Jork (Borstel). Noch bis 3. September fährt der Elbe-Radwanderbus. Und in Jork bringt der Chef die Gäste mit dem Trecker auf die Plantage.
Drei Regeln gibt Wilhelm Matthies seinen Gästen gleich zu Beginn mit auf den Weg: „Während der Fahrt nicht hinstellen, nicht aussteigen – und keine Äpfel klauen.“ Für die erste Heiterkeit ist gesorgt, wenn es losgeht zur Tour mit dem Obst-Express auf die Apfelplantage des Obsthofes Matthies in Jork.
Wilhelm Matthies ist der vierte Wilhelm Matthies hier, er baut auf 20 Hektar Beeren, Steinobst, Äpfel und Birnen an. Vorbei an Zwetschgen und Aprikosen führt der Weg bis zu den Äpfeln. „Früher war hier noch die Elbe“, erzählt der Obstbauer. „Daher ist der Boden so schwer und fruchtbar.“
Im Alten Land: 40.000 Kilometer Apfelbäume, also einmal um die Welt
Er macht das Alte Land mit seinen mehr als 12.000 Hektar Anbaufläche zum größten zusammenhängenden Obstbaugebiet Nordeuropas. Galt es früher als Kirschenland, hat mittlerweile eine andere Frucht die Herrschaft übernommen. „Der Apfel ist der Chef“, sagt Wilhelm Matthies. 90 Prozent der Gesamternte sind Äpfel, gut 20 Millionen Bäume stehen hier „Aneinandergereiht wären das 40.000 Kilometer, also einmal um die Welt.“
Die Kirsche ist mit fünf Prozent mittlerweile fast ein Exot. Woran das liegt? Sie ist kompliziert. „Die Kirsche ist toll, aber auch das schwierigste Obst, das Sie im Norden anbauen können“, sagt Matthies. Anders als die kleinen Apfelblüten könne man die größeren Kirschblüten nicht per Beregnung vor Frost schützen – und dann blüht sie auch noch zwei Wochen früher.
Die Vögel kommen: Wann im Alten Land „Hitchcock-Zeit“ ist
Wenn die Bäume dann Mitte Juni schöne Früchte tragen, beginnt im Alten Land die „Hitchcock-Zeit“, erzählt Matthies weiter. „Die Zeit der Vögel. Dann kommen Hunderttausende Stare, dann ist der Himmel schwarz.“ Und die ernten die Kirschen im Akkord. Anfällig in Sachen Witterung sind vor allem die beliebten Knupperkirschen – wenn es regnet, platzen sie schnell.
„Von zehn Kirschernten verliert man sechs durch Witterung.“ Viele Betriebe bieten daher „Dachkirschen“ an, also unter Foliendächern gewachsene Früchte. Insgesamt aber, resümiert Matthies, könne sich den Kirschanbau kaum noch jemand leisten.
Die nächste von vielen Gästen gestellte Frage beantwortet der Routinier, noch bevor sie die Runde gemacht hat: „Warum eigentlich sind die Bäume so klein und tragen gar keine Hängematten?“ Die Antwort: weil sie dann licht- und luftdurchlässiger, besser zu pflegen und zu ernten sind. Die ersten Sorten wie Rote Sissi, James Grief und Jamba sind bereits reif, die Hochzeit der Apfelernte beginnt Anfang September.
Gepflückt werden die Äpfel exakt drei Tage vor Essreife
Apropos reif: Gepflückt werden die Äpfel exakt drei Tage vor Essreife. Woran Matthies den richtigen Zeitpunkt erkennt? „Ich bin mit jedem meiner Äpfel per du. Wer Obstbauer und 65 Jahre alt ist, sieht das seinen Äpfeln an.“ Beim Holsteiner Cox werde es etwa am 3. September soweit sein, beim Elstar am 10. September.
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In Kühlhäusern halten diese dann bis zum Jahreswechsel frisch. Aber Obacht: Beim Lagern die Sorten nicht mischen! Denn auch Äpfel sind nicht unkompliziert. So hält der Boskop seinen Winterschlaf gern bei drei Grad, der Jonagold bei 1,3 Grad und der Cox Orange bei 4,2 Grad. Und bloß keine Birne unterjubeln: Die ruht lieber bei -0,5 Grad.
Ein Schwank aus dem Marketing zum Schluss: Es gibt eine relativ neue Sorte, Deichperle genannt. „Die ist in Ordnung, andere schmecken aber besser“, lautet das Urteil des alten Apfelhasen. „Gekauft wird sie trotzdem sehr viel – wegen ihres Namens.“
Auch zahlreiche andere Obsthöfe im Alten Land bieten Führungen auf ihren Plantagen an. Termine und Informationen dazu gibt es bei der Tourismuszentrale im Internet unter www.urlaubsregion-altesland.de, dort finden sich unter dem Menüpunkt „Aktivitäten - Radfahren“ drei Fahrradtouren rund ums Obst.
Elbe-Radwanderbus fährt noch bis zum 3. September
Auch die App namens „Altes Land am Elbstrom“ beinhaltet die Routen. Sehr praktisch ist zudem der Elbe-Radwanderbus, der noch bis zum 3. September fährt: Der Freizeitbus mit Fahrradanhänger verkehrt am Wochenende auf zwei verschiedenen Linien durch das Alte Land. Linie 1 verbindet unter anderem Balje, Freiburg, Stade, Jork sowie die Bahnhöfe Horneburg und Harsefeld, Linie 2 den Bahnhof Buxtehude mit Jork und Finkenwerder.
Nach Finkenwerder kommt von Norden aus wunderbar mit der HADAG-Fähre von Teufelsbrück oder auch den Landungsbrücken. Nach Cranz geht es von Blankenese aus. Letzter Tipp zum Schluss: Von Freitag, 18., bis Sonntag, 20. August, feiert Buxtehude Weinfest.