Lauenburg. Sechs Jahre lang kämpfte die WVL vergeblich für einen Wirtschaftsbeirat. Was den Ausschlag für den politischen Stimmungswechsel gab.
Was noch vor zwei Jahren undenkbar war, ist jetzt politischer Konsens: In Lauenburg wird im nächsten Jahr ein Wirtschaftsbeirat die Arbeit aufnehmen. Einstimmig hat jetzt die Stadtvertretung die Satzung beschlossen. Seit 2017 hatte es immer wieder Vorstöße der Wirtschaftlichen Vereinigung (WVL) gegeben, in Lauenburg einen solchen Beirat ins Leben zu rufen, war aber immer wieder am Widerstand der politischen Mehrheit gescheitert.
Doch nach der Bürgermeisterwahl im November 2022 und der Kommunalwahl im Mai dieses Jahres hat sich das Blatt gewendet. Seitdem orientiert man sich an den guten Erfahrungen, die zum Beispiel in Geesthacht schon seit 2017 gemacht werden. „Um die Wirtschaftsinteressen künftig besser in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen und den Wirtschaftsstandort zu stärken, möchte die Stadt Lauenburg/Elbe erstmalig einen Wirtschaftsbeirat einrichten“, steht in der Beschlussvorlage der Verwaltung, über die die Stadtvertreter jetzt abgestimmt haben.
Fokus auch auf Firmen im Industriegebiet
Auch wenn die WVL in den vergangenen Jahren die treibende Kraft für die Bildung eines Wirtschaftsbeirates war, will sich die Interessenvertretung aber nicht in den Vordergrund drängen. „Es ist wichtig, Vertreter aus allen Wirtschaftszweigen der Stadt zu gewinnen, also auch Menschen, die nicht Mitglied der WVL sind“, sagt Karsten Legeler aus dem Vorstand. Deshalb haben er und sein Mitstreiter Dirk Eisermann in der letzten Zeit auch im Lauenburger Industriegebiet für den Wirtschaftsbeirat geworben. In der WVL sind derzeit vor allem Vertreter kleinerer Unternehmen der Stadt organisiert.
„Die dort ansässigen Betriebe sind das wirtschaftliche Rückgrat der Stadt, auch was die Gewerbesteuer betrifft“, sagt Legeler. Eisermann ergänzt: „Die Stadt tut gut daran, auf die Expertise dieser Unternehmen zu hören und einen Blick auf deren Sorgen zu haben, insbesondere was die Infrastruktur im Industriegebiet betrifft.“
In dieser Beziehung gibt es einiges zu tun. Besonders der Zustand der Straßen war in den vergangenen Jahren immer wieder in die Kritik geraten. Ein weiteres Problem: Obwohl im Industriegebiet neben den drei Großbetrieben Worlée, Mewa und Smurfit Kappa auch zahlreiche kleine Firmen ansässig sind, gibt es keine Busverbindung dorthin. Kürzlich hat die Stadt einen Vorstoß unternommen, darüber mit den Unternehmen ins Gespräch zu kommen.
- Trotz Überschuss: Lauenburg muss den Gürtel enger schnallen
- Lauenburg: Sich im Rathaus beschweren – das geht jetzt noch leichter
- Tischlerei Horstmann: Als junge Witwe Familienbetrieb in Lauenburg gerettet
Stadtvertretung wählt Unternehmensvertreter
In der Satzung für den Wirtschaftsbeirat der Stadt sind die Rechte und Pflichten klar geregelt. Gewählt werden die mindestens drei und höchstens sieben Mitglieder von den Stadtvertretern. Karsten Legeler und Dirk Eisermann haben keinen Zweifel daran, dass sich genügend Bewerber finden werden. Das Interesse der Unternehmer, etwas für Lauenburg zu bewirken, sei groß, sind sie sich einig.
Der Wirtschaftsbeirat wird für jeweils fünf Jahre gewählt. Wie der Kinder- und Jugendbeirat sowie der Seniorenbeirat können auch Vertreter des Wirtschaftsbeirates in den Sitzungen der politischen Gremien Anträge stellen oder das Wort ergreifen. Sie selbst dürfen allerdings kein Mandat in den politischen Gremien von Lauenburg haben.
Gemeindeordnung stützt jetzt den Wirtschaftsbeirat
In der Vergangenheit beriefen sich Gegner eines Lauenburger Wirtschaftsbeirates auch darauf, dass die Gemeindeordnung von Schleswig-Holstein eine solche Interessenvertretung nicht vorsieht. Jetzt nimmt die beschlossene Satzung eindeutig Bezug darauf: „Die Gemeinde kann durch Satzung die Bildung von Beiräten für gesellschaftlich bedeutsame Gruppen und Belange vorsehen.“
Diskussionen entzündete sich bisher stets an der Frage: „Sind Vertreter der örtlichen Wirtschaft eine gesellschaftlich bedeutsame Gruppe?“ Das dürfte jetzt in Lauenburg entschieden sein. „Ich gehe davon aus, dass der erste Wirtschaftsbeirat der Stadt im Frühjahr nächsten Jahres gewählt wird. Idealerweise dann mit Vertretern aus Handel, Handwerk, Gastronomie und Industrie“, sagt Karsten Legeler.