Winsen. Kommunale Wohnungsbaugesellschaft baut in einem Winsener Neubaugebiet erstmals 28 Sozialwohnungen. Andernorts sollen weitere folgen.
Hoch über dem Grundstück schwebt eine Wand. Sie hängt am Haken eines großen Baukrans am Michael-Ende-Weg in Winsen. Arbeiter beobachten den Prozess aufmerksam, geben dem Kranfahrer Zeichen. Ein Bauteil nach dem anderen wird auf diese Weise zusammengefügt und mit Beton verbunden. Maurer sind auf der Baustelle der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft (KWG) für den Landkreis Harburg nicht zu sehen. Hier entsteht mitten in einem Winsener Neubaugebiet ein Gebäude mit insgesamt 1748 Quadratmetern Wohnfläche in Modulbauweise.
Es ist eine Premiere: Mit diesem Bauprojekt in der Kreisstadt steigt die KWG erstmals in den Sozialen Wohnungsbau ein. Sie baut auf dem 2590 Quadratmeter großen Grundstück in den Winsener Wiesen insgesamt 28 Sozialwohnungen sowie eine Gemeinschaftsfläche für die späteren Bewohner. Die Arbeiten, die von der Firma Goldbeck durchgeführt werden, gehen dank der Modulbauweise zügig voran.
Das ist auch nötig, denn der Druck auf den Wohnungsmarkt im südlichen Hamburger Speckgürtel ist groß. Vor allem bezahlbarer Wohnraum wird im Landkreis Harburg dringend benötigt. Der Fokus der Wohnungsbaugesellschaft, zu deren Gesellschafter alle Landkreisgemeinden bis auf Tostedt, Hollenstedt und Stelle zählen, liegt zwar ohnehin nicht auf der Erstellung von Luxusimmobilien, sondern im Bau von bezahlbaren Wohnungen in den beteiligten Gemeinden und Städten. Doch Sozialwohnungen wurden bis dato noch nicht erstellt.
Insgesamt sind seit Gründung der KWG vor sechs Jahren 138 Wohnungen entstanden
Insgesamt sind seit der Gründung der KWG vor sechs Jahren 138 Wohnungen entstanden, in denen Wohnen für einen Quadratmeterpreis von aktuell 8,70 Euro pro Quadratmeter angeboten wird. Die Zahl der Wohnungen ist viel zu gering, um die angespannte Situation zu entschärfen, wie Joachim Thurmann, Geschäftsführer der KWG, bereits Anfang des Jahres in einem Gespräch mit dem Abendblatt unterstrichen hatte.
Zumal 8,70 Euro Kaltmiete für zunehmend mehr Wohnungssuchende immer noch zu hoch sind. „Deshalb brauchen wir dringend mehr Sozialwohnungen“, wiederholte Thurmann seine Forderung anlässlich des Baustarts in Winsen. Der Druck auf dem Wohnungsmarkt sei auch vor dem Hintergrund von Inflation, der Flüchtlingssituation, steigender Zinsen und explodierender Baukosten riesig und betreffe besonders Menschen mit einem niedrigen Einkommen.
Sozialwohnungen werden für eine Kaltmiete von 6,10 Euro pro Quadratmeter vergeben
Die Sozialwohnungen in Winsen werden aufgrund der Förderung für eine Kaltmiete von 6,10 Euro pro Quadratmeter vergeben werden, mit einer Mietpreisbindung für die ersten Jahre. Der Neubau wird im Rahmen der allgemeinen Mietwohnraumförderung durch die NBank, die im Auftrag des Landes Niedersachsen unter anderem Kommunen beim Sozialen Wohnungsbau unterstützt, mit einem zinsfreien Darlehen über 35 Jahre gefördert. Außerdem erhielt die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises einen Energieeffizienz-Zuschuss von der Förderbank KfW.
„Hier werden Menschen bald ein solides und gutes Zuhause finden“, sagte Kai Uffelmann. Er dankte der Stadt Winsen, die den Bau über die Zurverfügungstellung der Fläche erst ermöglicht habe. „Wir können das hier außerdem nur umsetzen, weil sich die Förderkulisse für den sozialen Wohnraum geändert hat. Das hier wird kein Groschengrab. Das Projekt muss sich auf Dauer tragen“, so Uffelmann.
Fertigstellung des Gebäudes am Michael-Ende-Weg ist für Anfang 2024 geplant
Die Fertigstellung des neuen Gebäudes am Michael-Ende-Weg ist für Anfang 2024 geplant. Der Rohbau soll dank der Modulbauweise bereits in wenigen Wochen stehen. „Im Vergleich zur konventionellen Bauweise benötigen wir nur etwa die Hälfte der Bauzeit“, sagte Thurmann. Die Module, die in Baden-Württemberg seriell hergestellt werden, können schnell verbaut werden. „Der Vorteil ist eine sehr kurze Erstellungszeit bei einer hohen Qualität, die heute nicht mehr von einer konventionellen Bauweise zu unterscheiden ist“, so Thurmann. Selbst die Fertigbäder würden als vorgefertigte Raumzellen geliefert.
Die Wohnungen sind zwischen 50 und 87 Quadratmeter groß und haben zwei bis vier Zimmer. Es gibt drei Drei-Zimmer-Wohnungen mit 62 Quadratmeter für Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Alle anderen Wohnungen sind als „barrierearm“ deklariert, es gibt Aufzüge über alle Etagen.
Jede Wohnung verfügt über einen Balkon oder eine Terrasse sowie über einen Stellplatz
Jede Wohnung verfügt über einen Balkon oder eine Terrasse sowie über einen Abstellraum und einen Stellplatz. Eine der insgesamt 29 Wohnungen wird als Gemeinschaftsfläche vorgehalten, für die es bereits verschiedene Nutzungsideen gibt – etwa für Beratungsangebote, Familienfeiern oder Nachbarschaftstreffen.
Die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises wird die Wohnungen vermieten. Das Angebot richtet sich ausschließlich an Mieter mit Wohnberechtigungsschein. Dieser kann bei der Stadt Winsen als zuständiger Wohnraumförderstelle beantragt werden. „Man sollte sich nicht scheuen nachzufragen“, so Thurmann. „Diesen Schein bekommen mehr Menschen, als man zunächst vielleicht denkt.“
Auch andere Kommunen im Kreis müssten jetzt schnellstens mehr Bauland für Sozialwohnungen ausweisen und die Bauämter den Turbo einschalten, forderte der KWG-Geschäftsführer.
Projekte sollen auch in Buchholz und Neu Wulmstorf umgesetzt werden
Wie berichtet sind weitere Projekte für Buchholz und Neu Wulmstorf im Gespräch. In Buchholz könnten laut Thurmann 75 bis 100 Wohnungen entstehen, in Neu Wulmstorf 70 Wohnungen, von denen 30 bis 50 Prozent als sozialer Wohnraum, die übrigen als bezahlbarer Wohnraum angeboten werden sollen.
Dafür müssten allerdings erst einmal die entsprechenden Flächen her. „In Buchholz könnte bald etwas vorangehen, in Neu Wulmstorf sehe ich bisher wenig Bewegung“, so Thurmann.
Auf dem freien Wohnungsmarkt liegt der Quadratmeterpreis in Winsen zwischen elf und 13 Euro, wie André Wiese sagte. „Der Bedarf an allen Formen des Wohnens ist in Winsen und im gesamten Landkreis enorm“, so der Bürgermeister der Kreisstadt. Vor allem auch im Sozialen Wohnungsbau fehle es an Angeboten: „Wir gehen voran, andere Kommunen müssen jetzt folgen“, sagte Wiese.