Geesthacht. Bemerkenswerte Rede von Olaf Schulze beim Geesthachter Neujahrsempfang. Ilse Timm und Jochen Meder erhalten Ehrenzeichen der Stadt.
Als Schorik Galojan beim Geesthachter Neujahrsempfang drei Stücke auf dem Klavier spielte, waren einige unter den rund 350 Anwesenden zu Tränen gerührt. Mit soviel Einfühlsamkeit und Hingabe spielte die 26-Jährige Lieder, die zum Teil aus Armenien stammen, der Heimat ihrer Eltern. Dass die gebürtige Geesthachterin eine geistige Beeinträchtigung hat, war in diesem Moment nebensächlich. Es unterstrich vielmehr, wie bunt und unterschiedlich die Stadt Geesthacht ist. Das Gleiche hatte Bürgermeister Olaf Schulze zuvor in einer bemerkenswerten Rede betont, bei der er auf die aktuelle gesellschaftliche Lage in Deutschland und der Welt eingegangen war.
„Unsere Werte, unsere Überzeugungen und unser Lebensstil sind in Gefahr. Wir müssen für Vielfalt einstehen. Es gibt keinen Platz für Rassismus und Antisemitismus in dieser Stadt“, sagte Schulze. Er verwies auf die Drohungen mit antisemitischem Hintergrund gegen die St.-Salvatoris-Kirchengemeinde, nach denen Gottesdienste an Weihnachten und über den Jahreswechsel nur unter Polizeischutz stattfinden konnten. Um ein Zeichen zu setzen, hatte Schulze die Regenbogenfahne und die Fahne „Mayors for peace“ (Bürgermeister für Frieden) vor dem Rathaus hissen lassen.
Mahnende Worte von Geesthachts Bürgermeister
Bei der 2024 anstehenden Europawahl gelte es ein Zeichen zu setzen, wie weltoffen Geesthacht sei. Das könne der Einzelne bereits damit tun, wenn er nur zur Wahl gehe. „Ich wünsche mir auch mehr Geduld mit der Politik. Es gibt oft nicht die einfache Lösung. Parolen führen dagegen oft zu Hetze. Und wenn ich jetzt höre, dass Menschen die Staatsbürgerschaft entzogen und sie ausgebürgert werden sollen, müssen wir dafür sorgen, dass das nicht passiert. Wir müssen die Angriffe auf unsere Demokratie abwehren“, sagte Schulze und erntete kräftigen Applaus.
Viel Applaus gab es auch für Ilse Timm vom Verein „Hilfe für das schwerkranke Kind“. Die 86-jährige Vereinsgründerin erhielt für ihre langjährigen Verdienste um Geesthacht das Ehrenzeichen der Stadt. „Ilse Timm, du hast etwas in deinem Leben erreicht“, sagte Schulze in seiner Laudatio. Ilse Timm war sehr gerührt, hatte Tränen in den Augen. Der zweite Geehrte war der 2023 verstorbene Jochen Meder (Mitbegründer Förderkreis Industriemuseum Geesthacht). Dessen Witwe Hannelore Meder nahm die postume Ehrung entgegen.
Geesthacht feiert 100 Jahre Stadtrechte
Unter den Augen von Landrat Christoph Mager, der Bundestagsabgeordneten Nina Scheer (SPD), den Landtagsabgeordneten Andrea Tschacher (CDU) und Oliver Brandt (Bündnis 90/Die Grünen) sowie diversen anderen Bürgermeistern aus der Umgebung von Lauenburg bis Ratzeburg ging Schulze auf die Herausforderungen und erfreulichen Termine für Geesthacht im kommenden Jahr ein: Schulausbau, Hausärzteversorgung, Erhalt des Krankenhauses, Rückbau des Kernkraftwerkes, Schaffung von bezahlbarem Wohnraum oder Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag anlässlich der Verleihung der Stadtrechte.
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Bevor der Popchor „Joyful Voices“ der St.-Salvatoris-Kirchengemeinde den offiziellen Teil des Neujahrsempfangs beendete, hatte dann Schorik Galojan ihren großen Auftritt. Diese wird von Kindesbeinen an vom Verein „Hilfe für das schwerkranke Kind“ unterstützt, lernte unter anderem dank der Hilfe des Vereins Schwimmen im Becken der Vamed. Damit ist seit Ende 2023 wegen einer großen Kostensteigerung Schluss. „Wir brauchen dringend eine andere Möglichkeit, wo wir schwimmen können“, sagte Schoriks Mutter. Unterdessen strahlte Schorik Galojan über das ganze Gesicht. „Sie hat mir gesagt, dass es für sie der schönste Tag ihres Lebens ist“, verriet Ilse Timm.