siedewasserreaktor der Welt war am 14. September 1983 in Betrieb gegangen und stand nach einem Brand in einem Trafohaus am 27. Juni 2007 überwiegend still. Also noch bevor durch die Katastrophe von Fukushima am 11. März 2011 den deutschen Atomausstieg besiegelte. „Ich habe die Aufgabe im Wissen übernommen, dass ich die Anlage mit meiner Mannschaft abbauen muss“, so Fricke.

Seit 2019 frei von Brennstäben

Seit dem 11. Dezember 2019 ist die Anlage frei von Brennstäben. Seitdem lagern 42 Castorbehälter im sogenannten Zwischenlager, einer Halle, die direkt neben dem Kernkraftwerk von Vattenfall gebaut wurde und inzwischen an die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BZK) übergeben wurde. „Wir dürfen laut Genehmigung hier nur radioaktives Material aus Krümmel einlagern“, betont Fricke. Das Zwischenlager ist inzwischen autark vom Kernkraftwerk gesichert.

Kritiker, wie die im Oberstadttreff anwesende bekannte Geesthachter Atomkraftgegnerin Bettina Boll, sprechen derweil lieber von einem „Zwischen-End-Lager“. Hintergrund: Ein Standort für ein bundesweites Endlager ist immer noch nicht gefunden. Das Erbe des Atommülls könnte also bis 2080 oder länger noch in Geesthacht bleiben.

Für das Verpressen von künstlichen Mineralfasern hat Vattenfall eine weitere Halle gebaut. Diese gab es im Kraftwerk als Ummantelung von Rohren zuhauf. Das verpresste Material ist frei von Radioaktivität, soll – wahrscheinlich im zweiten Halbjahr 2024 – auf die Mülldeponie der Firma Buhck in Wiershop geliefert werden. Auch die Demontage der Notstromdiesel-Generatoren schreitet voran. Von ehemals sechs Stück wurden drei bereits nach Finnland verkauft. Zwei verbleiben noch in Krümmel. „Einen müssen wir vorhalten, der andere ist in Reserve“, sagt Torsten Fricke.

Zwischenlager fehlt Betriebsgenehmigung

Der Stahl aus Krümmel ist dagegen radioaktiv belastet. Bevor er eingeschmolzen werden kann, muss er „freigemessen“ werden, wie die Fachleute sagen. Dafür gibt es inzwischen drei Anlagen auf dem Krümmeler Kraftwerksgelände. Das Reaktordruckgefäß wiederum geht ins Zwischenlager. „Vorher wird es klein gesägt“, so Fricke. Die Außerbetriebnahme des nicht mehr benötigten Kühlwassersystems erfolgt frühestens Ende dieses Jahres. Dann wird kein Wasser aus der Elbe mehr entnommen. Gekühlt wird dann mit einem Druckluftsystem.

Weniger stark belastetes Material soll ebenfalls auf dem Krümmeler Gelände unterkommen. Das Lager für schwach- und mittelradioaktives Material, abgekürzt LasmAaZ, liegt hinter dem Zwischenlager. Hierbei gibt es jedoch auch noch einen Haken: Auch hier liegt noch keine Betriebsgenehmigung vor, die ebenfalls von der Behörde für Reaktorsicherheit kommt. „Wir haben die Auskunft, dass die immer nur einen Antrag zurzeit bearbeiten kann“, sagt Fricke.

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„Kann es also sein, dass Sie mit dem Abbau nicht weitermachen können, weil die Genehmigung für das LasmAaZ fehlt?“, will daraufhin einer der gut 40 Anwesenden im Oberstadttreff wissen. „Wir haben ein Jahr lang Übergangsfrist. Solange haben wir zu tun, ohne dass wir da ran müssen“, bestätigt Fricke. Er hofft in diesem Fall auf eine Genehmigung ab Mitte 2025 und weniger Verzögerungen, als bei der Rückbaugenehmigung.