Buxtehude. Nächste Eskalationsstufe im Streit um die Geisterauffahrt im Landkreis Stade: Fraktion will Planungen jetzt ganz stoppen. Hat sie Chancen?
Sie sorgt bundesweit für Schlagzeilen und Aufsehen: die Geisterauffahrt an der A26 in Buxtehude. Zwar hat Buxtehude seit der Fertigstellung des Autobahnteilstücks von Jork nach Neu Wulmstorf im Februar 2022 eine eigene Autobahnauffahrt zur A26. Aber die darf nicht genutzt werden und ist für den allgemeinen Autoverkehr gesperrt. Denn wegen Anwohnerklagen und aufgrund von Planungsfehlern des zuständigen Landkreises Stade kann die Rübker Straße (Kreisstraße 40) nicht zu einer Zubringerstraße ausgebaut werden. Das Abendblatt berichtete mehrfach.
Autobahn im Ort, aber drauffahren geht nicht
Das heißt: Die Buxtehuder haben eine Autobahn vor der Haustür, aber dürfen sie nicht direkt in ihrem Wohnort befahren. Das verärgert vor allem Pendler und die Wirtschaft in der Hansestadt. Auch die Anwohner an den nächsten Zufahrtsstraßen zu den A26-Anschlussstellen in Jork und Neu Wulmstorf sind alles andere als begeistert von der Buxtehuder Geisterauffahrt. Ihr Frust hat kein absehbares Ende: Zwar hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg bei seinem jüngsten Urteil nicht ausgeschlossen, dass die Rübker Straße doch noch ausgebaut werden darf, wenn die Planungen entsprechend nachgebessert würden. Doch bis zu einem Baustart dürften noch viele Jahre verstreichen und weitere Klagen drohen.
Linke will Pläne für Zufahrt über Rübker Straße verwerfen
Jetzt will die Fraktion der Linken im Kreistag die Planungen für den A26-Zubringer endgültig beenden. Sie hat einen Antrag gestellt, mit dem die bisherigen Planungen einer Zufahrt zur Autobahn über die Rübker Straße verworfen werden sollen und die Kreisverwaltung zügig eine neutrale Prüfung der weiteren vorliegenden A26-Zubringer-Varianten vornehmen soll.
Fraktionschef nimmt Kreisverwaltung in die Verantwortung
Seit Jahren sei die Kreisverwaltung durch viele Gutachten darauf hingewiesen worden, dass die Zubringer-Planungen der Behörde über die Rübker Straße massive Fehler aufweise, heißt es in dem Antrag. Die Rübker Straße sei aus vielen verschiedenen Gründen nicht als Zubringer eignet. Doch das permanente und nicht nachvollziehbare Beharren der Kreisverwaltung auf die Variante Rübker Straße habe zu jahrelangen Verzögerungen geführt. „Dafür trägt die Kreisverwaltung die Verantwortung“, so Linken-Fraktionschef Benjamin Koch-Böhnke.
„Städteplanerisch und infrastrukturell eine Katastrophe“
Seiner Auffassung nach ist die Rübker Straße als Autobahnzufahrt als alleinige Lösung keine Option. „Hier müssen dringend noch weitere Varianten geprüft werden. Die Rübker Straße ist städteplanerisch und infrastrukturell eine Katastrophe, daher sind verschiedene Umgehungsvarianten zu prüfen“, so Koch-Böhnke in den Vorberatungen des Antrags im Bau- und Wegeausschuss des Landkreises.
Linke bezeichnet Planungen der Verwaltung als „Murks“
Die Linke habe bereits vor vielen Jahren gesagt, dass die Planungen der Kreisverwaltung „Murks“ seien, heißt es in dem Antrag weiter: „Es ist jetzt - nach zwei für die Kreisverwaltung verheerenden Gerichtsurteilen - an der Zeit, dass auch die Kreisverwaltung den Tatsachen ins Auge blickt, und den „Planungsmurks“ des Zubringers Rübker Straße endlich beendet!“ Die gerichtlichen Niederlagen sollten die Kreisverwaltung endlich dazu bewegen, die bisherigen Planungen des A26-Zubringers über die Rübker Straße zu verwerfen und statt dessen das in die Wege leiten, wozu die Verwaltung von Anfang an verpflichtet gewesen wäre: Eine neutrale Prüfung auch der weiteren vorliegenden Zubringer-Varianten, fordert die Linke.
„Intransparente Pendel-Diplomatie schließt Menschen aus“
Koch-Böhnke erinnert Landrat Kai Seefried (CDU) daran, dass dieser erklärt habe, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts zu akzeptieren - wie auch immer es ausfallen würde. Seefried hatte das Amt erst mitten im Streit um den A26-Zubringer übernommen. Die vom Gericht kritisierten Planungsfehler passierten vor seiner Amtszeit. Koch-Böhnke kritisierte auch die Transparenz und Bürgerbeteiligung vonseiten des Landrats und bezeichnet sie als „intransparente Pendel-Diplomatie, bei der die meisten Menschen ausgeschlossen sind“. „Statt jetzt wieder viel Geld für weitere Gutachten auszugeben sowie viele weitere Jahre zu verschwenden, um zu versuchen, die massiven Fehler der bisherigen Planungen des Zubringers durch die Rübker Straße zu minimieren, und dann doch wieder gerichtlich damit zu scheitern, sollte die Zubringer-Variante über die Rübker Straße endgültig verworfen und eine neutrale Prüfung der anderen Varianten vorgenommen werden“, fordert er im Namen der Linke-Fraktion.
Die Grünen unterstützen den Antrag der Linken
Der Antrag wird bei der nächsten Sitzung des Kreistages am Montag, 17. Juni, beraten. Er dürfte chancenlos sein, weil das Ansinnen der Linken bereits im Bau-und-Wege-Ausschuss lediglich von den Grünen unterstützt wurde, die den Ausbau der Rübker Straße zum A26-Zubringer grundsätzlich ablehnen. Alle anderen Fraktionen betonen immer wieder die Notwendigkeit, dass Buxtehude unbedingt einen Autobahn-Anschluss benötige und die Auswahl einer anderen Variante weitere zeitliche Verzögerungen und neue Konflikte auslösen würde.
Kreisverwaltung hält an den Planungen fest
Auch die Kreisverwaltung hält an den Planungen fest. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg habe grundsätzlich festgelegt, dass der Planfeststellungsbeschluss formell rechtmäßig sei, aber unter Abwägungsmängeln leide, legte die zuständige Kreisbaurätin Madeleine Pönitz dar. „Daher wurde das Urteil auch nicht aufgehoben, so wie es das Verwaltungsgericht Stade getan hatte“, so Pönitz.
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Somit sei dem Landkreis Stade die Möglichkeit der Nachbesserung eingeräumt. Deshalb solle die vorhandene Planfeststellung durch entsprechende Ingenieur-Büros nachgearbeitet werden, um die Mängel zu beseitigen und einen Planänderungsbeschluss herbeizuführen. Wie mehrfach berichtet, betreffen die vom OVG bemängelten Abwägungsfehler unter anderem die Breite der Anliegerstraßen, die Parkplatzproblematik bei einzelnen betroffenen Grundstücken, die Möglichkeit der Reduzierung des Baulärms sowie Themen des Verkehrslärms.
Erstmal müssen neue Verkehrsprognosen her
Laut Pönitz ist als nächster Schritt die Aktualisierung der Verkehrsprognose mit Horizont 2030 geplant. „Hierzu muss noch ein Leistungsverzeichnis erstellt werden. So müssen der Baulärm, Verkehrslärm, die Knotenpunkte, eventuell geänderte Verkehrszahlen und weiteres neu betrachtet werden, damit die Unterlagen neu aufgearbeitet werden“, erklärte Pönitz. Mit den geänderten Unterlagen werde dann die Einleitung eines Ergänzungsverfahrens bei der Planfeststellungsbehörde auf den Weg gebracht. „Hierzu wird es selbstverständlich eine Öffentlichkeitbeteiligung geben“, sagte die Kreisbaurätin.
Planungskosten in Höhe von 500.000 Euro
Ein genauer Zeitplan für die notwendigen Abläufe sei momentan schlecht abzuschätzen, da man von den entsprechenden Planungsbüros abhängig sei. „Es wird heute von einem Zeitstrahl von grob zwei bis drei Jahren ausgegangen“, so Pönitz. Für die Planungskosten stehen im Haushalt des Landkreises 500.000 Euro zur Verfügung, die die Verwaltung derzeitig als ausreichende Summe einschätzt.