Neu Wulmstorf/Elstorf. B3/Ortsumgehung Elstorf: Anwohner fühlen sich getäuscht und befürchten Lärm und Raserei. Aber ist der Bau überhaupt noch bezahlbar?
Es wird gar keine Ortsumgehung für das verkehrsgeplagte Elstorf – es wird ein Autobahnzubringer zwischen der A1 und der bald fertiggestellten A26 bis Hamburg. Davon sind jedenfalls einige Anwohner in Nachbarschaft zur künftigen Trassen der B3/Ortumgehung Elstorf überzeugt und äußerten sich dahingehend bei der Sitzung des Verkehrsausschusses der Gemeinde Neu Wulmstorf. „Ihr habt uns getäuscht“, sagte eine Anwohnerin, deren Haus ganz in der Nähe des Mega-Straßenbauprojekts stehen würde.
Wichtige Pendlerstrecke bei Hamburg: Ist bei Elstorf ein Autobahnzubringer geplant?
„Sie haben mit einer Ortsumfahrung geworben. Jetzt ist es ein teilweise dreispuriger Autobahnzubringer, auf dem mit 100 km/h gerast werden kann – und nichts anderes“, kritisierte die Anwohnerin. Das war starker Tobak für die beiden Vertreter der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV), die extra zur Ausschuss-Sitzung nach Elstorf gekommen waren, um einen Sachstandsbericht zum Fortgang des Projektes „B3/Ortsumgehung Elstorf“ zu geben und einen Fragenkatalog von Anwohnern zu beantworten.
Die zuständige Behörde legt seit Planungsbeginn im Jahr 2018 sehr viel Wert auf einen „umfangreichen Bürgerdialog“, um die Akzeptanz für das Straßenbauprojekt voranzutreiben.
Wichtige Pendlerstrecke und viel Schwerverkehr
Die geplante B3/Ortsumgehung Elstorf soll westlich von Neu Wulmstorf bis südlich von Elstorf verlaufen und endet an der Rosengartenkreuzung, die völlig neu gestaltet wird. Der Streckenabschnitt in dem etwa 800 Hektar großen Planungsgebiet ist insgesamt 6,75 Kilometer lang und soll rund 100 Millionen Euro kosten.
Der B3 kommt als Achse zwischen der A26 und der A1 sowie zwischen Buxtehude und Soltau eine besondere Verbindungsfunktion in der Region zu. Seit der Eröffnung der A26 bis Neu Wulmstorf spüren die Anwohner in Neu Wulmstorf und den anliegenden Ortschaften dies noch einmal deutlicher – sie klagen allerdings schon lange über den starken Verkehr in ihren Ortsdurchfahrten.
Ortsumgehung soll Entlastung für Ortskern bringen
Das soll sich laut Planung mit dem Bau der B3/Ortsumgehung Elstorf ändern: „Die geplante Ortsumgehung wird die vorhandene B3 und damit die Ortsdurchfahrt Elstorf stark entlasten, da sich ein Großteil des Verkehrs auf die Ortsumgehung verlagert“, ist Annette Padberg von der NLStBV überzeugt. In der südlichen Ortslage von Elstorf werde es eine Entlastung von bis zu 13.500 Fahrzeugen am Tag geben.
Zu dicht an der Wohnbebauung: Klagen drohen
Doch Anwohner kritisieren, dass die Strecke viel zu dicht am Elstorfer Westen vorbeiführt und teilweise nur in einer Entfernung von 130 bis 250 Meter an ihren Wohnhäusern verläuft. Wie das Abendblatt erfuhr, gibt es wohl vier Parteien, die eine Klage gegen das Projekt anstreben. Es geht nun in die entscheidende Phase, wie Padberg berichtete: Ende diesen Jahres soll demnach das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden, für 2026 wird der Planfeststellungsbeschluss erwartet und im Frühjahr soll möglichst mit dem Bau der Straße begonnen werden – wenn die Finanzierung steht, wie Padberg sagte.
Wenn das Geld fehlt, könnte das Projekt noch platzen
Diese Anmerkung ließ die Anwesenden aufhorchen: Planung seit 2018 und möglicherweise fließt kein Geld für die Umsetzung? Oder nicht ausreichend genug? Angesichts leerer Kassen beim Bund dürfte so ein Szenario keine völlig unrealistische Vorstellung sein. Die Behörden schafften es ja noch nicht einmal, der Instandhaltung des bestehenden Straßennetzes nachzukommen, so knapp sei das Geld, merkte ein Zuhörer bei der Ausschusssitzung an.
Droht Neu Wulmstorf der Elbtower im Straßenbau?
„Natürlich hängt der Baubeginn von den Finanzmittel ab“, bekräftigte Padberg ihre Aussage. Der Bau der B3/Ortsumgehung Elstorf habe aber eine hohe Priorität. „Die erste Voraussetzung muss allerdings die Planfeststellung sein“, so die Projektbereichsleiterin des Geschäftsbereichs Lüneburg der NLStBV.
Den Mitgliedern der Bürgerinitiative Elstorf West, die die Trassenführung nahe ihrer Domizile verhindern möchten, käme es entgegen, wenn die Finanzierung des 100-Millionen-Euro-Projekts scheitern würde: „Natürlich hoffen wir alle, dass die Gelder vom Bund für die ausgewählten Variante nicht zur Verfügung stehen werden“, sagte Jan Svensson von der Bürgerinitiative dem Abendblatt. „Und was passiert eigentlich, wenn nur ein Bauabschnitt freigegeben wird?“, fragte Svensson weiter, weil Bauabschnitt 2 und Bauabschnitt 3 unterschiedliche Prioritäten haben. Wird das dann Elbtower beim Straßenbau?
Anwohner an der A1 in Rade „saufen jetzt schon ab“
Ein weiteres Problem beschäftigt die Anlieger an der B3 in Rade und Mienenbüttel. Denn ab der Rosengartenkreuzung bis zur A1-Auffahrt in Rade sind keine Folgemaßnahmen geplant, um den Verkehrsfluss einzuschränken oder zumindest zu optimieren. „Dabei saufen wir heute schon ab. Was wollen Sie tun, damit die Rader nicht sang- und klanglos untergehen?“, fragte eine Anwohnerin in Richtung Padberg. „Wir können unsere Planungen nicht ausdehnen bis an die A1. Unser Auftrag endet an der Rosengartenkreuzung“, antwortete Padberg und äußerte großes Verständnis für die Anwohner:
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„Aber letzlich bleibt Ihnen nichts anderes, als den Weg über die Politik zu suchen.“ Die politischen Vertreter müssten dafür kämpfen, dass die B3 in Rade ebenfalls in den Bundeswegeplan aufgenommen wird – erst dann werde eine Planung überhaupt erst realistisch.
„Behörde fährt sehenden Auges in den Verkehrsinfarkt“
„Bei der Veranstaltung wurde wieder deutlich, dass hier ohne Empathie und Weitblick gearbeitet wird“, lautete das Fazit von Jan Svensson. Ein Beispiel dafür sei der Umgang mit der Problematik in Rade und Mienenbüttel: „Hier wird sehenden Auges in den Verkehrsinfarkt gefahren. Eine Behörde, die diese Probleme sieht und zudem mehrfach darauf aufmerksam gemacht worden ist, aber nicht darauf reagiert, weil es nicht zu ihrem Auftrag gehört – das ist schon sensationell“, sagte Svensson.