Winsen. Im Kreis Harburg entstehen hunderte Einzel-, Reihen- und Mehrfamilienhäuser. Gebiet wird von grünen Achsen durchzogen. Das ist geplant.

  • Nahe der A39 plant die Stadt Winsen ein großes Neubaugebiet für bis zu 1000 Personen
  • Vielfalt der Gebäude soll Senioren, Familien und Golden Ager gleichermaßen ansprechen
  • In der Nachbarschaft regt sich Kritik an den ersten Plänen, vor allem wegen der Zuwegung

Einen idyllischen Namen, verbunden mit der Assoziation von jeder Menge Grün, hat sich das Hamburger Planungsbüro „Architektur und Stadtplanung“ für ein großes Neubaugebiet in der Stadt Winsen ausgedacht: „Wohnen im Winsener Kleeblatt“. Im Amtsdeutsch aus dem Winsener Rathaus ist nüchterner von der Bauleitplanung „Winsener Wiesen Nordwest“ oder auch dem Bebauungsplan Nr. 36c die Rede.

Neubaugebiet auf der grünen Wiese bietet Platz für bis zu 1000 Neubürger

Welche sprachliche Variante man favorisiert, eines ist klar: Es wird noch ein sehr langer Weg, bis die ersten von bis zu 1000 Neubürgern am Winsener Stadtrand wohnen werden. Und es wird viele Diskussionen um die inhaltliche Ausgestaltung des Neubaugebietes geben. Das war bereits im Januar nach der Sitzung des städtischen Planungsausschusses deutlich geworden.

Das wurde auch einige Monate später deutlich, als die Stadt Winsen unter der Überschrift „Frühzeitige Bürgerbeteiligung“ zu einem Informationsabend in die Hanseschule eingeladen hatte. Knapp 100 Interessierte kamen, vor allem aus den längst bezogenen Wohngebieten der Winsener Wiesen.

Stadt Winsen, Neubaugebiet, Winsener Wiesen
Über die Astrid-Lindgren-Straße, aufgenommen am eher verkehrsarmen Nachmittag, soll der gesamte Verkehr des geplanten Neubaugebiets „Winsener Wiesen Nordwest“ rollen. © HA | Markus Steinbrück

Das Funktionskonzept „Wohnen im Winsener Kleeblatt“ trägt diesen Namen, weil sich das entstehende Quartier in vier, etwa gleich große Teilquartiere unterteilt. In der Mitte dieses Kleeblatts ist ein zentraler Platz mit Bushaltestelle geplant. „Im Idealfall auch mit Eisdiele, Bäckerei und hoher Aufenthaltsqualität“, sagte Stadtplaner Christoph Stellmacher bei der Vorstellung der Pläne.

Das geplante Kleeblatt besteht aus vier, etwa gleich großen Teilquartieren

Das Gebiet wird von grünen Achsen durchzogen. Gebaut wird nach dem Schwammstadt-Modell, wonach Regenwasser vor Ort bleibt und auf diese Weise dem Grundwasser zugeführt wird. In Richtung der Randbereiche, wo sich an zwei von vier Seiten landwirtschaftliche Flächen anschließen, wird die Bebauung niedriger.

Stadt Winsen, Neubaugebiet, Winsener Wiesen Nordwest
So sieht nach den Vorstellungen des Büros „Architektur und Stadtplanung“ die Ausgestaltung des Neubaugebiets „Winsener Wiesen Nordwest“ aus.  © HA | Markus Steinbrück

In der vorgestellten Variante sind auf einer Fläche von 8,4 Hektar insgesamt 41 Einfamilien- und Doppelhäuser, 36 Reihenhäuser und 282 Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern geplant. In Summe bis zu 360 Wohneinheiten, die bei einer durchschnittlichen Dreifachbelegung mühelos 1000 neue Bewohnerinnen und Bewohner im Nordwesten der Kreisstadt Winsen ergeben. Die Mehrfamilienhäuser sollen nicht höher werden als zwei Vollgeschosse plus ein Sockelgeschoss.

Wohnen bei Hamburg: Breites Angebot für Senioren, Familien und Golden Ager

Grundsätzlich gilt: „Das ist ein erster Vorschlag. Wir wollen ein breites Angebot machen, das sich an Senioren, Familien und Golden Ager richtet“, sagte Stellmacher. Das neue Baugebiet „Winsener Wiesen Nordwest“ ist die logische Fortschreibung der ersten beiden Bauabschnitte im Bereich zwischen der Kernstadt und den Ortsteilen Stöckte beziehungsweise Gehrden.

Stadt Winsen, Neubaugebiet, Winsener Wiesen Nordwest
Harald Horster (links), Leiter des städtischen Geschäftsbereichs Stadtplanung und Bauordnung, und Christoph Stellmacher (rechts) vom Büro „Architektur und Stadtplanung“ stellen die Planungen vor. © HA | Markus Steinbrück

Bis zum Jahr 2000 war der Bereich „Winsener Wiesen Ost“ rund um die Pritzwalker Straße (13 Hektar entlang der Hoopter Straße) entwickelt worden. Bis 2013 folgte der Bereich „Winsener Wiesen Süd“ rund um die Astrid-Lindgren-Straße (14,4 Hektar, unweit des Gehrdener Deiches, Kreisstraße 86). Im letztgenannten Gebiet, konkret am Michael-Ende-Weg, übergab die Kommunale Wohnungsbaugesellschaft (KWG) für den Landkreis Harburg im Januar 2024 ein Mehrfamilienhaus mit 29 Wohneinheiten.

Vermutung: „Bis gebaut werden kann, vergehen bestimmt fünf bis acht Jahre“

Zurück zum Kleeblatt: Der politische Aufstellungsbeschluss sei im Herbst 2022 gefasst worden, teilte Harald Horster, Leiter des städtischen Geschäftsbereichs Stadtplanung und Bauordnung, mit. Eigentümer der Flächen seien eine Projektgesellschaft mit zwei Eigentümern sowie die Stadt Winsen. Die Parteien hätten einen städtebaulichen Vertrag abgeschlossen.

„Auch wenn noch viele Themen offen sind, hat das Baugebiet hohe Priorität“, so Horster. Nach seiner Einschätzung dauere es gut und gern noch drei Jahre, bis eine verbindliche Bauleitplanung vorhanden sei. „Bis tatsächlich gebaut werden kann, vergehen bestimmt fünf bis acht Jahre – eher mehr“, ergänzte Stadtplaner Stellmacher.

Stadt Winsen befragt die Anwohner: Zuwegung ist der größte Kritikpunkt

Die Stadt Winsen hatte sich für eine frühzeitige Bürgerbeteiligung entschieden. „Weil es sich um ein größeres Gebiet handelt und in der Politik unterschiedliche Vorstellungen über die konkrete bauliche Entwicklung der Flächen bestehen“, so Stadtsprecher Theodor Peters. Die Anwohner im Süden stören sich in erster Linie daran, dass die komplette Zuwegung über die Astrid-Lindgren-Straße erfolgen soll.

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Das geplante Neubaugebiet „Winsener Wiesen Nordwest“ (geradeaus im Hintergrund) soll seine Zuwegung durch eine Verlängerung der Astrid-Lindgren-Straße erhalten. © HA | Markus Steinbrück

Von der Pritzwalker Straße im Osten ist nach derzeitigem Stand nur eine Zufahrt für HVV-Busse und Rettungsfahrzeuge angedacht. Auch Mittelster Weg, Bodelschwinghstraße oder Gehrdener Deich im Westen spielen momentan keine Rolle.

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„Schon jetzt muss man in der Astrid-Lindgren-Straße zickzack um parkende Autos herumfahren“ und „auf dieser Autobahn hält sich kaum jemand an Tempo 30“ waren zwei Aussagen aus dem Plenum. Wenn dann zunächst jahrelanger Baustellenverkehr und später die An- und Abfahrt von etwa 350 Wohneinheiten hinzukomme, sei die verkehrliche Situation erst recht unzumutbar, so die Kritik.

Gutachten zum Neubaugebiet: Lärm und Verkehr halten Grenzwerte ein

Zwei Gutachten zur schalltechnischen und verkehrstechnischen Verträglichkeit hatten indes ergeben, dass die zulässigen Grenzwerte durch zusätzlichen Autoverkehr nicht überschritten werden. Demnach seien Schallschutzmaßnahmen nicht erforderlich. Für die Anwohner der „Winsener Wiesen Süd“ eine mit Blick auf die Zahlen schwer nachvollziehbare Argumentation.

Beim Minimalansatz von 256 neuen Wohneinheiten errechneten die Gutachter 1366 Fahrzeugbewegungen pro Tag, beim Maximalansatz von 400 neuen Wohneinheiten kamen sie auf 1788 Autos pro Tag – wohlgemerkt zusätzlich zum heutigen Verkehrsaufkommen.

Stadt Winsen, Neubaugebiet, Winsener Wiesen Nordwest
Fast 100 Anwohnerinnen und Anwohner nahmen an der Informationsveranstaltung in der Hanseschule teil. Sie nutzten die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Kritik zu äußern. © HA | Markus Steinbrück

Bereits im ersten Halbjahr 2024 zeichnet sich ab, dass noch viele Diskussionen – in politischen Gremien sowie mit Bürgerinnen und Bürgern – erforderlich sein werden, bis das „Winsener Kleeblatt“ irgendwann in voller Pracht wird erstrahlen können.