Börnsen/Escheburg/Geesthacht. Das Ziel einer gut ausgebauten Fahrradtrasse zwischen Geesthacht und der Hansestadt ist in weiter Ferne. Das hat gleich mehrere Gründe.
Wo soll der geplante Radschnellweg von Geesthacht zu den Deichtorhallen in Hamburg verlaufen? Darüber diskutierte jetzt der Ausschuss für Regionalentwicklung und Mobilität des Kreises in Elmenhorst. Zur Auswahl stehen vier Varianten. Die Debatte war hitzig, es wurde emotional. Am Ende gab es sogar Verstimmungen zwischen den Vertretungen von Geesthacht und Escheburg.
Doch trotz des engagierten Austausches – unterm Strich ist das ehrgeizige Projekt seiner Realisierung keinen Schritt näher gekommen. Im Gegenteil: Es scheint jetzt sogar mehr als fraglich, ob der Radschnellweg überhaupt gebaut wird. Die Hindernisse, die genommen werden müssten, das wurde klar, sind enorm.
Geplanter Radschnellweg zwischen Geesthacht und Hamburg vor dem Aus
Dass es so schwierig hinsichtlich einer Einigung werden würde, war nicht zu erwarten gewesen, nachdem zuletzt auch die Gemeinde Börnsen ihre Hausaufgaben gemacht hatte. Die Gemeindevertretung entschied sich im Vorfeld des Ausschusses wie gewünscht für eine der Trassen. Favorisiert wird die Variante C, die im Wesentlichen parallel zur A25 auf deren Südseite verlaufen würde.
Auch Ortsnachbar Escheburg setzt auf diese Trasse. Beide Gemeinden halten A und B entlang der Hauptstraße oder den Bahngleisen wegen der stellenweise engen Wegführung und dem Zusammentreffen von Reitern der Reiterhöfe, Landwirtschaft, Fahrradfahrern, Ausfahrten, querenden Autos und Lkw-Anlieferverkehr für Gewerbe für zu gefährlich. Dass nun auch die neue Escheburger Feuerwache am Speckenweg nach Vossmoor gebaut wird, macht es nicht einfacher.
Fahrradtrasse: Weder Escheburg noch Börnsen wollen Geld dazugeben
Im Ausgangsort des Radschnellwegs in Geesthacht findet man die Varianten A und vor allem B trotzdem besser. Immerhin gab es noch am Montag aus Geesthacht versöhnliche Stimmen zu hören. Man würde auch C mittragen. Hauptsache, der Radschnellweg komme überhaupt. Das war vor dem Ausschuss. Nun sieht es anders aus.
Und da wären wir bei Problem Nummer eins: Offenbar war man sich in Geesthacht nicht klar darüber, dass weder Escheburg noch Börnsen Geld für das Projekt beisteuern wollen. Keinen Cent. Grundsätzlich nicht. 15 Millionen Euro könnte der Schnellweg auf Schleswig-Holsteiner Gebiet kosten, der Pendlern in der Metropolregion Hamburg ein zusätzliches Mobilitätsangebot machen soll.
Kategorisches Nein zur Finanzierung sorgt für Empörung in Geesthacht
Fördergelder für die Fahrt aus Richtung Osten in die Hamburger City sind für Variante B in Aussicht gestellt, die Lieblingstrasse der Planer in der Machbarkeitsstudie. Die Fahrtzeit für Radfahrer nach Bergedorf ließe sich um gut 15 Minuten von 40 auf 25 Minuten verkürzen, hat der ADFC ermittelt. Ob es auch Fördergelder für Variante C geben würde, ist nicht sicher. Das hängt auch von der zu erwartenden Nachfrage an täglichen Nutzern ab. Die Kosten würden zum Großteil vom Kreis getragen. Und sonst wohl nur noch von Geesthacht.
Als sie das kategorische Nein aus Escheburg zur finanziellen Beteiligung hörte, zeigte sich Anette Platz empört. Die Fachdienstleiterin Umwelt war kurzfristig für die erkrankte Dagmar Poltier eingesprungen. „Es soll C sein, und bezahlen soll es Geesthacht, obwohl wir B wollen. Das finde ich schräge. Wenn ich höre, Geesthacht und der Kreis bezahlen das, dann ist das nicht die Option“, sagte sie sichtlich verärgert.
Escheburg verteidigt sich: Viele Ausgaben bei eigenen Infrastrukturprojekten
Die Escheburger wiederum sahen sich zu Unrecht als Buhmann an den Pranger gestellt. Die dreiköpfige Delegation bestand aus Bürgermeisterin Olga Heidebrecht (EWG), Ulrich Riederer (SPD) und Martin Böttcher (EWG). Börnsens Bürgermeisterin Monique Hoops hatte sich entschuldigt. Unterstützt wurden die Gemeinden von Marco Haralambous, Bauamtsleiter im Amt Hohe Elbgeest.
Ulrich Riederer verwies auf die hohen Ausgaben für die Verbesserung der eigenen Infrastrukturprojekte in der Gemeinde. Die Sanierung des Götensberg koste zwei Millionen Euro, der Kita-Neubau neben der Kita Kleeblatt 2,5 Millionen Euro. Ergo bleibe kein Spielraum für weitere Ausgaben. Auch Börnsen hatte im Vorfeld abgewinkt. Monique Hoops verwies darauf, dass Börnsen eine Konsolidierungsgemeinde sei.
Erforderlicher Grundstückskauf ist ein K.o.-Kriterium für Trassenvariante B
Kernproblem Nummer zwei: Die Frage, wie die Trasse B eigentlich zu den für den Ausbau benötigten Grundstücken kommen solle? Die Escheburger als Kenner der Situation vor Ort halten es für völlig ausgeschlossen, dass es zu privaten Verkäufen kommen wird. „Die Probleme sind teilweise unlösbar“, erklärte Olga Heidebrecht. Eine Auffassung, die auch Marco Haralambous teilte. Und Enteignungen könne er sich hier nicht vorstellen, befand Manfred Kuhlmann, Fachbereichsleiter Regionalentwicklung, Umwelt und Bauen beim Kreis.
Damit war die Trasse für den Ausschussvorsitzenden Michael Sauerland (CDU) eigentlich beerdigt. „Das ist ein K.-o-Kriterium. Wird der Grundstückskauf nicht realisiert, ist der Radweg gestorben“, sagte er. Bereits Landwirt Markus Meyer aus Besenhorst hatte in der Einwohnerfragestunde seine Bedenken vorgetragen. Es ging ihm um eine Fläche, die für die B-Trasse benötigt würde, aber für den Viehtrieb wichtig sei. „Für uns unverzichtbar“, erklärte er.
„Würde ich nicht nutzen“: Trasse an der Autobahn für Frauen zu einsam?
Ist also Variante C doch die bessere, weil einfacher umsetzbare Trasse? Und da sind wir bei Problem Nummer drei und vier, ebenfalls zwei gravierende Mängel. Das eine ist die Dunkelheit und Abgelegenheit. „Da sind keine Häuser in der Nähe. Die würde ich als Frau nicht nutzen“, sagte Anette Platz. Diese Meinung fand ihren Widerhall bei einigen Ausschussmitgliedern.
Ein weiterer Mangel ergibt sich durch die Einsamkeit: Die Börnsener und Escheburger müssten erst eine Strecke fahren, um überhaupt zur Trasse zu kommen. An der weitesten Stelle liegen Hauptstraße und A25 knapp 800 Meter Luftlinie auseinander. Vier Brücken gibt es von Besenhorst bis zum Bergedorfer Speckenweg. Ob und wie viele Pendler diese Extratour auf sich nehmen würden, ist völlig ungeklärt. Aber solche sogenannten Sammelverkehre im Verlauf der Strecke sind wichtig, um Fördermittel zu bekommen. Vielleicht sollte man eine Umfrage hierzu in beiden Orten machen, lautete eine Idee.
Spontane Idee könnte noch Ausweg aus dem Dilemma bedeuten
Eine andere Idee könnte einen Ausweg aus dem Dilemma bedeuten. Sie lautet, den Fahrradweg der Variante A kurzerhand auf die Nordseite der Hauptstraße zu verlegen. Dort gibt es erheblich weniger Einfahrten und sonstigen querenden Autoverkehr. Ob die Straße solch einen Eingriff überhaupt trägt, müsste allerdings erst erörtert werden. Das Thema wird nun in den Fraktionen weiter beraten. Sollen die Ideen umgesetzt werden, müssten sie per Antrag in den Ausschuss eingebracht werden.
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Das skeptische Resümee von Michael Sauerland am Ende: „Ich sehe schon, das wird schwierig. Da es so kontrovers ist, wird es noch lange dauern, bis der Knoten durchgeschlagen ist. Es liegt noch viel Arbeit an“. Vielleicht komme ja eher die Reaktivierung der Bahnlinie als der Radschnellweg, spekulierte er angesichts der Schwierigkeiten.