Schüler aus Bargteheide und Bad Oldesloe fordern bei „Fridays for Future“ von Politikern verbindliche Umweltschutzmaßnahmen.

Wir ernten die Probleme, die ihr sät. So lautet einer der Sprüche auf den Plakaten, die Stormarner Jugendliche bei den „Fridays for Future“-Protesten in die Höhe halten. Mehr als 500 Schüler sind dabei, wenn Frederike Wrohn und Nils Bollenbach zum Schulstreik aufrufen. Die 17 Jahre alte Oldesloerin und der 18-Jährige aus Bargteheide sind Sprecher der Initiative in Stormarn. „Wir haben gezeigt, dass man uns ernst nehmen sollte“, sagen sie.

Sechs Kundgebungen hat das 15-köpfige Organisationsteam um die beiden seit Ende 2018 in Bad Oldesloe und Bargteheide geplant. „Über die Medien habe ich von der Idee hinter den Fridays for Future erfahren“, sagt Tom Petersen aus Bad Oldesloe, der seit Beginn dabei ist. „Ich wusste, dass das meine Zukunft betrifft“, sagt er.

Bei der ersten Kundgebung waren 500 Jugendliche dabei

Gemeinsam mit einigen Klassenkameraden organisierte der 18 Jahre alte Schüler der Ida-Ehre-Schule die erste Kundgebung. „Zwei Wochen später zogen 500 Jugendliche durch die Straßen.“ Es sei ein überwältigendes Gefühl gewesen, zu sehen, welche Relevanz der Umweltschutz für Jugendliche habe.

Es war die Geburtsstunde der Bewegung in Stormarn. „Seitdem haben wir uns weiterentwickelt, sind politischer geworden“, sagt Nils Bollenbach, der das Eckhorst-Gymnasium in Bargeheide besucht. Einen Katalog mit neun Forderungen haben die Aktivisten veröffentlicht.

„Wir wollen, dass sich die Kommunalpolitik stärker für die Energie- und Verkehrswende einsetzt und Waldflächen erhalten bleiben“, sagt Bollenbach. Dabei gehe es nicht immer um aufwendige Baumaßnahmen: „Wir reden hier über intelligente Ampelschaltungen, Fahrradwege mit ebener Oberfläche und abgesenkten Bordsteinen und mehr Abstellmöglichkeiten für Räder.“ Besonders vom Umland in die Städte sei das Radwegenetz unzureichend.

Mittlerweile sprechen sie oft mit Politikern

Vor allem gehe es aber um eine Sensibilisierung der Gesellschaft. Jeder könne auch im Kleinen etwas tun, etwa auf Plastiktüten verzichten oder das Auto häufiger einmal stehen lassen. „Wir erhalten viel Zuspruch, wenn wir zum Klimaschutz aufrufen, kaum einer ändert aber sein Verhalten“, beklagt Frederike Wrohn. Sie selbst sei naturverbunden aufgewachsen, wolle das auch ihren Kindern ermöglichen. „Wir möchten nicht, das irgendetwas verboten wird, aber die Menschen sollten vor dem Handeln nachdenken, welche Konsequenzen es für die Umwelt hat.“

An die Öffentlichkeit zu gehen, bringe eine große Verantwortung mit sich, sagt die 18-Jährige. Inzwischen sind Wrohn und Bollenbach regelmäßige Gäste im Rathaus, mehrfach luden Politiker die Jugendlichen zu Gesprächen in Ausschüsse ein. Im Juni sprach Frederike Wrohn sogar vor dem Kreistag, appellierte an die Politiker, wie von Grünen und Linken beantragt, den Klimanotstand für Stormarn auszurufen.

Wrohn: „Am Ende hat sich ein Gegenantrag von CDU, SPD und Freien Wählern durchgesetzt, mit dem Titel ,Wir haben verstanden!’“. Doch genau das bezweifelt die junge Aktivistin. „Den beschlossenen Maßnahmen fehlt jede Verbindlichkeit“, kritisiert sie. Sie solle lieber zur Schule gehen, um zu studieren und Elektroautos zu verbessern, habe ein Politiker ihr nach der Sitzung gesagt.

Die nächste Demonstration ist für den 20. September geplant

Viele Politiker begegneten den Jugendlichen offen, einige werteten das Engagement aber als persönlichen Angriff. Dabei solle es ein Appell sein, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen. „Ich weiß, dass ich Recht habe, das schützt mich vor Beschimpfungen“ , so die 17-Jährige. Die Kritik am Personenkult um die schwedische „Fridays for Future“-Initiatorin Greta Thunberg lässt Wrohn nicht gelten, sagt: „Wir sind keine Greta-Marionetten.“ Zweifelsfrei wäre die Bewegung ohne Thunberg nicht da, wo sie heute sei. „Dennoch haben wir eigenständige Ziele in Stormarn.“ An den Schulen erführen die Jugendlichen inzwischen viel Unterstützung. „Natürlich müssen uns die Lehrer unentschuldigte Fehlstunden eintragen, weil das Schulgesetz das so vorsieht“, sagt Bollenbach. Wegen einer kommenden Kundgebung wird er eine Klausur verpassen. „Ich muss mit null Punkten rechnen, aber das nehme ich in Kauf.“

Inzwischen diskutierten die Lehrer das Thema Umwelt aber verstärkt im Unterricht. Nils Bollenbach betont: „Man sollte auch berücksichtigen, dass wir durch die Organisation der Proteste viel Lebenserfahrung sammeln.“ So habe sich die Gruppe angeeignet, wie man eine Demonstration anmeldet. „Wie gelingt die Mobilisierung? Mit solchen Fragen befasst man sich vorher nicht.“ Derzeit organisieren die Jugendlichen die nächste Demonstration. Sie ist für den 20. September unter dem Motto „Klimaschutz geht uns alle an“ vor dem Bargteheider Rathaus geplant.