Niedersachsen. Obstbauer Schröder behilft sich noch mit einem selbstgebauten Modell. Bald könnten autonome Fahrzeuge durch die Plantagen rollen.
Obstbauer Johann-Hinrich Schröder ist bald durch mit der Apfelernte. „90 Prozent sind abgeerntet“, sagt er. Wenn er mit seinen Helfern eine der großen Apfelkiste gefüllt hat, wiegt sie rund 300 Kilo, und ihr Abtransport aus der Plantage ist eine logistische Herausforderung.
Die meisten Obstbauern im Alten Land lösen das mit Traktoren, die auf ihren Anhängern bis zu sechs Kisten aufnehmen können. Auf einen Traktor kann zwar auch Schröder nicht verzichten, aber zwischen den Baumreihen bewegt er die schwere Last lieber mit zwei elektrisch fahrenden Transportern. Sie können die Kisten anheben und weiterfahren.
Roboter helfen bei Apfelernte im Alten Land
Einer davon geht schon in Richtung Roboter, denn Ultraschallsensoren sorgen dafür, dass er selbstständig die Spur hält, ein Solarpanel liefert dem Gefährt elektrische Energie. „Der Erntehelfer muss nur einen Knopf drücken, und der Transporter fährt einen Baum weiter“, sagt Schröder. Das ist ein Vorteil für die Erntehelfer. Sie müssen mit ihren vollen Pflückkisten nun keine weiten Wege mehr bis zu den großen Kisten zurücklegen.
Schröder kommt nun mit zwei Traktoren auf dem Hof aus, die meisten Obstbauern haben deutlich mehr, um die Logistik mit den großen Erntebehältern zu bewältigen. Dem Tüftler geht es bei seiner Eigenentwicklung nicht allein um die Steigerung der Effektivität während der Ernte, die er auf zehn bis 20 Prozent schätzt. Es geht auch um das Wohlbefinden. „Ohne die Traktorgeräusche ist das Arbeiten viel entspannter, manche Erntehelfer hören sogar Musik dabei.“
Sanft zu den Äpfeln: Motoren aus dem E-Bike
Seinen Ernteroboter hat er aus einer rein mechanischen Vorrichtung für den Transport der schweren Kisten entwickelt. „Wir verwenden vier E-Bike-Motoren, und eine komplexe Motorsteuerung sorgt für sanftes Anfahren und Abbremsen, um die Äpfel zu schonen“, sagt Schröder. Die Motoren haben gerade mal eine Leistung von einem Kilowatt. „Uns war wichtig, dass der selbstfahrende Transporter von einem Zaun oder einem Pfahl gestoppt wird, und das ist bei dieser Leistung gewährleistet.“
Für das Verladen der großen Kisten benötigt er aber doch auch noch einen Traktor. Mit einer speziellen Vorrichtung fährt er unter die Kiste, die dann auf einen Anhänger gezogen wird. Bis zu fünf Kisten können so abtransportiert werden. Aber es ist eine Herausforderung: „In die Baumreihe muss ich immer rückwärts fahren“, sagt Schröder.
Roboter sollen Traktoren ersetzen
Er ist nicht der Einzige, der sich mit der Automatisierung bei der Obsternte beschäftigt und nach neuen Lösungen sucht: An der Fachhochschule Hochschule 21 in Buxtehude wird an einer Transportlösung gearbeitet, die Traktoren für den Weitertransport überflüssig machen könnte. Noch ist das Projekt ein Forschungsvorhaben, das erst Anfang übernächsten Jahres abgeschlossen sein soll.
Einen ersten Praxistest in der Apfelplantage von Obstbauer Axel Schuback hat der „Autonome Obstplantagenhelfer Altes Land“ (AurOrA) bei der Ernte von Red Jonaprince unlängst bereits bestanden. Doch vor Januar 2023 wird der Roboter in der Praxis wohl nicht einsatzbereit sein. Von vier Entwicklungsschritten sind bisher zwei erreicht.
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Derzeit navigiert das Fahrzeug, das sogar bis zu 500 Kilo schwere Kisten aufnehmen kann, selbstständig durch die Plantage. Es kennt die Grenzen und die Wege der Anlage. Bei den weiteren Entwicklungsschritten soll es um die Sicherheit gehen. „Was passiert, wenn ein Mensch den Weg kreuzt oder ein Baum umgeknickt ist“, sagt Alexander Kammann, Projektleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachhochschule Hochschule 21, über die Herausforderungen, für die noch Lösungen erarbeitet werden müssen.
„Nachfrage und Bedarf sind da“
Genutzt wird unter anderem GPS-Technologie und Ultraschall-Sensorik. Am Ende soll der elektrisch betriebene AurOrA die vollen Apfelkisten selbstständig finden, aufnehmen, zur Sammelstelle fahren und idealerweise auf eine andere volle Kiste aufsetzen. „Nachfrage und Bedarf sind da“, sagte Agraringenieur Kammann.
„Die Teilmechanisierung der Obsternte ist noch in einer Entwicklungsphase, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung“, sagt Matthias Görgens, stellvertretender Leiter der Obstbauversuchsanstalt in Jork. Nach seiner Schätzung nutzen bereits zehn Prozent der Obstbauern an der Niederelbe teilmechanisierte Lösungen, um die Ernte zu erleichtern. „Um zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben, steigt der Bedarf an automatisierten Lösungen im Obstbau“, sagt Görgens.
Günstig: Transporter kosten nur 6000 Euro
Johann-Hinrich Schröder hat für seine Transporter nicht mehr als 6000 Euro an Materialkosten ausgegeben. Hohe Investitionen würden sich für den nur acht Hektar großen Obsthof auch kaum auszahlen. Während andere Betriebe expandieren, hat er an der Größe des Hofes festgehalten, so wie er ihn 1981 von seinem Vater übernommen hat und dafür ein Konzept entwickelt, das vor allem Familien anzieht.
Rund 20 Prozent seiner Ernte vermarktet er selbst – im Hofladen, den weitaus größeren Teil aber bei Selbstpflück-Aktionen. Dafür baut er auch alte Apfelsorten wie Gravensteiner oder Finkenwerder Herbstprinz an. „Die Nachfrage von Familien mit Kindern ist sehr gut“, sagt Schröder.
Auch ökonomisch zahlt sich das aus. Der Preis für das Kilo Äpfel ist beim Selbstpflücken zwar etwas geringer als im eigenen Hofladen, „aber die Ware ist auch gleich vom Hof, muss nicht eingelagert werden, und ich komme mit zwei bis vier Erntehelfern aus“, sagt Schröder. Das alles spart Kosten. Die Kirschen lässt er komplett von Selbstpflückern ernten.
„Die Äpfel sind in diesem Jahr zehn bis 15 Prozent günstiger“
In diesem Jahr erwartet Schröder – entgegen dem Trend – 20 bis 30 Prozent weniger Äpfel. Generell rechnet man an der Niederelbe, die das Alte Land mit einschließt, dagegen mit einer guten Erntemenge von insgesamt um die 308.000 Tonnen. „So wie es aussieht, wird sich unsere Schätzung bestätigen“, sagt Matthias Görgens von der Obstbauversuchsanstalt.
Die im langjährigen Vergleich überdurchschnittliche Apfelernte kommt auch den Verbrauchern entgegen. „Die Äpfel sind in diesem Jahr zehn bis 15 Prozent günstiger als im Vorjahr“, sagt Helwig Schwartau von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). Weil seine Bäume in diesem Jahr wenig tragen, hätte Johann-Hinrich Schröder die Preise eigentlich anheben müssen. Aber er bleibt bei zwei Euro für das Kilo.