Gelebte Nachhaltigkeit: Verbraucher als Wirtschaftspartner sichern gerade kleineren Öko-Betrieben die Existenz.

Agrarwüsten, Insektensterben, brennende Regenwälder, Fleischskandale – diese Auswüchse einer global tätigen Agrarindustrie und einer europäischen Politik, die auf Masse setzt und kaum auf das Wohl von Tieren und Umwelt lehnen viele Menschen ab.

Einige von ihnen bevorzugen Bio-Produkte, andere kaufen regional ein oder versorgen sich so weit wie möglich direkt in Hofläden. Manche Verbraucher gehen noch weiter und machen mit dem Bauernhof ihres Vertrauens gemeinsame Sache.

Im Netzwerk Solidarische Landwirtschaft schließen sich landwirtschaftliche Betriebe und Verbraucher zusammen, um gemeinsam den Hof zu bewirtschaften. Die Kunden zahlen zu Jahresbeginn oder monatlich einen Beitrag, der die geschätzten Jahreskosten des Betriebs deckt.

Vielfalt spiegelt sich auf den Feldern und (Obst-)wiesen wider

Im Gegenzug erhalten sie die Ernte, werden wöchentlich mit frisch erzeugten Lebensmitteln versorgt – je nach Hof mit Obst, Gemüse oder auch mit verarbeiteten Produkten wie Käse und Brot. Basis für ein gedeihliches Miteinander ist eine große Produktpalette des Hofes. Diese Vielfalt spiegelt sich auf den Feldern und (Obst-)wiesen wider.

Die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) kennt nur Gewinner: Die Erzeuger können mit einem festen Einkommen kalkulieren, sind unabhängig von Preisentwicklungen am Markt und weniger anfällig gegenüber Witterungsrisiken.

Kundschaft erhält maximal frische Ware

Die Kundschaft erhält im Gegenzug maximal frische Ware aus der Region, kennt den Betrieb, der sie produzierte, und erfährt viel über den Landbau und die Herstellung von Lebensmitteln.

Der bundesweit größte im Netzwerk ist der Kattendorfer Hof östlich von Kaltenkirchen. „Wir machen Solawi seit 20 Jahren“, sagt Maie von Mirbach, die den Vertrieb leitet. „Damals hatten wir den Hof erst seit fünf Jahren gepachtet.

Als die Getreidepreise in den Keller gingen, funktionierte unser Finanzierungskonzept nicht mehr. Um zu überleben haben wir uns nach Alternativen zum klassischen Wirtschaften umgesehen. Wir waren der zweite Betrieb in Deutschland, der mit der Solawi begann. Wir kennen viele unserer Mitglieder, haben eine ganz andere Beziehung zu den Abnehmern unserer Produkte.“

Der Kattendorfer Hof liefert seinen Finanziers zwei Varianten von Ernteanteilen, vegetarisch oder fleischhaltig. Und er betreibt vier Hofläden: vor Ort sowie in Barmbek, Eimsbüttel, in der Schanze. Der 435-Hektar-Hof lässt sich auch gern helfen und ruft zu Mitmach-Aktionen auf. Am kommenden Sonnabend steht die Kartoffelernte an.

Aktionäre helfen kleinen Öko-Betrieben

Im Landkreis Harburg haben sich mehrere Bio-Betriebe zur Solidarischen Landwirtschaft Nordheide zusammengeschlossen. Sie bauen Gemüse an, im Freiland und in Treibhäusern. Mit Verteilerstellen in Buchholz, Wistedt und Seevetal decken sie die Region ab. Doch das reichte noch nicht. Deshalb gibt es seit 2018 weitere Depots in Wilhelmsburg und im Bezirk Harburg.

Einen anderen Weg geht die Regionalwert AG. Sie sammelt Aktionäre und investiert das eingezahlte Kapital in Kleinbetriebe mit Finanzbedarf.

„Wir werden zum Mitinhaber der Betriebe“, sagt Ulf Schönheim vom Vorstand der Regionalwert AG. 850 Aktionäre zählt das kleine Unternehmen, an sieben Betrieben in Hamburg und Umgebung ist es beteiligt (inklusive zwei eigener Tochterunternehmen). In den nächsten Wochen sollen drei weitere hinzukommen.

Regionalwert AG ist Teilhaberin der Markthalle Hobenköök

Die Regionalwert AG ist Teilhaberin der Markthalle Hobenköök im Oberhafenquartier. Hier sind auch Produkte der unterstützten Biohöfe zu finden. Zudem handeln oder verarbeiten viele der gut 30 Lizenzpartner, die dem Regionalwert-Netzwerk beigetreten sind, Produkte aus diesen Betrieben.

Dadurch und bei den jährlichen Aktionärsversammlungen kommen die Investoren mit „ihren“ Höfen in Kontakt. Schönheim: „Die häufigste Frage, die mir Aktionäre stellen, lautet: Wo kann ich die Produkte meines Hofes erwerben und ihn auch auf diese Weise unterstützen?“

Wer gern selbst Hand anlegt, kann sich auf einem angemieteten Beet sein Gemüse beim Landwirt groß ziehen. Zum Beispiel auf dem Bioland-Gut Wulksfelde über das Portal www.ackerhelden.de. Oder über www.gaertnernmachtgluecklich.de.

Mitmachgartenbau in den Vier- und Marschlanden

Hier haben sich drei Höfe zusammengetan, zwei davon aus dem Raum Hamburg: der Schäferhof in Appen bei Pinneberg und der Hof von Familie Facklam in Hamburg-Fischbek. Die Hobbygärtner übernehmen von Mai bis Oktober gegen einen Saisonbeitrag von 198 Euro ein Stückchen Ökoland. Die Profis haben dort zuvor etwa 25 Gemüsesorten eingesetzt, die dann gehegt, gepflegt und geerntet werden.

Wem das zuviel Arbeit ist, der kann auch nur Ernten – vom Obst zum Selbstpflücken bis zum „Mitmachgartenbau“ von Gemüse, Obst und Kräutern der Familie Holster/Schumacher in den Vier- und Marschlanden (www.mitmachgartenbau.de).