Winsen. Bisher konnten Ukraine-Flüchtlinge in Winsen privat untergebracht werden. Warum die Stadt jetzt eine Container-Unterkunft aufbaut.

Flüchtlinge aus der Ukraine sind in Winsen und im ganzen Landkreis bisher zumeist privat untergekommen. Die Kreisstadt sieht sich jetzt gezwungen, kurzfristig eine Wohneinrichtung speziell für diese Gruppe aufzubauen. Diese „zentrale Container-Unterkunft“ sei notwendig, weil sich die Geflüchteten anders nicht mehr unterbringen ließen, heißt es vonseiten der Stadt.

Flüchtlinge aus der Ukraine: Privatunterkünfte reichen nicht mehr aus

„Es war ein schnelles, ja sofortiges Handeln zur Abwehr erheblicher Gefahren erforderlich, für das in Ausnahmesituationen die Eilentscheidung ausdrücklich vorgesehen ist“, ließ Bürgermeister André Wiese die Öffentlichkeit per Pressemitteilung wissen. „Sonst droht Obdachlosigkeit“, konkretisierte Stadtsprecher Theo Peters auf Abendblatt-Nachfrage. Die vorbereitenden Arbeiten laufen bereits, ab November soll der erste Wohnkomplex mit 20 Containern bezugsfertig sein.

Aktuell leben nach Informationen der Stadt 350 Ukrainer in Winsen, bis zu zehn kommen pro Woche hinzu. Nun reichten die privaten Kapazitäten dort „trotz großer Hilfsbereitschaft nicht mehr aus“, um eine Unterbringung zu gewährleisten. Für die ukrainischen Flüchtlinge sind seit dem 1. Juni die Kommunen zuständig. Sie werden über die Landesaufnahmebehörde den Landkreisen in Niedersachsen zugewiesen und registriert, die Städte und Gemeinden sorgen für die Unterkunft. Wöchentlich kommen bis zu 50 Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten mussten, in den Landkreis Harburg. Es handelt sich überwiegend um Frauen und Kinder.

Standort im Westen Winsens: 60 Container mit Platz für knapp 70 Personen

Für das Container-Dorf hat die Stadt eine 4500 Quadratmeter große Fläche am nordwestlichen Rand der Winsener Kernstadt ausgewählt. Der bisher landwirtschaftlich genutzte Grund grenzt nördlich an die Kindertagesstätte „Kunterbunt“ und liegt unmittelbar an einer Wendeschleife im Verlauf der Astrid-Lindgren-Straße.

Bei der Auswahl war die Verfügbarkeit ein wesentliches Kriterium. „Die Fläche gehört der Stadt und ist ab 1. Oktober verfügbar“, sagt Theo Peters. Auch die Lage, die Bodenbeschaffenheit und Erschließungssituation seien wichtig für die Entscheidung gewesen. Für die Unterkunft werden – wie bei einem Hausbau – Leitungen für Gas, Wasser und Strom verlegt.

Im November sollen die Miet-Container der Kleusberg GmbH Co. KG ankommen, mit denen eine Wohnanlage aus drei Komplexen aufgebaut wird. Neben den Wohneinheiten wird es auch Sanitär-, Küchen- und Flurbereiche geben. Jeder Komplex besteht aus 20 Containern, der erste soll noch im November für die Ukraine-Flüchtlinge geöffnet werden. Die fertige Unterkunft soll etwa 70 Personen Platz bieten.

Kosten von 646.000 Euro für das Jahr 2022 – Kein Posten im Haushalt

Der Betrieb unter der Verantwortung des Unternehmens Human Care ist zunächst für eine Dauer von zwei Jahre geplant. Das Human-Care-Team ist für die Organisation und Technik, die Bewachung des Geländes sowie die Betreuung und Beratung der Bewohner zuständig. Aktuell sind mehrere Stellen für den Winsener Standort ausgeschrieben.

Mit der Maßnahme komme die Stadt der gesetzlichen Verpflichtung nach, „für alle Geflüchteten in den bevorstehenden Herbst- und Wintermonaten eine menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten“, so Bürgermeister André Wiese.

Die Kosten für das Jahr 2022 belaufen sich nach Angaben der Stadt Winsen auf gut 646.000 Euro. Das schließt alle notwendigen Errichtungs-, Miet- und Betriebskosten ein. „Das ist eine hohe Summe, die uns hoffentlich zu einem großen Teil über den Bund bzw. das Land erstattet wird“, sagt Wiese. Der städtische Haushalt sieht keine Mittel für die Maßnahme vor. Deshalb werden die Gelder überplanmäßig bereitgestellt.

Flüchtlinge aus der Ukraine: Öffentliche Gebäude zur Unterbringung?

An alle, die privaten Wohnraum zur Verfügung stellen können und wollen, geht auch weiter die Bitte, uns ihre Wohnungen und Häuser konkret anzubieten. Und schließlich muss das Land einfach viel mehr tun, als die Geflüchteten nur an die Kommunen weiter zu verteilen. Die Erwartung ist, dass es sich mit zentralen Aufnahmemöglichkeiten selbst und aktiv an der Bewältigung der Notlage beteiligt. Ansonsten wird es immer wahrscheinlicher, dass in den Kommunen öffentliche Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine genutzt werden müssen.“