Berlin. Lernen, shoppen oder spielen: Handy-Apps mit Augmented Reality projizieren 3D-Objekte ins eigene Wohnzimmer. Diese AR-Apps lohnen sich.

Fotos knipsen und Videos drehen: Beides können die meisten Smartphones bei Tageslicht gut, teurere sogar im Dunkeln. Doch Handykameras beherrschen neben Fotos und Videos noch etwas, das immer nützlicher wird: Augmented Reality (AR), sprich: erweiterte Realität. Was heißt das?

Blickt man auf dem Handybildschirm durch die Kamera, kann man sich in der eigene Umgebung Gegenstände oder Objekte in 3D räumlich einblenden lassen, oft sogar maßstabsgetreu. Was in der Realität nicht da ist, steht, schwebt oder bewegt sich auf dem Bildschirm dann im Wohnzimmer oder der aktuellen Umgebung.

Augmented Reality: Wofür sind diese Apps gut?

Möglich machen das bestimmte Smartphone-Apps, die Augmented Reality beherrschen. In der Grundversion sind sie zumeist kostenlos. Was wie eine Spielerei klingen mag, schafft ganz neue Möglichkeiten, das Smartphone zu nutzen.

Die Wohnung lässt sich vor dem Möbelkauf virtuell einrichten. Unterrichtsstoff lässt sich an scheinbar greifbaren Objekten oder Tieren begreifbarer vermitteln. Städtetouren werden erlebbarer. Sogar ganze Spielewelten samt Figuren lassen sich dank AR-Anwendung über den Smartphone-Bildschirm direkt ins Wohnzimmer oder in den Garten projizieren.

Aber wie genau funktioniert das? Was brauche ich dafür? Und welche AR-Anwendungen lohnen sich zum Ausprobieren auf dem Smartphone oder Tablet?

Apples LiDAR-Scanner verleiht AR-Apps neuen Aufwind

Neu sind Augmented-Reality-Anwendungen nicht. Den Durchbruch bei Privatnutzern erlebte AR bereits 2016 mit dem erfolgreichen Handyspiel Pokémon Go. Im zurückliegenden Jahr aber haben die Apps mit räumlicher Darstellung neuen Aufwind erfahren.

Grund dafür ist der sogenannte LiDAR-Scanner („Light Detection And Ranging“). Dieser Kamera-Sensor wurde dieses Jahr erstmals von Hersteller Apple im iPad Pro und im Herbst auch in den Pro-Modellen des iPhone 12 verbaut wurde.

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LiDAR und Time of Flight: Wie funktioniert die räumliche Darstellung?

Mithilfe des LiDAR-Sensors kann die Smartphonekamera die Umgebung noch präziser scannen und kartografieren. Dabei sendet er Laserstrahlen in den Raum und misst, wie schnell sie zurückkehren. Unterstützt durch Software erscheint auf dem Handybildschirm ein räumliches 3D-Abbild der Umgebung.

Der LiDAR-Scanner soll das noch genauer und schneller bewerkstelligen als sogenannte Time-of-Flight-Sensoren mit Infrarotlicht, die es schon länger auch in Android-Smartphones gibt. Die neue LiDAR-Technik, die sicher bald auch andere Smartphone-Hersteller verbauen, soll bestehende und künftige AR-Apps verbessern.

Der neue LiDAR-Sensor im iPhone 12 Pro und 12 Pro Max soll Räume dank Laser noch präziser Scannen können als bisherige Time-of-light-Sensoren mit Infrarot.
Der neue LiDAR-Sensor im iPhone 12 Pro und 12 Pro Max soll Räume dank Laser noch präziser Scannen können als bisherige Time-of-light-Sensoren mit Infrarot. © apple | apple

Wie finde ich Apps, die räumliche AR-Darstellung beherrschen?

Im App Store für Apples iOS-Geräte tippt man am unteren Rand auf den Punkt Apps. Nun runterscrollen bis zum Abschnitt Top-Kategorien, dort tippt man auf Alle anzeigen. Schließlich wählt man den Punkt AR-Apps. Besitzer von Android-Geräten tippen im Google Play Store in der Kopfleiste auf Kategorien und dort auf den obersten Punkt Augmented Reality.

Drei Dinge lassen sich nach einem Streifzug durch eine ganze Reihe aktueller AR-Apps festhalten: Im App Store für iPhones und iPads finden sich insgesamt die ausgereifteren und besser umgesetzten AR-Apps im Vergleich zum Google Play Store für Android-Geräte.

Zweitens lässt sich in der Praxis kaum ein Unterschied feststellen, ob man die AR-Apps nun auf Geräten mit neuem LiDAR-Scanner (zum Beispiel iPhone 12 Pro) oder ohne (z.B. iPhone 12) nutzt. Auch das iPhone 12 ohne LiDAR stellte alle 3D-Objekte und virtuellen Umgebungen optisch hochwertig und flüssig dar. Minimale Unterschiede mag es allenfalls geben, wenn man Objekte oder Personen sehr exakt messen möchte.

Und drittens: Geld ausgeben muss man fürs erste Ausprobieren der meisten AR-Apps nicht. Die kostenlose Grundversion vieler Anwendungen genügt für den Start völlig.

Welche Apps mit „Erweiterter Realität“ lohnen sich im Alltag?

Für den Einstieg lohnt es sich, die für gewöhnlich vorinstallierte App Maßband auszuprobieren. Damit lassen sich Gegenstände oder Flächen virtuell abmessen. In der jüngsten iOS-Version kann Maßband nun die Körpergröße von Personen erfassen – mittels LiDAR-Scanner klappt das noch präziser.

Die nützlichsten AR-Apps finden sich in den Bereichen Bildung und Lernen, Einkaufen und Wohnen sowie Spiele. Hier eine subjektive Auswahl:

Egal ob Sessel oder Schränke: Mithilfe der App Ikea Place, die es leider nur noch für iOS gibt, lassen sich viele Stücke aus dem Katalog des schwedischen Möbelhauses in die eigene Wohnung projizieren – fast maßstabsgetreu. So kann man gut einschätzen, wie die IKEA-Möbel ins eigene Zimmer passen.

Die Einrichtung lässt sich auch als Bild oder Video an Freunde verschicken. Per Link zum Shop kann man die Möbel dann auch gleich kaufen. Denn der gedruckte Ikea-Katalog wurde jetzt nach 70 Jahren eingestellt – und ist nur noch digital abrufbar.

Augmented Reality beherrschen immer mehr Apps. Per Kamera im Tablet oder Smartphone lassen sich sehr leicht 3D-Objekte wie Möbel in die eigenen vier Wände projizieren.
Augmented Reality beherrschen immer mehr Apps. Per Kamera im Tablet oder Smartphone lassen sich sehr leicht 3D-Objekte wie Möbel in die eigenen vier Wände projizieren. © PR | pr

Dank der Bildungs-App Jigspace (nur iOS) können Erwachsene und Kinder an detaillierten 3D-Modellen lernen, wie Dinge des Alltags, der Natur, der Technik oder berühmte Erfindungen genau funktionieren. Sogar das Coronavirus kann man als Modell unter die Lupe nehmen.

Mit der App Civilisations AR der BBC für iOS und für Android lassen sich historische Fundstücke ins Wohnzimmer zaubern. Und Fans der Raumfahrt können mit Apollo’s Moon Shot AR für iOS und für Android die legendäre Nasa-Mondmission nacherleben. Alle drei Apps gibt es zumindest auf Englisch.

Die Sprachlern-App Mondly – erhältlich für iOS und für Android – umfasst Kurse für 33 Sprachen, darunter auch kostenlose. Dank AR erscheint hier nicht nur die Sprachlehrerin virtuell im Zimmer, sondern auch zu den Vokabeln passende Tiere oder Gegenstände.

Pflanzen- und Gartenfreunde sollten die iOS-Apps iScape und Plantale (englisch, rund 1 Euro) ausprobieren. Damit kann man seine Wunsch-Beete im Voraus planen oder spielerisch mehr über das Innenleben seiner Zimmerpflanzen erfahren.

Kinder lassen sich mit dem AR-Spiel Harry Potter: Wizards Unite (für iOS und für Android) begeistern. Und mit der App Quiverfür iOS und für Android) können Eltern vorgedruckte Ausmalbilder auf dem Smartphone-Bildschirm zum Leben erwecken.

Woraus besteht die Erde? Die Augmented Reality-App Jigspace (nur für iOS) ist eine Lern-App, mit der sich vor allem virtuelle Gegenstände aus den Bereichen Naturwissenschaft, Medizin und Erfindungen in der eigenen Wohnung darstellen lassen.
Woraus besteht die Erde? Die Augmented Reality-App Jigspace (nur für iOS) ist eine Lern-App, mit der sich vor allem virtuelle Gegenstände aus den Bereichen Naturwissenschaft, Medizin und Erfindungen in der eigenen Wohnung darstellen lassen. © PR | pr

Über Google-Suche: Tiere virtuell in die Wohnung holen

Augmented Reality (AR) lässt sich auch ohne spezielle App erleben. Die allseits bekannte Google-Suche auf dem Smartphone beispielsweise unterstützt erweiterte Realität bei einer Auswahl an Suchbegriffen. Das klappt in der Praxis sehr gut und umfasst zahlreiche lebende und Urzeit-Tiere, Planeten oder Anatomie-Begriffe. Alle möglichen Suchbegriffe findet man in dieser Google-Übersichtsliste.

Der Weg zu den 3D-Modellen ist einfach: Nach Eintippen der Suchanfrage taucht in den Suchergebnissen eine Infobox auf. Darin tippt man auf den Knopf „In 3D ansehen“. Um das 3D-Modell im die eigene Umgebung zu übertragen, genügt ein Tipp auf „Bei mir ansehen“. Unterstützt werden viele Smartphones ab Android 7 oder iOS 11.

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