Buxtehude. Fachwerkhaus in der Altstadt gehört zu den ersten seiner Art. Doch ist das beliebte Baudenkmal überhaupt noch zu retten?
- Buxtehude liegt nur wenige Autominuten von der Hamburger Landesgrenze entfernt
- Viele Besucher schätzen die gemütliche Atmosphäre der kleinen Hansestadt – wie jetzt zur Obstblüte im Alten Land
- Doch ein örtlicher Verein warnt nun davor, dass der größte Besuchermagnet der Stadt verfällt
Lässt die Hansestadt Buxtehude eines ihrer schönsten Fachwerkhäuser in der Altstadt verrotten? Das Heimatmuseum in Buxtehude, eines der meist fotografierten Häuser der Buxtehuder Altstadt und eines der ersten seiner Art in ganz Deutschland, ist vom Verfall bedroht.
Der Zustand des Gebäudes bereitet nicht nur den Mitgliedern des Heimat- und Geschichtsvereins große Sorgen. Der Zahn der Zeit nagt mit rasanter Geschwindigkeit an der Bausubstanz des Touristenmagneten gegenüber der St. Petri-Kirche.
Fachwerkjuwel in Buxtehude muss dringend saniert werden – doch nichts passiert
„Fast monatlich nehmen wir eine merkliche Verschlechterung des baulichen Zustandes dieses herausragenden Baudenkmales wahr. Hier ist dringendes Gegensteuern geboten“, sagt Dr. Martin C. Lockert, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins.
Gemeinsam mit Dr. Harald Stechmann, dem Geschäftsführer des Vereins, wendet er sich nun an die Öffentlichkeit, nachdem die beiden Vereinsvertreter wiederholt diese Thematik in Verwaltung und Politik der Hansestadt angesprochen hatten. Das Ärgerliche: Der Verein hat der Stadt das prägnante Gebäude vor einigen Jahren für wenig Geld überlassen, weil diese zugesichert hatte, sich um die Sanierung zu kümmern. Doch geschehen ist bisher nichts.
Haus gehört zu den meistfotografierten Gebäuden in Buxtehude
Das Heimatmuseum wurde 1913 in Anlehnung an ein altes, verfallenes Ackerbürgerhaus aus dem 16. Jahrhundert errichtet und von dem Buxtehuder Seifenfabrikanten und Mäzen Julius Caesar Kähler an den damaligen Museumsverein – einem Vorläufer des heutigen Heimat- und Geschichtsvereins Buxtehude e.V. – übergeben.
Bei dem Heimatmuseum handelt es sich um eines der ersten Museen dieser Form zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In der Zeit von 1989 bis 1992 wurde das Haus durch Eigenmittel sowie Zuschüsse aus dem Städtebauförderungsgesetz umfassend durch den Heimatverein restauriert.
Aufwendige Fachwerkfassade droht zu verfallen
In der Denkmalschutzliste des Landes Niedersachsen wird es als „markantes Eckhaus an der Südseite des St. Petri-Platzes“ beschrieben, bei dem „es sich um ein ehemaliges Ackerbürgerhaus aus dem 16. Jahrhundert handelt, das im Zuge des Umbaus zwischen 1911 und 1913 mit einer handwerklich aufwändigen Fachwerkfassade versehen wurde, die das Erscheinungsbild bis heute prägt“.
Die Erhaltung des Hauses liege aus geschichtlichen Gründen wegen der Bedeutung für die Ortsgeschichte sowie aus städtebaulichen Gründen wegen seines prägenden Einflusses als Element des räumlichen Gefüges des Sankt-Petri-Platzes „im öffentlichen Interesse“. „Neben der außerordentlichen geschichtlichen- und kunst- und kulturgeschichtlichen Bedeutung hat das Haus auch eine hohe touristische Wertigkeit. Nicht ohne Grund wird es häufig als das meist fotografierte Gebäude Buxtehudes bezeichnet“, sagt Dr. Stechmann. Darüberhinaus stelle das Bauwerk das größte Ausstellungsobjekt des Buxtehude-Museums für Regionalgeschichte und Kunst dar.
Verein konnte die Sanierung nicht allein stemmen
Nach der Generalsanierung bis 1992 habe sich im Laufe der Jahre erneuter Restaurierungsaufwand eingestellt, berichtet Dr. Lockert: „Neben den durch den Heimatverein regelmäßig durchgeführten Erhaltungsarbeiten wurde eine Sanierung erforderlich, deren Umfang 2016 mit rund 250.000 Euro in zwei Sanierungsgutachten geschätzt wurde. Durch den Heimat- und Geschichtsverein Buxtehude waren diese Aufwendungen alleine nicht zu leisten.“ Aus heutiger Sicht würde dieser Betrag sicherlich nicht mehr ausreichen, den stetig zunehmenden Verfall des Hauses aufzuhalten.
Nach zahlreichen Gesprächen wurde dem Verein damals mitgeteilt, dass die erforderliche Sanierung aus Mitteln der Hansestadt Buxtehude nur bei einer Übertragung des Eigentums möglich sei. „Um dem Haus auch vor dem Hintergrund des neu gestalteten Regionalmuseums eine gute Perspektive zu geben, wurde es für einen kleinen Bruchteil des tatsächlichen gutachterlich festgestellten Wertes an die Hansestadt Buxtehude übertragen“, so Lockert.
Vereinsvertreter fühlen sich von der Stadt verschaukelt
Einziges Ziel dieser Übertragung sei eine zeitnahe Sanierung des Gebäudes gewesen. Das sei auch in der Präambel zum Kaufvertrag festgehalten worden, sagt der Rechtsanwalt und Notar. Das benachbarte Regionalmuseum wurde bis Juli 2021 über Jahre umfassend saniert. Es erstahlt seither in neuem Glanz. Beim „armen kleinen Bruder von Nebenan“ tut sich dagegen nichts.
Trotz Zusage blieb die Stadt bisher untätig, heißt es vom Verein
„Bedauerlicherweise konnten bisher keine Aktivitäten in Richtung Erhaltung und Sanierung des Gebäudes beobachtet werden“, beklagen die beiden Vereinsvertreter.
Zwar habe es 2019 nach einem Antrag des SPD im Bauausschuss 2019 die Zusage des damaligen Stadtbaurates gegeben, für das Haushaltsjahr 2021 Planungskosten in Höhe von 50.000 Euro in den Haushalt einzustellen. „Diese Mittel wurden aber anscheinend auf das Jahr 2025 verschoben. Abgesehen davon, dass aus heutiger Sicht Planungskosten in Höhe von 50.000 Euro kaum ausreichend sein dürften, um ein umfassendes Sanierungskonzept zu erarbeiten, besteht nun nach mehr als fünf Jahren Abwarten beim Verein die Erwartung, dass die notwendigen Sanierungsarbeiten auch in einem angemessenen Zeitrahmen durchgeführt werden“, betont Dr. Harald Stechmann, selbst Mitglied der SPD mit Sitz im Stader Kreistag.
Dazu sei es notwendig, wie bisher vorgesehen im Haushaltsjahr 2025 die Planung durchzuführen und dann im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung dem Sanierungsumfang angepasste Haushaltsmittel einzuplanen.
Hansestadt Buxtehude muss andere Projekte priorisieren
Noch haben die Vertreter des Heimatvereins die Hoffnung nicht aufgegeben, im Laufe der kommenden Jahre das Heimatmuseum als zentralen Bestandteil des Buxtehude Museums für Regionalgeschichte und Kunst in erneuertem Glanz strahlen zu sehen. Doch mit ihrem Gang an die Öffentlichkeit wollen sie den Handlungsdruck bei der Hansestadt und in der Lokalpolitik jetzt deutlich erhöhen. „Wir können nicht dabei zusehen, wie die Stadt unser schönes Museum vergammeln lässt“, so Stechmann.
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Die Hansestadt Buxtehude bestätigte auf Abendblatt-Nachfrage, dass die Stadt das Gebäude im Jahr 2020 für 30.000 Euro gekauft hat und eine Sanierung des Gebäudes weiterhin geplant ist. „Die Verwaltung steht in Kontakt mit dem Heimat- und Geschichtsverein. Es finden bereits Gespräche mit der oberen Denkmalschutzbehörde statt, auch um Fördermittel für die Sanierung einzuwerben“, teilte ein Sprecher der Stadtverwaltung mit.
Voraussichtlich würden für den Haushalt 2025 50.000 Euro für Planungskosten eingestellt. Aufgrund des Sanierungsbedarfes in der Stadt und auch wegen der begrenzten Personalkapazität in der Bauverwaltung müssten allerdings Maßnahmen priorisiert werden.