Mölln. Die Touristiker sind mit der Saison 2022 sehr zufrieden. Jetzt wollen sie um Camper, Ausflügler und Dänen werben. Nur Personal fehlt.

Rasant steigende Übernachtungszahlen, Campingboom und ein Trend zum Urlaub in der näheren Umgebung: Der Kreis Herzogtum Lauenburg steht bei Ausflüglern und Kurzurlaubern wegen seiner schönen Natur und malerischen Städten wie Ratzeburg und Mölln wieder voll im Fokus. „Nach zwei Jahren Corona-Einschränkungen konnten wir zur touristischen Normalität zurückfinden. Das ist ein großer Erfolg, den wir im kommenden Jahr gerne noch übertreffen wollen“, sagte Günter Schmidt, Geschäftsführer der Herzogtum Lauenburg Marketing- und Service-Gesellschaft (HLMS) bei der Jahrespressekonferenz in Mölln.

Tourismus setzt auf Durchreisende und Gäste aus der Region

Dabei setzen die Touristiker auch auf eine Zunahme der Ausflügler aus der Metropolregion Hamburg sowie aus Niedersachsen, Berlin und Teilen Schleswig-Holsteins. Ebenso im Fokus liegen Dänen, die den Kreis bislang nur als Durchreisegebiet betrachten. Es gibt verschiedene Aspekte, die den Tourismus im Herzogtum Lauenburg beflügeln.

Zum einen gibt es die stark angestiegenen Preise für Kraftstoff, die weite Ausflüge zu einem teuren Vergnügen machen. Andererseits sorgen hohe Heizkosten und Inflation für Ebbe im Portemonnaie. „Viele Menschen sparen für wenige Fernreisen und verbringen den Rest ihrer Freizeit in der näheren Umgebung. Da können wir mit Seen, Wäldern und schönen Städten punkten“, so Günter Schmidt.

HLMS will Naherholung stärken

Einen weiteren Impuls für den Tourismus in der Region kann das neue bundesweite 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr bringen. „Der HVV-Bereich wird dadurch deutlich ausgeweitet. Mehr Menschen können uns ohne Mehrkosten erreichen. Das ist eine Chance. Die Kapazität für den Transport von Fahrrädern müsste allerdings steigen“, so Günter Schmidt.

Die HLMS ist in der Metropolregion Hamburg und in umliegenden Bereichen mit anderen Touristikern, aber auch mit dem HVV und weiteren Akteuren im Gespräch, um die Naherholung zu stärken. „Es ergibt keinen Sinn, dass wir alle für uns allein und auch gegeneinander um Touristen werben“, macht Schmidt deutlich.

Blogger und Reisejournalisten sollen mit für das Herzogtum Lauenburg werben

Die HLMS wirbt auch im Ausland um weitere Urlauber. „Viele Menschen fahren hier durch. Wir wollen diese potenziellen Gäste auf uns aufmerksam machen. Deshalb laden wir Blogger und Reisejournalisten aus Österreich, aber vor allem aus Dänemark zu uns ein. Gemeinsam erkunden wir die Gegend mit dem Kanu, bei Radtouren oder Wanderungen, um für unseren Kreis zu werben“, sagt Carina Jahnke von der HLMS.

Viele Impulse erhoffen sich die Touristiker vor allem von der neuen Fehmarnbelt-Querung durch den Tunnel, der voraussichtlich 2029 fertig wird. „Es gibt aber schon jetzt sehr viele Dänen, die hier durchfahren. Wir sind auf dänischen Tourismusmessen präsent und werden unsere Aktivitäten perspektivisch auch auf Schweden ausweiten“, kündigt Schmidt an.

Zwei Probleme gibt es allerdings. Zum einen fehlen in der Gastronomie Mitarbeiter, zum anderen gibt es nicht ausreichend Stellplätze für Wohnmobile. Denn der Trend zum Camping nimmt zu – nicht nur bei bei den Skandinaviern, sondern auch bei den Deutschen. „Wir haben das Problem, dass viele Gastronomen wegen des Personalmangels in der Mittagszeit geschlossen haben und auch mehrere Ruhetage in der Woche einlegen. Wir wollen mit einer Imagekampagne gegensteuern“, so Carina Jahnke.

Campingplätze und Wohnmobilisten spielen eine wichtige Rolle im Tourismuskonzept

Auch die Campingplatzsituation haben die Touristiker im Blick. „Wir haben ähnlich hohe Übernachtungszahlen auf den Campingplätzen wie in den Beherbergungsbetrieben. Das ist ein wichtiger Faktor. Wir sind in Gesprächen mit den Kommunen, wo noch Stellplätze für Wohnmobile entstehen können, weil das ein wachsendes Segment ist“, ergänzt Günter Schmidt.

Insgesamt können Schmidt und sein Team auf eine sehr erfolgreiche Saison 2022 zurückblicken, auch wenn die endgültigen Zahlen erst bis zum September reichen. Die aktuellen Übernachtungszahlen liegen demnach knapp 10 Prozent unter dem Rekordjahr 2019. Mit 700.000 Übernachtungen (in der Statistik sind nur Herbergen mit mindestens zehn Betten aufgeführt) verzeichnete die HLMS in 2019 einen Allzeitrekord. Coronabedingt brachen die Zahlen in 2020 und im ersten Halbjahr 2021 wegen des Lockdowns massiv ein.

In der Gastronomie fehlen viele Fachkräfte

„Eine starke Nachfrage trifft in den Betrieben jedoch auf eine ausgedünnte Personaldecke. Und auch die stark gestiegenen Energiekosten stellen neue Probleme dar, die die Branche nach den Corona-Jahren zusätzlich zu bewältigen hat“, betont Carina Jahnke. Die Herzogtum Lauenburg Marketing und Service GmbH (HLMS) blickt dennoch zuversichtlich auf die neue Tourismussaison 2023.

508.304 Übernachtungen konnten in den Monaten Januar bis September in Betrieben mit zehn und mehr Betten gezählt werden. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Plus von gut 34 Prozent. Der landesweite Durchschnitt von rund 26 Prozent betont das gute Abschneiden der Region. Und noch ein Vergleich stimmt hoffnungsvoll: Das Rekordjahr 2019 weist im vergleichbaren Zeitraum rund 556.000 Übernachtungen aus. Das sind nur 10 Prozent mehr als 2022. Eine aktuelle Hochrechnung zum Jahresende lässt ein Ergebnis von 640.000 Übernachtungen vermuten.

„Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist jedoch von 3,9 auf 3,2 Tage gefallen. Es werden somit wieder mehr Gäste mit kürzeren Aufenthalten gezählt – auch das ist vergleichbar mit dem Vor-Corona-Jahr 2019“, sagt Günter Schmidt.

Ein wichtiger Faktor für Gastronomen ist die Aktion „Lauenburg’scher Teller“. 14 Betriebe nahmen Teil und boten ein spezielles Gericht mit Zutaten aus der Region an. „Diesen Aspekt mit den regionalen Nahrungsmitteln werden wir in der kommenden Saison stärker in den Fokus rücken“, betonte Günter Schmidt.

Spargelherzogin dankt ab – wer wird der Nachfolger oder die Nachfolgerin?

Die Spargelherzogin Charlott Possehl aus Schwarzenbek, die seit 2019 im Amt ist, konnte in diesem Jahr den regionalen und landesweiten Anstich wie gewohnt vornehmen. Für sie wird eine Nachfolgerin oder erstmals auch ein Nachfolger gesucht.

Trotz aller Erfolgsnachrichten, bleibt der Fachkräftemangel im Tourismus ein großes Thema. Um dem entgegenzuwirken, startete die HLMS im November 2021 mit dem ersten Fachkräftetag. Im Januar 2022 wurde eine Expertenrunde ins Leben gerufen, die sich aus touristischen Betrieben, Institutionen, der IHK und Schulen zusammensetzt. Ihr Ziel ist es, Probleme und Bedürfnisse der unterschiedlichen Akteure zu identifizieren und miteinander zu vernetzen. Gemeinsam werden Ideen entwickelt und Projekte auf den Weg gebracht.

Erster Azubi-Welcome-Tag

„Im September hatten wir den ersten touristischen Azubi-Welcome-Tag, bei dem die neuen Auszubildenden in der touristischen Familie des Herzogtums Lauenburg begrüßt wurden“, sagt Carina Jahnke. Auf unterschiedlichen Messen und Veranstaltungen der Berufsorientierung präsentierte die HLMS gemeinsam mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Herzogtum Lauenburg, dem Berufsbildungszentrum Mölln und den Auszubildenden die interessanten und vielfältigen Berufe des Gastgewerbes und des Tourismus.

Außerdem gab es erstmals in Ratzeburg in 9. Klassen eine Info-Veranstaltung über die Chancen in der Gastronomie. „Wir hatten Azubis dabei, es ist immer gut, wenn junge Leute zu jungen Leuten sprechen“, betont Carina Jahnke.

HLMS wird Ausbildungsbetrieb

Fachkräfte sollen aber auch im eigenen Hause ausgebildet werden. Aus diesem Grund hat sich die HLMS als Ausbildungsbetrieb bei der IHK aufnehmen lassen, die Ausbildereignung abgelegt und eine Ausbildungsstelle für Kaufleute für Tourismus und Freizeit ausgeschrieben. „Wir haben mehrere interessante Bewerbungen bekommen und freuen uns, jetzt einem Bewerber die Zusage erteilen zu können“, sagt Günter Schmidt.