Einen Tag nach den Protesten diskutieren die Abgeordneten heikle Themen. Protestler hatten mit 1000 Umzugskartons den Landtag versperrt.

Kiel. Einen Tag nach den schweren Protesten in Kiel geht die Debatte um die HSH Nordbank im Landtag in Schleswig-Holstein weiter. Grüne und Linke verlangen, dass die Landesregierung wieder im Aufsichtsrat vertreten ist. Schleswig-Holstein und Hamburg sind zwar die Hauptanteilseigner der Bank, haben jedoch keine Vertreter mehr in dem Gremium. Es dürfte auch um mögliche Abfindungszahlungen für den umstrittenen Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher gehen.

Auf der Tagesordnung steht außerdem die Zukunft der Hochschullandschaft im Norden. Zudem diskutieren die Abgeordneten die Personalpolitik der FDP-geführten Ministerien. Es geht unter anderem um die Neubesetzung des Postens des Generalstaatsanwaltes, nachdem das Verwaltungsgericht die Ernennung eines Bewerbers mit FDP-Mitgliedschaft verworfen hat.

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10.000 Demonstranten versperren Kieler Landtag

Der Kieler Landtag blockiert, die Stimmung vor den Toren aufgeheizt: Bis zu 10 000 Menschen protestieren wütend gegen die Sparpolitik von Schwarz-Gelb im Bund und in Schleswig-Holstein. DGB-Chef Michael Sommer fordert, die soziale Schieflage zu beseitigen.

Demonstranten versperrten mit rund tausend Umzugskartons den Haupteingang des Landtagsgebäudes, in dem das Parlament tagte. „Die soziale Schieflage muss beseitigt werden“, rief DGB-Chef Michael Sommer den Demonstranten vor dem Landeshaus zu, die mit Tröten und Trillerpfeifen ihrem Ärger Luft machten. Zu der Demonstration hatte ein breites Bündnis von Gewerkschaften und Verbänden aufgerufen. Sommer teilte aus gegen die schwarz-gelbe Koalition, gegen Eliten und Banker. „Wir wollen nicht für eine Krise bezahlen, die wir nicht verursacht haben.“ Er wandte sich gegen die Rente mit 67, forderte gleiche Löhne für gleiche Arbeit, bessere Ausbildungschancen für junge Menschen und verlangte Einnahmeverbesserungen.

„Wir haben nicht über unsere Verhältnisse gelebt, sondern einige Menschen haben sich die Taschen vollgestopft.“ Der Berliner Professor Peter Grothian vom Wissenschaftlichen Beirat vonAttac forderte vor dem blockierten Landtag eine Radikalisierung des Protests. „Wir müssen mit unserer Forderung den Betriebsfrieden stören und die Politiker verunsichern, indem wir zumindest in den nächsten Wochen für einige Stunden unsere Arbeit niederlegen oder auch dieses Gebäude gewaltfrei und friedlich besetzen.“ Demonstranten hatten die Umzugskartons mit der Aufschrift „Kürzungspaket. Annahme verweigert“ vor die Landtagstüren geworfen, bis sie sich meterhoch stapelten. Nur über die Nebeneingänge ließ sich der Landtag noch verlassen, herein kam im Prinzip niemand mehr. Der CDU-Innenpolitiker Werner Kalinka sagte, es sollte über die Wiedereinführung einer Bannmeile nachgedacht werden. Das Parlament dürfe in keiner Weise unter Druck gesetzt werden.

Nach gut einer Stunde war der Eingang dann wieder frei. Die Proteste hatten am Mittag begonnen. Am Nachmittag zogen die Demonstranten nach einer Kundgebung in der Innenstadt bis zum Landeshaus. Außerdem bildeten Protestler von der skandalgeschüttelten HSH Nordbank bis zum Bildungsministerium eine Menschenkette. Die Menschen sollten sehen, wie vielGeld an falscher Stelle landet, statt in Bildungspolitik investiert zu werden, sagte der Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Matthias Heidn, mit Blick auf die Milliarden-Stütze der HSH Nordbank durch die Hauptanteilseigner Hamburg und Schleswig-Holstein. Sozialminister Heiner Garg (FDP) äußerte Verständnis für die Demonstranten, hält aber am strikten Sparkurs fest. „Wir haben eine gravierende Schieflage: Die Schieflage ist, dass wir über 30Jahre Schulden aufgetürmt haben, die uns an den Rand der politischen Handlungsfähigkeit bringen“, sagte er. Die Sozialausgaben im Doppelhaushalt 2011/2012 lägen bei 2,1 Milliarden Euro. „So viel haben wir noch nie für Soziales ausgegeben.“ Die schwarz-gelbe Koalition will imDezember einen Doppelhaushalt mit drastischen Ausgabenkürzungen verabschieden. Das Budget für Zuweisungen, Zuschüsse und Investitionen soll um 330 Millionen Euro auf 3,11 Milliarden Euro in 2012 sinken. Davon betroffen sind fast alle Bereiche. Blinde, Öko-Bauern, Frauenhäuser, Mädchentreffs, Schulen der dänischen Minderheit und viele mehr bekommen in Zukunft deutlich weniger. Außerdem wird massiv Personal eingespart, darunter auch Lehrerstellen.