Lüneburg. Wer digitale Technologien ausprobieren möchte, kann das aktuell in Lüneburg tun – was Senioren und Kinder gleichermaßen begeistert.
- In Lüneburg hat vor kurzem in der Fußgängerzone ein Pop-up-Digitallabor eröffnet: „Bits and Bytes“.
- Hier können Menschen allen Alters digitale Technologien selber ausprobieren.
- Dahinter stecken eine Landschaftsarchitektin und eine Theaterregisseurin, die sich in den Niederlanden von einem ähnlichen Projekt inspirieren ließen.
Wer beim Stichwort Robotertanz noch an die zackigen Armbewegungen der 1980er Jahre denkt, wird überrascht bis beeindruckt sein, was der virtuelle Roboter im „Bits and Bytes“ so alles kann. Das Pop-up-Digitallabor hat vor kurzem in einem leerstehenden Ladengeschäft in der Lüneburger Fußgängerzone eröffnet.
Hier können Anfänger sich mit digitalen Technologien wie Künstliche Intelligenz, Virtual Reality und den Grundlagen des Programmierens vertraut machen und Erfahrene ihre Kenntnisse vertiefen. Doch der heimliche Star ist der blaue Roboter mit dem runden Kopf, den langen Beinen und den lässig schwingenden Armen.
VR erleben, live und in echt: „Bits and Bytes“ in der Lüneburger City macht es möglich
Sichtbar wird er erst durch die VR-Brille, eine der digitalen Technologien, die Besucher kostenlos in dem Labor ausprobieren können. Haben sie die Grundlagen der Virtuellen Realität verstanden, sich an die Bedienung der Handcontroller gewöhnt und einfache Übungen, wie Klötzchen stapeln oder Papierflieger starten lassen, gemeistert, dann tritt der Roboter auf die Tanzfläche. Locker wippt er hin und her, fordert zum gemeinsamen Freestyle auf und lässt sich mühelos an der Hand um die eigene Achse drehen.
„Die VR-Brille interessiert die meisten Besucher total, das spielen Kinder genauso wie 30-Jährige und Senioren“, sagt Laura Tontsch. Die Theaterregisseurin und Gamedesignerin, die zuletzt im Bereich Augmented Reality tätig war, hat das Digitallabor gemeinsam mit Marion Kleine-Onnebrink entwickelt. Die Landschaftsarchitektin hat an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel Freiraumplanung studiert und interessiert sich besonders für Leerstandsbespielung.
VR, KI, AR: Ein Trainingsheft gibt Hilfestellung an den interaktiven Stationen
Ihre unterschiedlichen Hintergründe nutzten die beiden Frauen, um ein künstlerisches Format zu entwickeln, das Kultur, Bildung und Digitalisierung verbindet. Ziel ist es, spielerisch Lösungen für ganz konkrete Herausforderungen im digitalen Alltag aufzuzeigen. „Wir haben das Labor so aufgebaut, dass die Leute alles frei ausprobieren können, ohne größere Hürden.“
In Trainingsheft führt durch die interaktiven Stationen, die sich auf zwei Stockwerke und eine Fläche von 160 Quadratmeter verteilen. Wer will, kann an den Tablets und Laptops kleine Aufgaben lösen und Stempel sammeln, um am Ende „Digitalathlet*in“ zu werden. Außer zu Virtueller Realität gibt es Stationen zu Künstlicher Intelligenz, Coding, Sicherheit im Netz, Gaming und zum Digitalen Alltag. Eine Einführung hilft beim Einstieg, außerdem gibt es Informationen zum historischen Hintergrund der digitalen Technologien.
Für wen das Internet noch Neuland ist, der kann hier am Computer üben
Das Angebot ist für absolute Anfänger ebenso wie für digitale Profis gedacht. Schulklassen sind genauso willkommen wie Spontanbesucher von etwa elf bis 99 Jahren. Für wen das Internet noch Neuland ist, der kann hier am Computer üben, wie er sich über die Suchmaschine Google Informationen zu Telefonnummern, Öffnungszeiten und Sehenswürdigkeiten beschaffen kann.
„Der Bedarf ist riesig“, sagt Marion Kleine-Onnebrink einige Tage nach der Eröffnung. Viele Besucher hätten gern eine Eins-zu-eins-Betreuung. Aber das können wir leider nicht leisten.“ Wenn es gerade passt, erklärt sie trotzdem gern, wie zum Beispiel Google Maps funktioniert.
Sich einfach mal im Programmieren ausprobieren
Wer schon etwas Ahnung hat, kann an einer Station mit Hilfe der Künstlichen Intelligenzen ChatGPT und Midjourney Texte und Bilder erstellen lassen. „Fahrrad, Wasser, Grün, Naturnahe Stadt“ hat ein Besucher als Anweisung eingegeben – das daraus entstandene Bild zeigt ein Fahrrad in einer sehr grünen, dschungelartigen Umgebung. „Hier kommt es darauf an, zu lernen, an den genauen Begriffen zu feilen“, sagt Marion Kleine-Onnebrink.
Die Grundprinzipien des Codings werden in einem kleinen Spiel am Tablet deutlich. Auch ohne Vorerfahrung können Besucher ausprobieren, was passiert, wenn sie einfache Befehle in bestimmte Reihenfolgen bringen. Schon nach kurzer Zeit ist auf dem Bildschirm eine Figur zu sehen, die wie gewünscht Pakete von einer Seite zur anderen räumt.
Wie durch Social Media Hasskriminalität entsteht
An der Station zum Thema Sicherheit im Netz geht es vor allem um digitale Gewalt. Anhand einer App erfahren die Nutzer, wie durch soziale Medien Hasskriminalität entstehen kann. Auch der Enkeltrick soll hier noch eingebaut werden, sodass Besucher lernen, niemals über ihre Passwörter zu sprechen.
Besonders unterhaltsam ist es im Keller, dort ist die Gaming-Höhle eingerichtet. Vom Sofa aus können Spielefans gemeinsam auf dem Bildschirm Rezepte nachkochen oder ein Super-Mario-World-Spiel aus dem Jahr 1990 spielen. „Wir wollen zeigen, warum Videospielen solchen Spaß machen kann und dass es dabei nicht nur um Egoshooter geht“, sagt Laura Tontsch.
Vorbild für das „Bits and Bytes“ ist das „Forum“ im niederländischen Groningen
Die Idee zu „Bits and Bytes“ kam der 31-Jährigen im April dieses Jahres, als ihr die der Leerstand in Lüneburg auffiel. Zuvor hatte sie in Groningen das „Forum“ besucht, das ein Treffpunkt für alle sein soll, die sich für die Möglichkeiten der Zukunft interessieren. Auf zehn Stockwerken beheimatet es neben Bücherei, Kino und Museum auch ein Smartlab, in dem Kinder und Erwachsene sich mit neuen Technologien auseinandersetzten können.
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„So ein Gebäude wäre natürlich auch für Lüneburg toll“, sagt die gebürtige Hamburgerin, die an der Herderschule ihr Abitur gemacht hat. Sie hatte auch schon mit dem Eckhaus am Marktplatz, das seit dem Auszug der Buchhandlung vor fast einem Jahr leersteht, geliebäugelt. „Aber jetzt zeigen wir erstmal in einem kleineren Format, welche Möglichkeiten so ein Raum bietet.“
Der Ansatz: Sich gemeinsam mit den neuen Technologien befassen
Bei der Stadt Lüneburg ist das Duo mit seinem Projekt auf großes Interesse gestoßen, auch wenn es wegen der kurzfristigen Planung keine finanzielle Förderung für die vorübergehende Leerstandsnutzung gab. Das Digitallabor wird über eine Förderung des Fonds der Darstellenden Künste finanziert und ist Teil des „Bundesweiten Artist Labor der Labore” (B.A.L.L.).
Das „Bits and Bytes“ vertritt dabei den Ansatz, dass gemeinschaftliche Auseinandersetzung mit digitalen Technologien eine zentrale Rolle in der kulturellen Teilhabe spielt. Wer die Chance bekomme, die Technologien ungezwungen auszuprobieren, für den stellten Online-Buchungen keine Hürde mehr dar, der suche auch gezielt nach VR-Ausstellungen und bei dem löse das Wort „Interaktivität“ keine Unsicherheit mehr aus.
„Bits and Bytes“ in Lüneburg ist noch bis 26. September geöffnet
Das Pop-up-Labor „Bits and Bytes“ ist noch bis Dienstag, 26. September geöffnet, jeweils dienstags bis sonnabends von 12 bis 19 Uhr. In dieser Zeit gewinnen die beiden Initiatorinnen auch wertvolle Erkenntnisse für eine mögliche Weiterentwicklung des Kunstprojekts.
Mit Hilfe von Feedbackbögen erfragen sie, was gut ankommt, was verbessert oder geändert werden könnte und inwiefern Bedarf an einem solchen Angebot besteht. „Das hier ist ein Test, auch wir lernen dabei“, sagt Marion Kleine-Onnebrink. „Wir können uns gut vorstellen, so etwas langfristig zu installieren.“