Lüneburg. Start für Mobilitätskonzept. Experte: Lüneburg soll lebenswerter werden. Was sich dafür beim Verkehr ändern muss.
Wie kann die Stadt der Zukunft aussehen, in der sich alle Menschen jeden Alters sicher und selbstständig bewegen können? Um mögliche Antworten auf diese Frage ging es beim Auftakt zum Mobilitätskonzept der Stadt Lüneburg, das als Grundlage für die Verkehrsplanung der kommenden Jahre dienen soll. Rund 300 Bewohner der Stadt waren am Donnerstagabend ins Zentralgebäude der Leuphana Universität gekommen, um sich mit ihren Ideen und Fragen in den Prozess einzubringen.
Der Nachhaltige Urbane Mobilitätsplan – kurz: NUMP – soll die verschiedenen Bedürfnisse von allen Verkehrsteilnehmern zusammenbringen, egal ob sie zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Bus oder dem Auto in der Stadt unterwegs sind. Lebensqualität, Barrierefreiheit und Klimaschutz sind dabei zentrale Stichworte für die künftige Gestaltung der Verkehrsräume.
Mobilitätskonzept soll mehr Lebensqualität für die Menschen in Lüneburg bringen
„Wir wollen die Mobilitätswende in Lüneburg umsetzen“, betonte Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch bei der Auftaktveranstaltung. Dabei sollen die Einwohner der Stadt eng einbezogen werden. „Für den NUMP schauen wir, an welchen Stellschrauben wir drehen müssen. Das ist eine großartige Chance, gemeinsam etwas zu bewegen.“
Als Vorbild für den Wandel könnten Städte wie Amsterdam, Oslo oder Barcelona dienen. Wie diese Metropolen, ebenso wie kleinere Städte, seit einigen Jahren ihre Straßenräume umgestalten und neu nutzen, machte Lars Zimmermann in seinem Vortrag deutlich. Der Architekt betreibt in Hamburg die Beratungsagentur Cities for future und hat zuvor zehn Jahre in Amsterdam gelebt und gearbeitet.
Amsterdam hat die Menschen im Blick, nicht die Autos – ein Vorbild für Lüneburg?
Die Stadt in den Niederlanden hat bereits vieles richtig gemacht, woran sich Lüneburg orientieren könnte, so der Experte. Auf den Straßen sind viele Fahrradfahrer unterwegs, der Autoverkehr wurde verringert und vor allem wurden Räume geschaffen, an denen die Menschen sich begegnen können. Soziale Kontakte seien enorm wichtig für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Stadtbewohner, betonte Zimmermann.
Vorrangig geht es jedoch nicht um konkrete Maßnahmen, die aus anderen Städten direkt übertragen werden können, sondern vielmehr um eine neue gedankliche Zielsetzung. „Wenn wir eine lebenswerte Stadt schaffen wollen, sollten wir sie nicht autogerecht, sondern menschengerecht denken“, sagte Zimmermann. Was das bedeutet, ist für ihn klar: „Eine Stadt ist lebenswert, wenn sich alle Bewohner von acht bis 80 Jahren dort frei und sicher bewegen können.“
Auch Barcelona, Oslo und Lübeck zeigen, wie die Mobilitätswende gelingen kann
Inspiration können sich die Lüneburger auch in anderen europäischen Städten holen, der Architekt nannte zahlreiche positive Beispiele, wie der Verkehr und die Mobilität menschengerechter und klimafreundlicher gestaltet werden kann. „Paris verändert sich gerade in einem rasenden Tempo, überall sieht man Radfahrer und Fußgänger und es ist viel leiser als noch vor einigen Jahren“, sagte Zimmermann.
In Barcelona hat man sich zum Ziel gesetzt, dass die nächste Bushaltestelle stets in höchstens 400 Metern Entfernung zu erreichen ist. Zudem erhalten Stadtbewohner, die ihr altes Verbrennerauto abgeben, für drei Jahre ein kostenloses ÖPNV-Ticket. Zwischen großen Häuserblocks wurden Einbahnstraßen ausgewiesen, um den Autoverkehr draußen zu halten. „Davon profitieren nicht nur die Anwohner, sondern auch die lokale Wirtschaft“, betonte Zimmermann. Daran angelehnt hat die Agentur in Hamburg das Projekt „Superbüttel“ initiiert.
Mit weniger Autos auf den Straßen werden Städte lebenswerter und sicherer
Zum Thema Sicherheit nannte er Oslo und Helsinki als Vorbild. Die skandinavischen Städte haben die sogenannte Vision Zero umgesetzt und ihren Stadtraum so umgeplant, dass es keine Verkehrstoten mehr geben soll. Anregungen für sinnvolle Umgestaltung des Stadtraums gibt es dem Architekten zufolge aber auch in Norddeutschland. Hannover habe zum Beispiel massiv in den ÖPNV investiert. Lübeck wiederum experimentiert mit Tempo-20-Zonen, um den Durchgangsverkehr zu reduzieren.
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Die Stadt an der Trave ist, gemessen an der Einwohnerzahl, noch immer rund doppelt so groß wie Lüneburg. Doch viele Ideen – vom Wasserbezug über öffentliche Sitzflächen bis zur Initiative der „essbaren Stadt“ – eignen sich auch für die kleinere Hansestadt, wo es bereits ähnliche Ansätze gibt. So wurden zuletzt an mehreren Stellen in der Innenstadt Sitzgruppen und begrünte Kästen aufgebaut.
In Lüneburg sind kurze Wege möglich, aber es gibt auch Herausforderungen im Verkehr
Die Ausgangslage in Lüneburg hat das Büro Planersocietät aus Dortmund untersucht, das den Prozess zur Erstellung des NUMP betreuen wird. Bei der Auftaktveranstaltung stellten zwei Vertreter die ersten Ergebnisse vor. Zu den Vorteilen der Stadt zählen demnach vor allem die kurzen Wege, aber auch das relativ gute Angebot an neuen Mobilitätsmöglichkeiten, wie das Carsharing von Cambio oder die Leihfahrräder von Stadtrad. Herausfordernd sind hingegen die schmalen Straßen und der Autoverkehr durch die vielen Pendler aus der Umgebung, ebenso die vielen Touristen in der Stadt.
„Der öffentliche Verkehr in der Stadt ist auch hier von Pkw-Verkehr geprägt“, sagte Carola Baier aus dem Planungsteam. Insbesondere auf den Hauptverkehrsstraßen gebe es Konflikte zwischen den Verkehrsteilnehmern. Zudem seien die Wege nicht immer barrierefrei, unter anderem wegen des historischen Kopfsteinpflasters.
Beteiligung am Lüneburger Mobilitätskonzept NUMP ist online und bei Veranstaltungen möglich
Um ein besseres Verkehrsnetz zu schaffen, arbeitet die Stadt eng mit dem Landkreis Lüneburg zusammen, der derzeit einen eigenen Mobilitätsplan erstellen lässt. Stadt und Landkreis haben dafür dasselbe Büro beauftragt. Das Mobilitätskonzept NUMP wird in den kommenden Monaten weiterentwickelt. Für die Lüneburger gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich an dem Prozess zu beteiligen. Weitere Informationen zu Veranstaltungen und Terminen gibt es auf der Seite www.nump-lg.de.