Die Nord-CDU hat sich auf Wirtschaftsminister Jost de Jager als neuen Spitzenkandidaten und Landesvorsitzenden geeinigt.
Kiel. Der Landesvorstand der CDU in Schleswig-Holstein hat sich einstimmig für Wirtschaftsminister Jost de Jager als Nachfolger für den zurückgetretenen Christian von Boetticher als Spitzenkandidat für die Landtagswahlen 2012 festgelegt. Der 46 Jahre alte de Jager soll ebenfalls Landesvorsitzender werden, wie der Landesvorstand am Abend in Kiel entschied.
"Ich trete an, um diese Wahl zu gewinnen“, sagte der 46-Jährige nach einer zweieinhalbstündigen Sondersitzung der CDU-Spitze. Es fühle sich gut an, so breit von der Partei getragen zu werden.
Ein Sonderparteitag soll de Jager am 24. September zum Parteichef wählen. Zuvor muss er sich allerdings auf vier Regionalkonferenzen den Fragen der Basis stellen. Die Landesliste will die CDU auf einem weiteren Parteitag am 4. November beschließen. Neuer Fraktionschef könnte der bisherige Finanzminister Rainer Wiegard (62) werden.
Am Sonntag war der bisherige Parteichef Christian von Boetticher zurückgetreten. Er war über die moralischen Bedenken wegen seiner früheren Liebesbeziehung zu einer 16-Jährigen gestürzt. Der 40-Jährige galt lange als Kronprinz von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und sollte die CDU als Spitzenkandidat in die Landtagswahl führen.
Schon vor der Sitzung deutete sich immer mehr eine Vorentscheidung für Wirtschaftsminister Jost de Jager als Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2012 an. Mit Landtagspräsident Torsten Geerdts, Innenminister Klaus Schlie, Landesparteivize Ingbert Liebig und Fraktionsvize Hans-Jörn Arp sprachen sich am Dienstag mehrere führende CDU-Politiker offen für de Jager aus. Geerdts nannte ihn am Abend "den optimalen Kandidaten“. "Ich halte Jost de Jager für den optimalen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten“, sagte Geerdts vor Beginn der Sitzung. Schlie sagte, der 46-Jährige sei eine "herausragende Persönlichkeit“. Schlie befürwortete vor der Sitzung des Landesvorstandes zudem, dass de Jager auch Landesvorsitzender wird. Geerdts nannte de Jager "stärkstes Mitglied im Kabinett“. Schlie sprach von einem Superminister.
Mit Finanzminister Rainer Wiegard gibt es unterdessen einen vierten möglichen Kandidaten für den Fraktionsvorsitz. Als weitere Namen waren bisher Arp, Fraktionsvize Johannes Callsen und der Finanzexperte Tobias Koch im Gespräch. Der neue Fraktionsvorsitzende wird an diesem Donnerstag gewählt.
De Jager hat kein Abgeordnetenmandat
An der Fraktionssitzung am Dienstag nahm neben Ministerpräsident Peter Harry Carstensen auch de Jager teil, der kein Abgeordnetenmandat hat. Am Rande der Sitzung kündigte Fraktionsvize Johannes Callsen an, dass die Fraktion in einer Sondersitzung am Donnerstag einen neuen Fraktionschef wählen wolle. Namen nannte er nicht.
Arp sagte der Nachrichtenagentur dapd vor Beginn, er sei zur Übernahme des Fraktionsvorsitzes bereit, wolle aber keinesfalls eine Kampfkandidatur. Der Finanzexperte der Fraktion, Tobias Koch, bezeichnete den Landesschatzmeister als "prädestinierten Kandidaten“, ließ aber auch eigene Ambitionen durchblicken: "Ich werde mich nicht verweigern, wenn der Wunsch an mich herangetragen wird.“
+++Rückttritt von Boettichers: ein politisches Desaster?+++
Carstensen hatte sich bereits am Montag hochzufrieden über den möglichen Boetticher-Nachfolger de Jager geäußert. "Ich sehe ihn als einen charakterfesten, ordentlichen Kerl.“ Er sei in seinem Kabinett einer der stärksten.
Boetticher war am Sonntag von seinem Parteiamt zurückgetreten und hatte am Montag auch den Fraktionsvorsitz niedergelegt. Grund war Kritik an seiner inzwischen beendeten Liebesbeziehung mit einer damals 16-Jährigen. Der 40-Jährige galt als Kronprinz des Ministerpräsidenten und sollte die CDU als Spitzenkandidat in die Landtagswahl führen.
An der Fraktionssitzung am Dienstag nahm Boetticher nicht teil. Callsen betonte, die Fraktion habe seinen Rücktritt mit Respekt zur Kenntnis genommen. Er werde weiter der Fraktion angehören. Dies ist auch notwendig, denn CDU und FDP haben im Kieler Landtag nur eine Stimme mehr als die Opposition. Rechtlich umstritten ist, ob ein Christdemokrat nachrücken dürfte, falls Boetticher sein Mandat zurückgibt. Hintergrund sind ungedeckte Überhangmandate der Union.
FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki dankte Boetticher für die gute Zusammenarbeit der vergangenen Jahre. "Zwischen uns war ein Vertrauensverhältnis gewachsen, das auch schwierige Entscheidungen zum Wohle unseres Landes und zum Erfolg unserer Koalition ermöglicht hat.“
Arp bescheinigte Boetticher ein hohes Ansehen in der Partei und schloss dessen Rückkehr in die Politik nicht aus. Auf jemanden mit seinen Qualitäten könne die Union nicht so leicht verzichten, sagte Arp im Deutschlandfunk. (dpa/dapd)