Geesthacht. Bundesgesundheitsminister besucht Krankenhäuser in Geesthacht und Reinbek und spricht über die Krankenhausreform. Wie konkret wird er?

Das Interesse am Besuch von BundesgesundheitsministerKarl Lauterbach in Geesthacht ist enorm. Er spricht auf Einladung der örtlichen Bundestagsabgeordneten Nina Scheer (beide SPD) über die geplante Krankenhausreform. Alle 200 Plätze für einen Diskurs unter der Überschrift „Qualität und Erreichbarkeit sichern“ am Donnerstag, 2. November, in der Halle der Buntenskampschule sind reserviert (Beginn 18 Uhr, Einlass 17 Uhr). Aufgrund der hohen Nachfrage ist nun auch eine Online-Teilnahme möglich. Interessierte melden sich dafür per E-Mail an nina.scheer@bundestag.de an.

Lauterbach dürfte sich kritischen Fragen stellen müssen. Laut Informationen unserer Redaktion haben sich diverse Ärzte und Apotheker aus der Region sowie Vertreter des Hebammen-Verbands angekündigt. Die Mitarbeiter der Krankenhäuser in Scheers Wahlkreis Stormarn-Süd/Lauenburg, das St. Adolf-Stift in Reinbek, das Johanniter-Krankenhaus Geesthacht und das DRK-Krankenhaus Mölln-Ratzeburg, dürften wissen wollen, was nach der Krankenhausreform aus ihren Arbeitsplätzen wird.

Krankenhaus-Reform: Bundesgesundheitsminister spricht vor Ort

„Es sind viele Gerüchte im Umlauf. Jetzt müssen sich die Krankenhausmitarbeiter bei aller körperlichen und physischen Belastung im Beruf auch noch Sorgen um ihren Job machen“, sagt ein Krankenhausmitarbeiter hinter vorgehaltener Hand. Zudem sorgten sich die Patienten, ob sie künftig 80 Kilometer zu einem Arzt fahren oder drei Monate auf den nächsten Termin warten müssen.

Die Ärztliche Direktorin Ulrike Hammad-Greiff vom Johanniter-Krankenhaus Geesthacht.
Die Ärztliche Direktorin Ulrike Hammad-Greiff vom Johanniter-Krankenhaus Geesthacht. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Eine moderne, bedarfsgerechte Krankenhausversorgung wollen Bund, 14 von 16 Bundesländer und die Regierungsfraktionen mit der Krankenhausreform gewährleisten. Am 10. Juli 2023 haben sich diese auf Eckpunkte geeinigt. Nur Bayern stimmte im Bundesrat dagegen, Schleswig-Holstein enthielt sich. Aber nicht aus Ablehnung der Reform, sondern weil die schwarz-grüne Landesregierung in Kiel zusätzliche finanzielle Mittel von Bund und Ländern fordert, damit künftig keine Versorgungslücken entstehen.

Im Kern sieht die Krankenhausreform vor, in der Fläche künftig eine Grund- und Notversorgung zu gewährleisten und spezielle Fachbereiche nur an spezialisierten Standorten anzubieten. Doch was bedeutet das konkret etwa für die mehrfach als babyfreundlich ausgezeichnete Geburtsstation bei den Johannitern in Geesthacht? „Man darf nicht glauben, dass dieses Personal komplett nach Lübeck wechseln würde, wenn Geesthacht dicht gemacht wird. Und wir haben jetzt schon Personalknappheit“, ergänzt der eingangs erwähnte Krankenhausmitarbeiter. Ob die Bürger verstehen, warum bestehende und funktionierende Strukturen – von der Finanzierung abgesehen – in Geesthacht zerstört werden sollen, steht auf einem anderen Blatt.

Hausärzte in Mölln protestieren mit Schließung

Der Kern der Reform ist eine neue Finanzierung, die mehr auf Qualität statt auf Fallzahlen setzt: Weg vom Hamsterrad der Fallpauschalen durch eine weitgehend fallunabhängige Vergütung von Krankenhausleistungen und eine Verbesserung der medizinischen Versorgung. Dazu gehört, dass die Zeit der stationären Behandlung minimiert wird und mehr ambulant, also bei Hausärzten, geschieht.

Doch diese sind auch überlastet und haben Nachwuchssorgen. Im Bereich Geesthacht der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) – dazu gehören Schwarzenbek, Lauenburg und die Ämter Hohe Elbgeest und Lütau – sind elf Hausarztsitze frei. Nirgends ist die Versorgungsquote im nördlichsten Bundesland schlechter.

Im Mölln sind nur zwei Hausarztsitze frei. Hier haben sich jetzt zehn Hausarztpraxen zusammengeschlossen, von denen aus Protest bis zum Jahresende sieben immer mittwochs schließen und drei die Notversorgung übernehmen. Hier legen sie stattdessen einen Bürokratie-Tag, um den stetig steigenden Papierkram abzuarbeiten. Der nehme ein Drittel der Arbeitszeit ein. „Es darf nicht mehr viel passieren, damit die Systeme nicht überlastet sind“, mahnt wiederum der Krankenhausmitarbeiter.

Besuche im St. Adolf-Stift und bei Johannitern

Das Johanniter-Krankenhaus Geesthacht hält sich bei der Erwartungshaltung an den Lauterbach-Besuch bedeckt. „Wir sind gespannt, was der Minister für Gesundheit konkret zur Krankenhausreform in unserer Region berichten kann. Die Initiative einer Krankenhausreform ist lange überfällig. Eine Systematik, die zukünftig mehr auf Qualität und Struktur setzt und diese in Leistungsgruppen abbildet, können wir sehr gut nachvollziehen. Allerdings muss auch die Finanzierung des Gesundheitswesens zeitgleich mit reformiert werden“, teilt Sprecherin Sylvia Ziesmann-Busche auf Anfrage mit.

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Vor der Diskussion in der Buntenskamphalle besucht der Bundesgesundheitsminister ohne Öffentlichkeit das St. Adolf-Stift in Reinbek und das Johanniter-Krankenhaus Geesthacht. Ob sich daraus Rückschlüsse zum Erhalt der Standorte ableiten können? „Eine solche Aussage wäre unseriös“, sagt Nina Scheer und ergänzt: „Es liegt aber in meinem Interesse, wenn die Strukturen, die wir haben, erhalten bleiben könnten.“ 2019 hatten Karl Lauterbach und Scheer gemeinsam für den SPD-Bundesvorsitz kandidiert. Gewählt wurden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.