Der Wirtschaftsminister gilt als Favorit für die Nachfolge von Boettichers. Hans-Jörn Arp soll vom Vize zum Kieler Fraktionschef aufrücken.
Kiel. Schleswig-Holsteins CDU steht nach dem Rückzug ihres Partei- und Fraktionsvorsitzenden Christian von Boetticher vor einem personellen Neustart. Fraktionsvize Hans-Jörn Arp signalisierte am Dienstag seine Bereitschaft zur Übernahme des Chefposten der Landtagsabgeordneten. Favorit auf die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl im Mai 2012 und den CDU-Landesvorsitz ist Wirtschaftsminister Jost de Jager.
An der Fraktionssitzung am Dienstag nahm neben Ministerpräsident Peter Harry Carstensen auch de Jager teil, der kein Abgeordnetenmandat hat. Am Rande der Sitzung kündigte Fraktionsvize Johannes Callsen an, dass die Fraktion in einer Sondersitzung am Donnerstag einen neuen Fraktionschef wählen wolle. Namen nannte er nicht.
Arp sagte der Nachrichtenagentur dapd vor Beginn, er sei zur Übernahme des Fraktionsvorsitzes bereit, wolle aber keinesfalls eine Kampfkandidatur. Der Finanzexperte der Fraktion, Tobias Koch, bezeichnete den Landesschatzmeister als "prädestinierten Kandidaten“, ließ aber auch eigene Ambitionen durchblicken: "Ich werde mich nicht verweigern, wenn der Wunsch an mich herangetragen wird.“
Landesvorstand wollte am Abend beraten
Am Abend wollte auch der erweiterte Landesvorstand tagen (19.30 Uhr). Nach dapd-Informationen ist der 46-jährige de Jager bereit für die Nachfolge Boettichers als CDU-Spitzenkandidat. Er wollte sich am Rande der Sitzung aber nicht zu Spekulationen äußern.
+++Rückttritt von Boettichers: ein politisches Desaster?+++
Carstensen hatte sich bereits am Montag hochzufrieden über den möglichen Boetticher-Nachfolger de Jager geäußert. "Ich sehe ihn als einen charakterfesten, ordentlichen Kerl.“ Er sei in seinem Kabinett einer der stärksten.
Boetticher war am Sonntag von seinem Parteiamt zurückgetreten und hatte am Montag auch den Fraktionsvorsitz niedergelegt. Grund war Kritik an seiner inzwischen beendeten Liebesbeziehung mit einer damals 16-Jährigen. Der 40-Jährige galt als Kronprinz des Ministerpräsidenten und sollte die CDU als Spitzenkandidat in die Landtagswahl führen.
An der Fraktionssitzung am Dienstag nahm Boetticher nicht teil. Callsen betonte, die Fraktion habe seinen Rücktritt mit Respekt zur Kenntnis genommen. Er werde weiter der Fraktion angehören. Dies ist auch notwendig, denn CDU und FDP haben im Kieler Landtag nur eine Stimme mehr als die Opposition. Rechtlich umstritten ist, ob ein Christdemokrat nachrücken dürfte, falls Boetticher sein Mandat zurückgibt. Hintergrund sind ungedeckte Überhangmandate der Union.
FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki dankte Boetticher für die gute Zusammenarbeit der vergangenen Jahre. "Zwischen uns war ein Vertrauensverhältnis gewachsen, das auch schwierige Entscheidungen zum Wohle unseres Landes und zum Erfolg unserer Koalition ermöglicht hat.“
Arp bescheinigte Boetticher ein hohes Ansehen in der Partei und schloss dessen Rückkehr in die Politik nicht aus. Auf jemanden mit seinen Qualitäten könne die Union nicht so leicht verzichten, sagte Arp im Deutschlandfunk.