Landkreis Harburg. Landkreis Harburg erwartet bis März 2400 Flüchtlinge. Unterbringung wird zum Problem. Turnhallen und Dorfhäuser werden belegt.
Die Flüchtlingssituation im Landkreis Harburg spitzt sich weiter zu. Nach Angaben der Kreisverwaltung im Landkreis Harburg sind aktuell 3420 Ukraineflüchtlinge im Ausländerprogramm des Landkreises registriert. Landrat Rainer Rempe geht davon aus, dass die Zahl in den kommenden Monaten rasant steigen wird.
„Das Land Niedersachsen erwartet, dass in den nächsten sechs Monaten 70.000 Menschen unterzubringen sein werden“, berichtete der Landrat am Mittwoch bei der Kreisratssitzung in der Burg Seevetal. „Für den Landkreis Harburg bedeutet das etwa 2400 Personen, mit denen wir hier in den kommenden sechs Monaten rechnen müssen. Das sind pro Woche 92 Personen.“
Landkreis Harburg: Jede Woche 46 ukrainische und 46 Weltflüchtlinge
Damit werden künftig im Schnitt jede Woche 46 ukrainische und 46 sogenannte Weltflüchtlinge in den Gemeinden und Kommunen des Landkreises Harburg unterzubringen sein. Eine Aufgabe, die zu enormen Herausforderungen für die Kommunen führen wird, wie Rempe betont. Denn: „Unsere Wohnraumkapazitäten sind erschöpft“, so Rempe. „Und es gibt auch keine größeren Unterkünfte mehr, die wir zur Verfügung stellen können. Wir sind am Ende der Möglichkeiten einer vernünftigen Unterbringung angelangt.“
Die Kommunen müssen sich nun schnellstmöglich Gedanken um alternative Unterkünfte machen, um die vielen Flüchtlinge unterzubringen. „Wir müssen uns jetzt gemeinsam überlegen, welche Dorfgemeinschaftshäuser, welche Turnhallen künftig in Anspruch genommen werden können, um die Menschen im Landkreis Harburg zu beherbergen“, sagt Rainer Rempe.
Aktuell wird die erste Turnhalle vorbereitet
Aktuell wird die erste Turnhalle für die Unterbringung von Geflüchteten im Landkreis Harburg vorbereitet. Dabei handelt es sich um die Sporthalle der Berufsbildenden Schule Winsen (BBS Winsen). Dort sollen Kapazitäten für die Unterbringung von 180 Personen entstehen. „Das ist keine gute Lösung und schon gar keine Dauerlösung“, sagte Rainer Rempe. „Aber wir werden anders nicht klarkommen.“ Und: Man könne sich ja ausrechnen, wie lange das ausreiche.
Auch bei der langfristigen Unterbringung von geflüchteten Menschen aus der Ukraine stoßen Gemeinden und Kommunen im Landkreis Harburg inzwischen an ihre Grenzen. Bislang konnten Ukraine-Flüchtlinge ohne größere Probleme privat untergebracht werden. Doch auch hier sind die Kapazitäten erschöpft. Die Stadt Winsen hat inzwischen reagiert und baut kurzfristig am nordwestlichen Rand der Winsener Kernstadt auf einer 4500 Quadratmeter großen Fläche eine Wohneinrichtung speziell für diese Gruppe auf (wir berichteten). Dabei handelt es sich überwiegend um Frauen mit Kindern.
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Geflüchtete aus Kolumbien, Ruanda, Iran und Pakistan im Landkreis
Für die ukrainischen Flüchtlinge sind seit dem 1. Juni die Kommunen zuständig. Sie werden über die Landesaufnahmebehörde den Landkreisen in Niedersachsen zugewiesen und registriert, die Städte und Gemeinden sorgen für die Unterkunft. Neben den etwa 50 Menschen aus der Ukraine, die wöchentlich im Landkreis Harburg untergebracht werden müssen, kommen noch einmal so viele Geflüchtete aus anderen Ländern hinzu.
Das sind ungefähr doppelt so viele wie vor einem Jahr. Die meisten stammen aus der Türkei, gefolgt von Afghanistan, Syrien, Irak und Georgien. Auch Menschen aus Kolumbien, Ruanda, Iran und Pakistan sind in den Landkreis geflüchtet. Für diese baut der Landkreis aktuell zwei neue Unterkünfte in der Gemeinde Seevetal.
Geflüchtete im Landkreis Harburg: "Die Situation bleibt mehr als angespannt"
Der Landrat zeigte sich ernüchtert über das Ergebnis des Flüchtlingsgipfels von Bund, Ländern und Kommunen. Diese hatten sich am Dienstag getroffen, um über die Situation geflüchteter Menschen zu beraten. Demnach stellt die Bundesregierung den Ländern weitere 56 Immobilien mit 4000 Plätzen zur dauerhaften Unterbringung von Schutzsuchenden zur Verfügung. Beschlüsse zu Finanzierungsfragen – Städte und Kommunen hatten im Vorfeld des Flüchtlingsgipfels mehr Geld vom Bund gefordert – gab es nicht. „Das Ergebnis des Gipfels ist enttäuschend“, sagte Rainer Rempe. „Wenn der Bund das Angebot unterbreitet, 4000 Plätze für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen, ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.“
Rempe ließ offen, ob und wenn ja, welche weiteren Turnhallen oder Gemeinschaftshäuser im Landkreis Harburg als Notunterkünfte umfunktioniert werden sollen. „Aber wir werden als Landkreis nicht umhinkommen, solche Gebäude für Geflüchtete herzurichten.“ Rempe verwies dabei noch einmal auf die „herausragenden Leistungen“ vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) und der Johanniter-Unfallhilfe. „Ohne diese beiden Hilfsorganisationen ginge das ganze hier nicht“, so Rempe. „Und dennoch: Die Situation bleibt mehr als angespannt.“