Wistedt. Landkreis erlässt Stallpflicht und weitere Maßnahmen. Betroffene Tiere werden getötet, restlicher Bestand auf Virus untersucht

Nach dem Ausbruch der Geflügelpest bei einem Gänse- und Entenzüchter in Wistedt bei Tostedt muss von heute an sämtliches Geflügel im Landkreis Harburg in Ställen leben. Wie berichtet, erkrankte eine 1200-köpfige Gruppe von Elterngänsen, die für die Zucht eingesetzt werden, an der Vogelgrippe. Rund ein Viertel der Tiere verendete, der Rest wird heute getötet.

In einem Umkreis von drei Kilometern vom Betrieb (Schutzzone) müssen nun gewerbliche und private Geflügelhalter dem Veterinärdienst die Anzahl der Tiere, deren Nutzungsart und Standorte sowie verendete Vögel melden und jede Änderung anzeigen. Lebende Vögel, Eier oder Tierkörper dürfen nur auf betrieblichen Wegen, nicht aber auf öffentlichen Straßen transportiert werden. Hier wie in der Überwachungszone mit einem Radius von zehn Kilometern gelten zudem verschärfte Hygienevorschriften und Auflagen, die Tierbestände täglich hinsichtlich auftauchender Krankheitssymptome genau zu beobachten.

Auf dem betroffenen Hof lebten rund 35.000 Gänse und Enten

Insgesamt lebten rund 35.000 Tiere auf dem betroffenen Hof: 16.000 Gänse und 3000 Enten für die Nachzucht sowie gut 15.000 Gänse und Enten als Mastgeflügel für das Weihnachtsgeschäft. Er habe die Behörden überzeugen können, dass nicht der gesamte Bestand vernichtet werde, sondern die anderen Herden zunächst beprobt und auf den Erreger untersucht werden, sagt der betroffene Landwirt, der nicht genannt werden möchte. Schließlich habe die infizierte Gruppe sehr isoliert gestanden.

Es sei ein Mangel in der Seuchenbekämpfung, dass die betroffenen Betriebe nicht näher angesehen werden, sondern alles über einen Kamm geschert werde, sagt der Wistedter. „Es wäre auch sinnvoll, einen infizierten Bestand zu Forschungszwecken mal leben zu lassen. Die gesunden Tiere sind wahrscheinlich immun gegen das Virus und werden dennoch getötet. Nicht geschlachtet, sondern totgehauen.“

Auf dem Cassenshof wurde eine Scheune für die Gänse freigeräumt

Teresa-Marie Pelka führt mit ihrem Bruder Friedrich Voß den Cassenshof in Inzmühlen.
Teresa-Marie Pelka führt mit ihrem Bruder Friedrich Voß den Cassenshof in Inzmühlen. © HA | Hanna Kastendieck

Nur zwölf Kilometer von dem betroffenen Betrieb entfernt hält der Cassenshof aktuell 1184 Gänse. „Wir sind gefühlt dicht dran und haben deshalb unsere Sicherheitsvorkehrungen hochgefahren“, sagt Teresa-Marie Pelka, die zusammen mit ihrem Bruder Friedrich Voß den erweiterten Familienbetrieb mit rund 50 Mitarbeitern führt. Am Montagnachmittag begann das Team, eine alte Scheune auszuräumen, die gewöhnlich als Lager dient. Gestern Nachmittag haben die Mitarbeiter schweren Herzens die Tiere von der Weide geholt – „Freiland ist die schönere Haltungsform und liefert eine bessere Fleischqualität“, so die Hofmanagerin.

Seit Beginn der Gänsesaison hat sich die Herde vom Cassenshof fast halbiert. „Wir hatten 2000 Gänse großgezogen“, sagt Pelka. „Eigentlich wollten wir im Frühjahr 2500 Gössel haben. Aber die Geflügelpest im vergangenen Winter hat dazu geführt, dass weniger Nachwuchs verfügbar war.“ Etwa zwei Drittel des Geflügels geht in die Gastronomie, der Rest wird über den Hofladen verkauft. Auch bei den Restaurants sei der diesjährige Gänsemangel zu spüren. Pelka sagt: „Es haben sich viele Gastronomen gemeldet, obwohl unsere Gänse dreimal so teuer sind wie die polnischen, die sie üblicherweise nehmen. Aber auch in Polen gibt es weniger Gänse.“

Durch Corona werden Gänse früher als sonst gekauft

Andere Halter mussten ihre Tiere schon vor Wochen „inhaftieren“. Zu ihnen gehört Backebergs Geflügelhof nördlich von Bardowick. Er liegt in der Elbmarsch, wo seit Ende Oktober die Stallpflicht gilt. Inzwischen sind die meisten Tiere geschlachtet und verkauft: „Wir haben noch 150 von ursprünglich 1000 Gänsen hier stehen“, sagt Juniorchef Daniel Backeberg. Dabei hat die Corona-Pandemie dem Hof in die Hände gespielt: „Die Nachfrage nach Gänsen hat sich deutlich vorverlagert“, so Backeberg. „Die Leute wollen nicht kurz vor dem Fest in der Schlange stehen. Sie verlegen ihre Familienfeiern vor, weil unklar ist, wie die Situation zu Weihnachten sein wird.“

Beim Hof Metzger im Stadtrand von Buxtehude gibt es dagegen nur Weihnachtsgänse: „Unsere 180 Gänse gehen am 22. Dezember weg“, sagt Juniorchef Tom Metzger. Sein Hof liegt im Landkreis Stade. Dort herrscht seit dem 18. November Stallpflicht. „Im Moment geht das einigermaßen. Im vergangenen Winter war es schlimmer. Die Tiere waren deutlich aggressiver, haben sich gegenseitig die Federn herausgerissen.“

Vogelgrippe wird nicht auf Menschen übertragen

Landwirtin Celine Seckerdieck vom Seckerdiecks Land Gut in Groß Moor (Seevetal) hat im Gespräch mit dem Abendblatt von der Stallpflicht für ihre 220 Tiere erfahren und reagierte entsetzt: „Gänse im Stall sind ein Alptraum. Wir hatten das vor einigen Jahren, aber nur über zwei Wochen. Es war wirklich schlimm.“ Auch bei Seckerdiecks wird erst zum Fest geschlachtet. Die Landwirtin hat eine Bitte: „Schreiben Sie bitte, dass die Geflügelgrippe nicht auf Menschen übertragen wird. Wir bekommen immer wieder ängstliche Nachfragen von Kunden.“