Geesthacht. Geesthachter Atommüll-Zwischenlager muss vermutlich sehr viel länger als gedacht genutzt werden. Das sind die Gründe.
Wohin mit dem atomaren Müll aus unseren Kernkraftwerken? Diese Frage ist in Deutschland immer noch nicht geklärt. Frühestens 2050 soll ein nationales Endlager in Betrieb gehen. Bis ein geeigneter Standort gefunden ist, kann es aber auch noch weitaus länger dauern. Solange verbleiben die alten Brennstäbe oder Abfälle aus der Wiederaufbereitung in sogenannten Zwischenlagern, wie es auch am stillgelegten Kernkraftwerk Krümmel eines gibt.
Für diese Zwischenlager ist das anvisierte Datum 2050 ein Problem. Schließlich gilt die Genehmigung für den Betrieb an jedem Standort nur für 40 Jahre. Im Falle Krümmels läuft sie 2046 aus. Bei der vom Bund betriebenen Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) läuft deshalb ein Forschungsprogramm, das sich um die notwendige verlängerte Zwischenlagerung kümmert. Bei einem Informationsabend der BGZ im Geesthachter Rathaus kam heraus, dass es gut möglich ist, dass die 42 eingelagerten Castor-Behälter auch noch bis 2080 oder darüber hinaus vor Ort bleiben könnten.
Atommüll in Krümmel wird weitere Generation von Geesthachtern beschäftigen
Krümmels Erbe wird also mindestens eine weitere Generation von Geesthachter Bürgern beschäftigen. „Ich möchte betonen, dass es ein Zwischenlager ist und kein Endlager werden darf“, sagte Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze bei der Begrüßung. Dies veranlasste Bettina Boll, eine anwesende Geesthachter Atomkraft-Gegnerin der ersten Stunde zu einem Zwischenruf, es sei ein „Zwischen-Endlager“, rief sie.
„Selbst wenn das Endlager 2050 in Betrieb geht, dauert es Jahre, bis alle 1500 Castoren eingelagert sind“, sagte Jörn Becker, Leiter der Abteilung Zentrale Fachfragen bei der BGZ. Seine Abteilung rechnet mit einem Zeitraum bis 2080 und versucht gerade die Parameter zu ermitteln, die für eine verlängerte Zwischenlagerung erforderlich sind. Dabei geht es um die Sicherheit der Gebäude, der Behälter und des Inhalts.
Das Brennelemente Zwischenlager ist zu zwei Dritteln befüllt
Das Brennelemente Zwischenlager Krümmel (BZK) liegt direkt neben dem einst größten Siedereaktor der Welt. In ihm sind 42 Castoren des Typs V/52 mit den abgebrannten Brennelementen eingelagert. Das sind zwei Drittel der Kapazität. Jeder Behälter ist in einem Stück gegossen, wiegt mehr als 100 Tonnen und gibt eine Wärmeleistung von 20 Kilowatt ab. Die einzige Öffnung ist mit einem Doppeldeckel-Dichtungssystem gesichert. Auch die Dichtungen sind aus Metall.
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Ist der obere Deckel defekt, wird er ausgetauscht. Wird ein Fehler am unteren festgestellt, kommt ein dritter Deckel obendrauf. Vor Ort ist indes keiner vorhanden. „Brunsbüttel und Krümmel hatten zusammen einen Ersatzdeckel, jetzt werden aber alle Deckel in Gorleben gelagert und gewartet“, sagte Henning Knigge, der Leiter der BGZ in Krümmel. „Ein Umladen des Inhalts ist nicht möglich. Dafür braucht man eine große heiße Zelle“, so Jörn Becker. Die Beladung war im Krümmeler Reaktor erfolgt. „Die Möglichkeit fällt jetzt weg“, weiß Becker.
Seine Abteilung forscht mit mehreren Partnern auch daran, ein Bild mit möglichst hoher Auflösung vom Inneren der Behälter zu bekommen. Für das Gebäude gebe es derweil keinen Forschungsbedarf – sprich alles sei sicher.
Kraftwerk-Betreiber Vattenfall wartet auf Rückbaugenehmigung
„Es geht darum, die Öffentlichkeit frühzeitig und transparent über unsere Arbeit zu informieren und in den Austausch mit den Bürgern zu kommen“, sagte BGZ-Sprecher Jonas Wingert. Der Vortrag im Rathaus interessierte derweil nur ein gutes Dutzend Personen, darunter auch einige Vertreter des BUND.
BGZ-Leiter Henning Knigge umriss die nächsten Schritte, die vor Ort nötig sind: die Unabhängigkeit vom Kernkraftwerk, für das Betreiber Vattenfall jederzeit mit einer Genehmigung für den längst beantragten Rückbau rechnet.
Sicherungstechnisch ist das Zwischenlager autark, es hat eine eigene Umzäunung. Bis zum Jahr 2031 soll zudem ein eigenes Trink- und Löschwassersystem aktiv sein. Der aktuell nächste Schritt ist die Übernahme des Abfall-Zwischenlagers (AZK) für Rückbauabfälle aus Krümmel, die keine Wärme abstrahlen.
Dafür baut Vattenfall gerade eine eigene Halle, die hinter dem Zwischenlager für Brennelemente liegt. Vattenfall verwendet die Bezeichnung LasmAaZ (Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle am Zwischenlager). „Die Inbetriebnahme planen wir 2022/23. Noch steht die Erteilung einer Genehmigung aus“, sagt Henning Knigge.
Vattenfall-Rohbau ist fertig
Hier ist der Rohbau abgeschlossen. Derzeit werden vom Feinausbau gearbeitet. So seien etwa in der vergangenen Woche die Brücken für den Kran in der Halle montiert worden. Für die Endlagerung der Abfälle aus dem Abfall-Zwischenlager ist der Schacht Konrad in Salzgitter vorgesehen, der voraussichtlich 2027 in Betrieb geht.
Die Gesellschaft für Zwischenlagerung hat 2019 mit fünf Arbeitern am Standort begonnen. Inzwischen arbeiten dort 19 Beschäftigte. 2023 sollen es bereits 26 Personen sein. Sie kümmert sich in dem Gebiet der ehemaligen Bundesrepublik um die radioaktiven Abfälle. Für die neuen Bundesländer ist aus historischen Gründen eine eigene Gesellschaft zuständig.