Geesthacht. Gebühr für Nutzung des Schwimmbeckens in Geesthacht wurde mehr als verdoppelt. Auswirkungen für einige sind schwerwiegend.

Jeden Montagnachmittag erschallten fröhliche Stimmen im kleinen Schwimmbad der Vamed-Klinik Geesthacht. Seit 27 Jahren trafen sich dort Kinder, die mit den Jahren zu Erwachsenen heranwuchsen, zum Baden. Das Besondere an der Gruppe: Viele von ihnen haben eine oder mehrere Behinderungen. Ermöglicht wurde der Badespaß von Ilse Timm und ihrem Verein Hilfe für das schwerkranke Kind. Der wöchentliche Schwimmkursus war eine Wohltat für ihre Schützlinge. Denn im Wasser können sie das, was vielen von ihnen sonst nicht möglich ist – sich frei bewegen. Doch damit ist es jetzt vorbei.

Die sprunghaft gestiegenen Energiepreise schieben der Aktivität nun einen Riegel vor. Statt der bisherigen wöchentlichen Miete in Höhe von 40 Euro fallen nun 105 Euro an. Zuvor wurde nur eine Stunde in Rechnung gestellt, seit der Preiserhöhung im Mai berechnet die Vamed-Klinik aber eineinhalb Stunden. „Im Monat sind das 420 statt 160 Euro, das ist zu viel für unseren Verein“, sagt Ilse Timm, die beim Geesthachter Neujahrsampfang am Sonntag, 14. Januar (11–13 Uhr, Ratssaal, Markt 15) das Ehrenzeichen der Stadt erhält.

Keine Hilfe für das schwerkranke Kind möglich

Ilse Timm hat nach der Erhöhung versucht, mehrfach ein Gespräch mit der Vamed-Klinik zu führen. „Ich bin aber zu niemandem durchgedrungen“, sagt sie. Schweren Herzens musste sie den Vertrag kündigen. Ende Dezember tummelten sich ihre Schützlinge ein letztes Mal in dem kleinen Lehrschwimmbecken.

Macht viel für behinderte Kinder: Ilse Timm vom Verein Hilfe für das schwerkranke Kind mit einigen Schützlingen.
Macht viel für behinderte Kinder: Ilse Timm vom Verein Hilfe für das schwerkranke Kind mit einigen Schützlingen. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Alle Schwimmer der Badetruppe haben eine oder mehrere Behinderungen. Einige von ihnen sind auf den Rollstuhl angewiesen, so wie etwa Steffen. Der 36-Jährige ist seit seiner Geburt querschnittsgelähmt. Einmal im Wasser, vergisst er seine Einschränkungen, denn im nassen Element kann er sich genau so bewegen wie die anderen. Die anderthalb Stunden im Wasser waren für die meisten unter ihnen nicht nur die einzige sportliche Betätigung, sondern auch eine Wohltat für ihre Muskeln, Gelenke und nicht zuletzt für ihre Seele.

Mutter: „Mein Sohn hat hier schwimmen gelernt“

So wie für Mario. Der ebenfalls 36-Jährige war von Anfang an dabei. „Mein Sohn ist viel zu früh auf die Welt gekommen. Er kann nicht lesen und nicht schreiben, aber richtig gut schwimmen. Das hat er hier gelernt. Die Zeit im Bad gibt ihm unheimlich viel. Es ist sehr schwer, für solche Gruppen etwas zu finden. Die hohe Wassertemperatur spielt eine Rolle, da unsere Kinder zu Krämpfen neigen, wenn das Wasser zu kalt ist. Vielerorts sind die Kinder leider auch nicht gern gesehen“, sagt Sabine Richert (57), Marios Mutter.

Auf Nachfrage teilte Nils Metzger, Leiter Unternehmenskommunikation/Marketing der Vamed-Klinik mit: „Durch die stark gestiegenen Energiepreise waren wir leider gezwungen, im Mai 2023 den Mietpreis für die Nutzung unseres Schwimmbads anzupassen. Wir bedauern diese Entwicklung, hätten den Betrieb ansonsten aber nicht in der bisherigen Form aufrechterhalten können.“ Und weiter führte Metzger aus: „Unser Schwimmbad nutzen Vereine, Schwimmschulen und Schulen aus Geesthacht. Aus rechtlichen und Datenschutzgründen können wir keine genaueren Angaben zu den Mietern oder zu Kündigungen von Mietverhältnissen machen.“

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Nach seinen Angaben gibt es aber Mieter, die das Bad teilweise täglich vier bis fünf Stunden nutzen. „Wir haben Mieter, die sehr viel Zeit im Bad verbringen. Prozentual gesehen macht dies eine Auslastung von 95 bis 98 Prozent aus. Diese Mieter sind froh, dass es das Bad in Geesthacht gibt und sind auch nach der Preiserhöhung geblieben.“ Für die Schwimmer von Hilfe für das schwerkranke Kind – den Verein gibt es seit 1987 – ist das ein schwacher Trost.