Die Integrationsministerin von Niedersachsen spricht sich für ausländische Arbeiter in bestimmten Branchen aus. Den FDP-Vorschlag lehnt sie ab.
Hannover. Niedersachsens Integrationsministerin Aygül Özkan (CDU) setzt sich für eine Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften in bestimmte Branchen ein – ein von der FDP angestrebtes Punktesystem lehnt sie aber ab. Beim Integrationsgipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Mittwoch erwartet Özkan unter anderem ein Signal der Wirtschaft, sich künftig stärker für Migranten zu öffnen. „Wir wissen, dass wir unseren Fachkräftebedarf nicht nur mit Arbeitskräften auf dem hiesigen Markt decken können. Wir brauchen Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften. Die Mehrheit in der Union befürwortet das auch“, sagte Özkan am Dienstag in Hannover.
+++ Immer weniger Ausländer zieht es nach Niedersachsen +++
Die einzige türkischstämmige Ministerin in Deutschland will eine Ausgrenzung von Zuwanderern nach Nationalität, Religion oder Herkunftsland verhindern. Sie hält es aber für sinnvoll, einen Kriterien-Katalog für Zuwanderung aufzustellen. Es könne Vorgaben geben, in welchen Branchen und Regionen Migranten gebraucht werden und welche Qualifizierungen notwendig seien, sagte Özkan, die beim Integrationsgespräch im Kanzleramt dabei sein wird. „Es darf nicht nur ein Punktesystem geben, das wäre zu einseitig und wäre auch nicht flexibel genug auf den aktuellen Arbeitsmarkt ausgerichtet.“
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) strebt die Einführung eines Punktesystems für Zuwanderer an, etwa nach Qualifikation, Alter und Deutschkenntnissen. Die FDP-Vizeregierungschefs aus den Bundesländern schlossen sich am Dienstag seinen Plänen an. Integrationsministerin Özkan befürwortete den Vorstoß der Bundesregierung, Zuwanderer mit individuellen Integrationsvereinbarungen stärker in die Pflicht zu nehmen.
Auch zwei niedersächsische Kommunen sollen sich an dem Modellversuch, der im ersten Quartal 2011 starten soll, beteiligen. „Wir müssen es schaffen, neu Zugewanderte von der ersten Stunde an durch unsere System zu lotsen“, sagte Özkan. Mit den Integrationsvereinbarungen zwischen Zuwanderern und Beratungsstellen könne aufgezeigt werden, welche Pflichten und Rechte Zuwanderer haben.
Özkan kritisierte zudem eine fehlende Kooperation zwischen den beteiligten Stellen – den Arbeitsagenturen, Ausländerbehörden und Trägern der Integrationskurse. „Sie arbeiten zur Zeit aneinander vorbei.“ Die Zusammenarbeit zwischen den lokalen Behörden müsse besser und verbindlicher werden, um eine erfolgreicheTeilnahme an den Integrationskursen zu gewährleisten, sagte die Ministerin. Außerdem sollten Neuzuwanderer schneller nachweisen müssen, dass sie einen 600-stündigen Integrationskurs absolviert haben. Bisher hätten sie dazu zwei Jahre Zeit. Sinnvoll sei eine Verkürzung auf ein Jahr, meinte Özkan. Allerdings gibt es auch Engpässe bei den Integrationskursen. Menschen, die freiwillig teilnehmen wollen, müssten Wartezeiten in Kauf nehmen.
Kanzlerin Merkel setzt sich vor allem für mehr Zuwanderer im öffentlichen Dienst ein. Die niedersächsische Landesregierung will vor allem bei der Polizei und im Schuldienst mehr Migranten einstellen. Ministerin Özkan sagte, in Niedersachsen hätten rund 16 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Dieser Anteil wäre auch im öffentlichen Dienst anzustreben. Zahlen, wie viele Migranten in der Landesverwaltung arbeiten, gibt es bislang aber nicht.