Winsen. Im Landkreis Harburg werden die Waffen von Privatleuten jetzt zentral erfasst. Bei Kontrollen tauchen echte Kuriositäten auf.

  • Die zentrale Erfassung aller privaten Waffen gibt Einblick in den legalen Waffenbestand vor Ort
  • Im Landkreis Harburg besitzen demnach knapp 4700 Privatleute insgesamt 23.477 scharfe Schusswaffen
  • Bei Kontrollen ist die Behörde auf teils überraschende Funde gestoßen

Auf Anordnung des Landes Niedersachsen sind spätestens seit der Jahreswende ausschließlich Landkreise und kreisfreie Städte für die Registrierung und Kontrolle von Waffen zuständig. Im Landkreis Harburg wurden sämtliche Aufgaben rund ums Waffenrecht von der Gemeinde Seevetal sowie den Städten Winsen und Buchholz bei der Kreisverwaltung in Winsen zentralisiert. Dabei zeigt sich: Aktuell sind 23.477 scharfe Schusswaffen in Privatbesitz registriert. Sie gehören 4717 Waffenbesitzern.

Überwiegend werden Jagdwaffen in Harburger Haushalten aufbewahrt: 2560 Inhaber von Jagdscheinen haben 15.103 Waffen angemeldet. Jägerinnen und Jäger haben also im Schnitt fast sechs Waffen. Schließlich werden Wildschweine mit einem anderen Gewehr erlegt als Kaninchen oder Gänse. Beim Fangschuss aus kurzer Distanz oder bei der Suche nach einem angeschossenen Tier werden oft Pistolen und Revolver eingesetzt.

Landkreis Harburg: Gute 15.000 Waffen werden allein auf der Jagd eingesetzt

Weitere 5149 Waffen sind von Sportschützen registriert. „Grundsätzlich gilt: Es gibt keine Waffenerlaubnis ohne Bedarf“, sagt Kreissprecher Andres Wulfes. Der in den USA übliche Waffenbesitz zur Selbstverteidigung ist in Deutschland tabu. Im Gegenteil: Schussfähige Waffen müssen ungeladen in einem klassifizierten, tresorartigen Waffenschrank aufbewahrt werden. Sollte also bei einem Jäger oder Sportschützen nachts ein Einbrecher im Haus sein, müsste eine Waffe erst einmal aus dem verschlossenen Schrank geholt werden. Geschossen werden darf ohnehin nur während der Jagd oder auf dem Schießstand.

Eine Walther Pistole, Munition und ein Magazin liegen auf dem Schießstand eines Sportschützenvereins.
Eine Walther Pistole, Munition und ein Magazin liegen auf dem Schießstand eines Sportschützenvereins. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Die restlichen 3225 registrierten Waffen sind Erbwaffen, Altbesitz- und Sammlerwaffen. Unter Altbesitz fallen (wenige) Schusswaffen, die nach dem alten Gesetz (vor Juli 1976) zugelassen wurden. Vererbte Waffen oder welche von Sammlern müssen schussunfähig gemacht werden. Außerdem dürfen die Eigentümer keine Munition besitzen.

Auf manchem Dachboden ist noch ein Wehrmachts-Karabiner verborgen

Mitunter gibt es auch überraschende Waffenfunde bei Privatleuten. Wulfes: „Da wird ein Dachboden aufgeräumt, und plötzlich kommt Opas Wehrmachts-Karabiner ans Licht. In so einem Fall ist es wichtig, dass die Waffe in Ruhe gelassen und die Polizei oder die Waffenbehörde informiert wird. Denn es könnte sich um ein geladenes Gewehr handeln, von dem unmittelbare Gefahr ausgeht.“ Solche Funde kommen „nicht ganz selten, aber immer weniger“ vor, so Wulfes. Oft sei an solchen Karabinern auch ein Bajonett (Stichwaffe) angebracht.

Bei manchen Kriegswaffen seien in die Schäfte Kerben eingeritzt worden, sagt der Behördensprecher. Jede Kerbe stehe für einen getöteten gegnerischen Soldaten. In einem Fall hatten Hausbesitzer beim Ausmisten neben Opas Karabiner auch noch Omas Schreckschusswaffe gefunden. Auch Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen müssen behördlich registriert werden. Ihre Besitzer benötigen dazu den Kleinen Waffenschein. Davon wurden im Landkreis 3490 Stück ausgestellt.

Pinkfarbene Pistole sieht aus wie Spielzeug, ist aber echt

Oftmals sind Schreckschusswaffen nur schwer von echten Revolvern zu unterscheiden. Manchmal löst sogar eine Spielzeugpistole am falschen Ort Amokalarm und einen Großeinsatz der Polizei aus, wenn Kinder mit ihr herumgefuchteln. So geschehen an einer Schule in Blankenese im November vergangenen Jahres. Ein weiteres Problem: Die Waffenindustrie hat sich auf den Geschmack mancher Kunden eingestellt und bietet auch farbige Waffen an. Etwa eine pinke Pistole mit extrem haltbarer Keramikbeschichtung. Ein Technik aus den USA. „Wir haben auch schon einen goldfarbenen Revolver eingezogen, eine echte Waffe“, sagt Wulfes.

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Im vergangenen Jahr haben die sieben Mitarbeiter der Waffen-, Jagd- und Sprengstoffbehörde der Kreisverwaltung rund 300 Waffen und 500 Kilogramm Munition beschlagnahmt. Sie werden vom Kampfmittelvernichter Geka am Rande des Truppenübungsplatzes Munster-Nord entsorgt. Neben den freiwilligen Abgaben von Erbstücken und Zufallsfunden werden Waffen eingezogen, die nicht ordnungsgemäß gelagert oder nicht registriert wurden oder deren Besitzer als unzuverlässig aufgefallen ist. Auch wenn der Bedarf entfällt, ein Jäger also nicht mehr auf die Jagd geht oder ein Schütze die Sportart wechselt, müssen die Waffen abgegeben werden. An die Behörde oder an andere Jagd- oder Waffenscheininhaber.

Harburger Kreisverwaltung überprüft Waffenbesitzer routinemäßig

Die Kreismitarbeiter kontrollieren die Waffenbesitzer routinemäßig. Das kann durch Hausbesuche geschehen. Alle drei Jahre fragen sie zudem auf digitalem Wege bei der Polizei und dem Verfassungsschutz nach, ob dort jemand auffällig geworden ist. Sie lassen nach staatsanwaltlichen Verfahren suchen und gleichen die Datensätze mit dem Bundeszentralregister ab, in das strafgerichtliche Verurteilungen eingetragen werden. Wer nicht (mehr) als zuverlässig gilt, darf keine Waffe besitzen.

Auch Waffen, die keine Schusswaffen sind, wie Butterfly-Messer oder Schlagstöcke werden häufig sichergestellt, etwa bei Verkehrs- oder Personenkontrollen oder durch Anzeigen. „Butterfly-Messer sind grundsätzlich verboten. Andere kräftige Messer dürfen nur Personen bei sich tragen, die sie als Werkzeug benutzen“, erläutert Wulfes. „Etwa Jäger zum Aufbrechen von erlegtem Wild.“. Dagegen dürfen Waffenscheininhaber Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen mit sich herumtragen, sofern sie keine öffentlichen Veranstaltungen besuchen. Schreckschüsse sind aber nur auf dem eigenen Grundstück und nicht Richtung Straße erlaubt. Und: Wenn ein Schreckschuss in sehr kurzem Abstand auf einen Menschen abgefeuert wird, kann auch dies zu schweren und sogar tödlichen Verletzungen führen.