Der CDU-Politiker tritt auch von seinem Amt als Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion in Kiel zurück. “Um weiteren Schaden von meinem Umfeld abzuhalten“, sagt er.

Kiel/Berlin. Führungskrise in der Nord-CDU: Christian von Boetticher zieht sich nach seiner Affäre mit einer 16-Jährigen nicht nur als Landesvorsitzender und Spitzenkandidat für die in neun Monaten anstehenden Landtasgwahlen zurück, sondern legt auch sein Amt als Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion in Kiel nieder. Dies gab der 40-Jährige am Montagabend bekannt. „Um weiteren Schaden von meinem Umfeld, von meiner Fraktion und von meiner Person abzuwenden, habe ich mich heute um 17.10 Uhr entschieden, auch als Vorsitzender der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag zurückzutreten“, heißt es in einer schriftlichen Erklärung des 40-Jährigen. Sein Landtagsmandat behalte er, gab Boetticher an.

Als neuer Landtagsfraktionschef ist Landesschatzmeister Hans-Jörn Arp im Gespräch. Boettichers Nachfolger als Spitzenkandidat der Union für die Landtagswahl soll wohl Wirtschaftsminister Jost de Jager werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel schweigt zur dieser Entscheidung. Regierungssprecher Steffen Seibert antwortete auf die Frage, ob ihm moralische Vorbehalte Merkels gegen eine solche Beziehung bekannt seien, dass sich eine solche Frage der Bundesregierung nicht stelle. "Eine persönliche Einschätzung der Bundeskanzlerin kenne ich nicht.“

Unterdessen rechnet sich die SPD in Schleswig-Holstein unabhängig vom Rückzug des CDU-Spitzenkandidaten Christian von Boetticher gute Chancen auf eine Machtübernahme im nächsten Jahr aus. Die Menschen hätten ohnehin die Nase voll von CDU und FDP, sagte SPD-Landeschef Ralf Stegner am Montag dem Sender NDR Info. Den Koalitionsparteien attestierte er einen "desolaten Zustand“. Die Beziehung Boettichers zu einer Minderjährigen wollte Stegner nicht bewerten. Auch Politiker seien Menschen. Deren private Entscheidungen gehörten nicht in die Öffentlichkeit.

Der Landesschatzmeister der schleswig-holsteinischen CDU, Hans-Jörn Arp, mahnt indes eine rasche Lösung zur Nachfolge des zurückgetretenen Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten Christian von Boetticher an. Beim Treffen des erweiterten Landesvorstandes am (morgigen) Dienstag müsse ein Fahrplan beschlossen werden, damit die CDU ganz schnell handlungsfähig werde, sagte Arp dem Sender NDR Info. Die Menschen müssten sehen, dass die CDU zwar einen ihrer größten Hoffnungsträger verloren habe, aber weiter regierungsfähig sei. Konkret zur Nachfolge wollte sich Arp nicht äußern. Ob Boetticher Fraktionschef bleiben könne, müsse am Dienstag die Fraktion entscheiden. Arp ist auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender.

„Ich sehe ihn als einen charakterfesten, ordentlichen Kerl, und ich bin begeistert über das, was er geleistet hat in der letzten Zeit und in diesem Kabinett.“ Die Entscheidung müssten die Parteigremien und die Mitglieder treffe", sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) in einem Gespräch mit NDR 1 Welle Nord.

Am Abend zuvor hatte sich von Boetticher bei seiner Rücktrittserklärung zu seiner damaligen Liebesbeziehung bekannt und sprach von einem politischen Fehler. Das Verhältnis zu dem Teenager stammte aus der Zeit vor von Boettichers Vornominierung zum Spitzenkandidaten. Dafür hatte ihn Ministerpräsident Carstensen vorgeschlagen. Dieser sagte in dem Gespräch mit der NDR 1 Welle Nord, es tue ihm Leid, dass es zum Rücktritt gekommen sei und ebenso um Boetticher persönlich, sagte Carstensen. Darum aber gehe es nicht. Es sei die richtige Entscheidung gewesen. Ein Spitzenamt anzustreben habe auch andere Ansprüche und diesen Ansprüchen müsse man auch gerecht werden, so Carstensen.

Rechtlich ist eine intime Beziehung zu einer 16-Jährigen zulässig. Ministerpräsident Carstensen hatte von Boetticher aber darauf hingewiesen, der Vorgang habe "mehr als eine nur rechtliche Dimension“. Der geschäftsführende Landesvorstand der Nord-CDU nahm die Rücktrittsentscheidung in einer Erklärung "mit Respekt zur Kenntnis“. Von Boetticher habe "deutlich gemacht, dass er die moralische Komponente falsch eingeschätzt hat“.

Vom Wirtschaftsminister zum Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins? Einen Tag nach dem Rückzug von CDU-Landtagsfraktionschef Christian von Boetticher zeichnet sich ab, dass Wirtschaftsminister Jost de Jager neuer Spitzenkandidat zur Landtagswahl werden soll. Der 46-Jährige soll bereits signalisiert haben, dass er für eine Kandidatur bereit sei, wollte sich aber nicht selbst zu den Spekulationen um seine Person äußern. „Jetzt ist nicht der Moment, öffentlich übereinander zu reden, sondern für einvernehmliche Gespräche miteinander“, sagte er.

Der Zeitpunkt kommt der CDU ungelegen, denn in neun Monaten ist die Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Jetzt steckt die CDU in einer tiefen Führungskrise. Bisher führt von Boetticher auch die Landtagsfraktion der CDU. An diesem Dienstag wird entschieden, wie es dort an der Spitze weitergeht. Heute (Montag) werden weitere Gespräche geführt. (abendblatt.de/dpa/dapd)