Landkreis Harburg. Auch im Landkreis kann bald eine Stallpflicht drohen. Die Erfahrungen von 2016 geben den Hühnerhaltern allerdings Gelassenheit.

Die Geflügelhalter im Landkreis Harburg bereiten sich auf die immer näher rückende Geflügelpest vor. Erste Landkreise in Schleswig-Holstein (Kreis Segeberg) und Mecklenburg-Vorpommern haben bereits eine Stallpflicht angeordnet, und es ist wahrscheinlich, dass dies demnächst auch südlich der Elbe geschehen wird. So wurde bereits im Landkreis Cuxhaven bei zwei Wildenten das Vogelgrippe-Virus nachgewiesen.

Erfahrungen mit der Geflügelpest

„Wir bereiten uns auf eine Stallpflicht vor, sehen dem aber gelassen entgegen, weil wir die Situation schon vor vier Jahren hatten“, sagt Sandra Speer aus Fliegenberg (Gemeinde Stelle). Auch damals grassierte das von Wildvögeln eingetragene Vogelgrippe-Virus H5N8 in Deutschland, verursachte Ausbrüche der für Vögel tödlich verlaufenden Krankheit in 90 Geflügelhaltungen und 15 Zoos. Bundesweit mussten mehr als 900.000 Tiere getötet werden; im Landkreis Harburg herrschte von Mitte November 2016 bis Anfang April 2017 Stallpflicht.

Sandra Speer hält in der Elbmarsch 6500 Legehennen in neun mobilen Ställen und vermarktet die Eier unter der Marke Heilight. Wie beim ersten Mal müssten die Hennen bei einer Stallpflicht in ihren „Wohnwagen“ von der Größe eines 40-Fuß-Containers bleiben, könnten aber auch in frischer Luft unter dem Stall herumpicken. „Noch laufen die Hühner frei umher“, sagt Speer. „Aber wir können die Bereiche unterhalb der Ställe von heute auf morgen abdichten, wenn es nötig werden sollte.“

Außenbereich wird mit Planen abgesichert

In diesem Winter will die Hühnerhalterin ihren neun Legeteams zudem mehr Freiheit gönnen: „Wir werden den gesicherten Außenbereich mit Planen auf die dreifache Fläche vergrößern.“ Etwa so wie an Campingwagen angebrachte Vorzelte. Die Ställe sind dann nicht mehr mobil. Doch im Winter werden sie ohnehin nicht groß umgestellt, sondern dicht an den Wegen platziert, damit sie erreichbar bleiben, wenn Regen den Boden durchweicht. Speer: „Im Sommer werden die Ställe alle drei, vier Wochen umgesetzt, damit sich das Gras im Auslaufbereich erholen kann. Im Winter macht das wenig Sinn, weil das Gras dann kaum wächst.“

40.000 Hennen in Freilandhaltung

Auch Henner Schönecke, Chef des Geflügelhofs Schönecke in Elstorf (Neu-Wulmstorf), wird seine knapp 40.000 im Freiland lebenden Hennen in den Ställen lassen müssen, wenn die Geflügelpest die Region erreicht. „Die Hennen schlafen ohnehin nachts im Stall. Wir lassen sie dann am nächsten Morgen nicht mehr heraus. Sie haben dann immer noch genügend Platz, Scharrbereiche und einen Wintergarten.“ Dennoch ist Schönecke beunruhigt: „Als Vorsitzender vom Bundesverband Ei höre ich maximale Alarmsignale aus Berlin. Das Virus verwandelt sich, jedes Jahr treten bestimmte Mutationen auf. Dieses Jahr ist es unglaublich tödlich, die Wildvögel fallen quasi vom Himmel.“

Bestehende Hygieneregeln werden verschärft

Wenn es ernst wird, werde er die bestehenden Hygieneregeln verschärfen, so Schönecke: „Wir müssen die Ställe von der Außenwelt abtrennen. Die Mitarbeiter müssen zum Beispiel die Schuhe wechseln, wenn sie einen Stall betreten. Es gibt nichts Schlimmeres, als eine große Anzahl toter Tiere aus dem Stall heraustragen zu müssen.“ Vor vielen Jahren sei das einmal geschehen, sagt der Geflügelhalter. Damals seien die Hennen im Stall in Panik geraten, vermutlich ausgelöst von einem überfliegenden Hubschrauber. Die Tiere seien in die Ecken geflüchtet, einige hundert von ihnen wurden dabei erdrückt.

Auch die Gänsehalter haben einen Notfallplan

Etwas anders ist die Situation bei den Gänsehaltern. Hier beginnt am heutigen Martinstag die Schlachtsaison – die zu rettenden Gänsescharen werden also mit jeder Woche, in der die Geflügelpest den Landkreis verschont, kleiner. Auf dem Cassenshof in Inzmühlen am Rande der Lüneburger Heide sind gestern die ersten 180 Gänse geschlachtet worden. Gut 1300 leben aber weiterhin in den Wiesen am Seeve-Ufer. „Draußen sind die Gänse am besten aufgehoben“, sagt Teresa-Marie Pelka, die den Hof mit ihrem Bruder Friedrich Voß und ihren Eltern betreibt. „Aber wir haben einen Notfallplan: Innerhalb von 24 Stunden können wir eine Scheune leerräumen, in der die Gänse untergebracht werden können.“

Das habe die Familie schon vor vier Jahren gemacht – „wir kennen das Spielchen“, sagt sie. Vor wenigen Tagen erst habe das Veterinäramt des Landkreises den Hof im Rahmen einer Routinekontrolle besucht. Pelka: „Uns wurde gesagt, dass wir vorerst alles so lassen können.“