Lauenburg/Geesthacht. Fraktionschef Oliver Brandt wertet schwarz-grüne Koalition positiv. Spitzenkandidatin Granz: Reden nach der Wahl mit allen Demokraten.
Die Grünen kooperieren im Lauenburgischen Kreistag zwar mit der CDU und manch Kritiker mahnt, die Partei dürfte darüber nicht ihre Identität gefährden. Zumindest was basisdemokratische Gepflogenheiten anbelangt, war das Wochenende geeignet, solche Befürchtungen zu entkräften. Mehr als sechs Stunden nahmen sich die Grünen Zeit, um auf einer Wahlkreismitgliederversammlung ihre Kandidaten für den Kreistag zu küren. An der Spitze eine alte Bekannte, eine Politikerin, die sich bereits aus der ersten Reihe zurückgezogen hatte.
Langjährige Fraktionschefin und Schatzmeister als Spitzenduo
Vor ziemlich genau zwei Jahren hatte Annedore Granz (69) die Führung der Grünen Kreistagsfraktion an Oliver Brandt (55) abgegeben. Doch mit der jüngsten Landtagswahl zog der in Lütau wohnende Grüne 2022 ins Kieler Landeshaus ein. Zur Kreistagswahl Mitte Mai treten nun die Geesthachter Grüne und der nur gut halb so alte Schatzmeister des Grünen Kreisverbandes, Marcus Worm, als Spitzenduo an.
Nach dem Verzicht vor zwei Jahren blieb Annedore Granz im Kreistag weiter aktiv. Ihre damalige Entscheidung will sie nicht als Ausdruck von Amtsmüdigkeit verstanden wissen. „Wir treten mit vielen neuen, jungen Kräften auf den vorderen Listenplätzen an. Meine langjährige politische Erfahrung will ich gern einbringen und weitergeben“, sagt die Spitzenkandidatin.
Landtagsabgeordneter auf Listenplatz 8
Oliver Brandt bewirbt sich ebenfalls erneut für den Kreistag. Auf Platz 8 hat der Landtagsabgeordnete gute Chancen, wieder ins Ratzeburger Kreisparlament einzuziehen. Zudem tritt er als Direktkandidat im Wahlkreis 11 (Amt Lütau/Lauenburg) an. Als Direktkandidat in der Schifferstadt (Wk 10) schicken die Grünen den Fraktionsvorsitzenden in Lauenburgs Stadtvertretung Thorsten Pollfuß ins Rennen. Im Wahlkreis 19 (Schwarzenbek-Land) sowie über Listenplatz 12 will Martin Merlitz, verkehrspolitischer Sprecher der Kreistagsfraktion, die Rückkehr schaffen.
An der Kandidatenaufstellung im Geesthachter Oberstadttreff haben sich 47 von 401 Grünen aus dem Kreis beteiligt. Sechseinhalb Stunden für die Wahl der Kreistagskandidaten hält Paula Meinke, Co-Sprecherin des Grünen Kreuzverbandes, für durchaus angemessen.
Sechseinhalb Stunden für die Kandidatenkür
„Wir treten nicht mit vorabgestimmten Listen zu einer solchen Wahlversammlung an, das unterscheidet die Grünen von anderen Parteien“, sagt Meinke. „Bei uns können sich die Kandidaten jeweils persönlich präsentieren und auch Fragen beantworten.“ Paula Meinke selbst wählten die Grünen auf Listenplatz 13.
Mit dem Programm zur Kreistagswahl hatten sich die Grünen bereits Mitte Januar befasst. Mehr als 30 Änderungsanträge sind beraten und abgestimmt worden. Am Wochenende verabschiedeten die Teilnehmer das 18-Seiten-Papier einstimmig. Langwierig gestaltete sich die Wahl der Kandidaten für die geraden Listenplätze zwischen 6 und 16. Hier kam es jeweils zu Kampfkandidaturen unter Männern um aussichtsreiche Plätze.
Klimaschutzmanagerin und Jugendberufsagentur
Auf der Habenseite der bisherigen schwarz-grünen Koalition verbucht Oliver Brandt zusätzliches Geld für Sanierung und Neubau von Kitas und die Ansiedlung einer Jugendberufsagentur nach Möllner Vorbild in Geesthacht. Dazu sei eine Klimaschutzstrategie für den Kreis auf den Weg gebracht, und es sei gelungen, „mit der Stelle einer Klimaschutzmanagerin diese Aufgabe dauerhaft zu besetzen“.
Zudem entwickele der Kreis auf Initiative der Grünen derzeit „eine Mobilitätsstrategie mit dem Ziel, unseren Verkehr im Kreis klimafreundlicher zu machen“.
Mobile Frauenberatung bleibt ein Thema
Weniger Begeisterung lösten die Grünen in der vergangenen Wahlperiode im eigenen Klientel dagegen mit dem Flächenverbrauch für neue Gewerbegebiete aus und mit ihrer Rolle im Hickhack um Rettungsdienst und Notarztversorgung. Dazu ihre Entscheidung, gemeinsam mit der CDU der mobilen Frauenberatung „Land-Grazien“ zunächst die Mittel für ein zweites Jahr zu versagen.
„Der Finanzierung des Projektes von Frauen helfen Frauen für den Nordkreis ist letztlich zugestimmt worden“, betont Paula Meinke. Frauenhaus und stationäre Beratung in Schwarzenbek auszubauen, sei sehr wichtig, sagt Annedore Granz. Benötigt werde aber auch eine Frauenberatung für den Nordkreis. „Dafür benötigen wir eine Finanzierung. Vieles hängt davon ab, dass das Land hier dauerhaft einsteigt.“
Ein Urmeermuseum hat für die Grünen keine Priorität
Die Idee, mit den einzigartigen Fossilienfunden aus Groß Pampau im Kreis ein Urmeermuseum zu schaffen, habe für die Grünen keine Priorität, so Granz. Zur Klärung rechtlicher Fragen, wer etwa Eigentümer der rund elf Millionen Jahre alten Walskelette und weiterer Funde von Versteinerungen aus dem Urmeer sei, komme die Frage der Finanzierung.
Lübeck will, wie berichtet, die seinem Museum als Leihgabe zur Verfügung gestellten Funde nicht herausgeben. Und das Land verweigert eine finanziellen Beteiligung an einem künftigen Urmeermuseum im Kreis Herzogtum Lauenburg. „Wir brauchen Klarheit, wie ein solches Projekt finanziert werden könnte“, so Granz. „Der Kreis kann dies nicht leisten.“
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Nach den Wahlen im Kreistag weiter mit der CDU?
Zur Frage der Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition auf Kreisebene halten sich Paula Meinke und Annedore Granz bedeckt. Zunächst müsse der Wahlausgang abgewartet, dann die Ergebnisse analysiert werden, so Meinke. „Wir wollen ein noch besseres Ergebnis als vor fünf Jahren“, sagt Granz. „Danach wollen wir mit allen demokratischen Parteien im Kreistag sprechen.“ he