Landesregierung sieht noch Spielraum. Geschäftsführer Fuchs telefoniert mit Kunden und Lieferanten, um Insolvenz in letzter Minute abzuwenden.

Schwerin/Stralsund. Die Landesregierung sieht noch Spielraum für die Freigabe der eingefrorenen staatlichen Rettungsbeihilfe für die angeschlagenen P+S-Werften. Voraussetzung sei, dass Werftenchef Rüdiger Fuchs kurzfristig ein Finanzierungskonzept aufstelle, dass den beihilferechtlichen Vorgaben der EU gerecht wird. „Wenn es der Werft doch noch gelingen sollte, privat eine Summe einzuwerben, die die Liquidität bis zur Genehmigung einer Umstrukturierung durch die EU sichert, ist eine weitere Unterstützung möglich“, sagte Regierungssprecher Andreas Timm am Mittwoch der dpa. Fuchs hatte am Mittwoch intensive Gespräche mit Kunden wie Scandlines und DFDS sowie Lieferanten geführt, um sie für sein Sanierungskonzept zu gewinnen. Die Gespräche sollen am Donnerstag fortgesetzt werden.

Am Montag hatte der Werftenmanager in Schwerin deutlich gemacht, dass die staatliche Rettungsbeihilfe über 152,4 Millionen Euro lediglich bis Ende 2012 ausreicht. Laut Timm kann das Genehmigungsverfahren durch Brüssel jedoch noch bis Ende 2013 dauern. Damit müsste ein Zeitraum von bis zu einem Jahr mit den finanziellen Beiträgen von Kunden, Zuliefern und Mitarbeitern überbrückt werden. Gelinge dies, könnten demnach die noch ausstehenden rund 82 Millionen Euro ausgezahlt werden. Bisher hat die Werft keine Angaben darüber gemacht, wieviel privates Kapital benötigt wird.

+++ Rettungsversuch für 2000 Mitarbeiter der P+S-Werften +++

Betriebsrat und IG Metall machten deutlich, dass sie weiter zu ihrem Beitrag zur Rettung der Werft in Höhe von 68 Millionen Euro in den kommenden vier Jahren stehen, aber zu weiteren Zugeständnissen nicht bereit sind. „Weitere Einschnitte bei den Löhnen würden keinen Sinn machen, da die Mitarbeiter dann so wenig verdienen, dass sie leicht von anderen Firmen abgeworben werden können“, sagte der Wolgaster Betriebsrat Carsten Frick. Er hoffe, dass die Gespräche erfolgreich verlaufen. Die Betriebsräte waren am Mittwoch in der Zentrale der IG Metall Küste, um sich auf den Ernstfall einer Insolvenz vorzubereiten.

Unterstützung für die Bemühungen der P+S-Werften kam auch von der Bundesregierung. „Ich hoffe, dass es der neuen Geschäftsführung gelingt, in den Gesprächen mit Kunden, Zulieferern und Mitarbeitern die Insolvenz doch noch abzuwenden. Die Bundesregierung wird die weitere Entwicklung der P+S Werften konstruktiv begleiten“, erklärte der Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft und Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Hans-Joachim Otto. Sollte es dennoch zur Insolvenz kommen, sei dies „eine überaus schmerzliche Entwicklung“.

+++ Angeschlagene P+S Werften kündigen Insolvenz an +++

An der zeitnahen Herstellung der Lieferfähigkeit müssten nach Einschätzung der Werft vor allem die Kunden ein großes Interesse haben, deren Schiffsbauten fortgeschritten sind. Für die Lieferanten, die seit Jahren mit der Werft zusammenarbeiteten, sei besonders eine mittel- und langfristige Perspektive wichtig. Die IG Metall geht davon aus, dass eine Insolvenz der P+S-Werften nicht nur 2000 Arbeitsplätze auf den Werften, sondern auch 3000 Arbeitsplätze in der Zulieferindustrie gefährdet. Am Donnerstag wollen nach Angaben von NDR 1 Radio MV die Werften-Zulieferer über ihr weiteres Vorgehen beraten.

Unterdessen geht die Diskussion über die politische Mitverantwortung an der drohenden Werftenpleite weiter. Die SPD sieht den von der Opposition geforderten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gelassen. „Die Landesregierung hat nichts zu verbergen“, betonte SPD-Fraktionschef Norbert Nieszery. „Aufklärung und Information ist immer gut – auch wenn sich mir momentan nicht erschließt, welche neuen Erkenntnisse dabei ans Tageslicht kommen sollten.“ Schließlich seien Linke und Grüne stets und ständig in alle Rettungsschritte für die Werften eingebunden gewesen.

Beide Oppositionsfraktionen hatten am Dienstagabend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen, der die Vorgänge im Zusammenhang mit den Werften aufklären soll. Sie vermuten, dass Versäumnisse und Fehleinschätzungen der SPD/CDU-Regierung das Scheitern der Werftenrettung mitverursacht haben könnten.

Die Staatsanwaltschaft Stralsund sieht eigenen Angaben zufolge derzeit keinen Anfangsverdacht einer Insolvenzverschleppung. Es liege auch keine entsprechende Anzeige vor. Sollte es zu einem Insolvenzantrag kommen, gehe die Akte auch routinemäßig an die Staatsanwaltschaft.