Wütende Studenten und Beschäftigte des Universitätsklinikums haben den Rücktritt von Wissenschaftsminister Jost de Jager gefordert.
Lübeck. Der Protest gegen die geplante Streichung der Medizinerausbildung in Lübeck geht weiter. Wütende Studenten und Beschäftigte des Lübecker Universitätsklinikums haben am Dienstag in Sprechchören den Rücktritt von Schleswig-Holsteins Wissenschaftsminister Jost de Jager (CDU) gefordert. Zuvor hatte der Minister in einer Personalversammlung den Beschäftigten die Pläne der Landesregierung für die Universität und das Klinikum erläutern. Die Regierung will von 2011 an die Medizinische Fakultät der Lübecker Uni auslaufen lassen, um so bis 2020 rund 150 Millionen Euro zu sparen. Außerdem soll das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) mit seinen Standorten Lübeck und Kiel verkauft werden, wo in den nächsten Jahren Bauinvestitionen von 700 Millionen Euro fällig werden.
Vor rund 700 Beschäftigten vom Klinikdirektor bis zur studentischen Hilfskraft bemühte sich de Jager, die Gründe der schwarz-gelben Koalition für das rigorose Sparpaket darzulegen. Die Landesregierung wolle die Lübecker Uni nicht platt machen, sondern den Bereich Medizintechnik stärken und auch „medizinische Forschungskerne“ wie zum Beispiel mit der Kieler Universität verzahnte Sonderforschungsbereiche in Lübeck belassen, sagte der Minister. Nähere Angaben dazu machte er nicht. Am geforderten Einsparvolumen von zunächst 24 Millionen und ab 2015 26 Millionen jährlich sei jedoch nicht zu rütteln, betonte er. „Die Entscheidung der Fraunhofer-Gesellschaft, in Lübeck zu bleiben, zeigt, dass Forschung in Lübeck auch ohne Medizinische Fakultät möglich ist“, sagte der Minister.
+++ Medizinstudium in Kiel und in Lübeck - Ein Vergleich +++
De Jager hatte keinen leichten Stand. Während sich im Saal die Unmutsäußerungen der Zuhörer noch in Grenzen hielten, schlug ihm vor dem Audimax geballter Protest entgegen. Nach Schätzungen der Polizei bis zu 1500 Menschen schwenkten gelbe Protestplakate, skandierten Parolen „Rücktritt“, „Lügner“ und „de Jager, Versager“. Als der Minister auf die Frage, ob er die wirtschaftlichen Folgen der geplanten Schließung durchgerechnet habe, zu einer ausführlichen Antwort ausholte, platzte einer Frau der Kragen: Ja oder Nein solle er sagen – oder zurücktreten, rief sie mit vor Wut heiserer Stimme. Die Lübecker Uni soll nach dem Willen der Landesregierung vom Wintersemester 2011/2012 an keine Erstsemester mehr für das Medizinstudium aufnehmen. In Lübeck befürchtet man, dass dies das Aus für die gesamte Uni bedeutet. Von rund 2500 Studenten sind 1500 angehende Mediziner. Die übrigen verteilen sich auf die Studiengänge Informatik, Medizinische Ingenieurswissenschaften und Molecular Life Sciences. Da alle Fächer eng miteinander verzahnt sind, befürchten Studenten und Wissenschaftler das Aus für die gesamte Uni, wenn die Medizinische Fakultät geschlossen wird.
SCHAVAN WILL UNI LÜBECK RETTEN
Gegen die Pläne hagelt es Proteste von Wissenschaftlern und Verbänden aus dem ganzen Bundesgebiet. In der vergangenen Woche hatten 14 000 Menschen in Kiel gegen die Schließungspläne protestiert. Bis Mitte Juli will die Universität ein Alternativkonzept vorlegen, wie sie die geforderte Summe sparen kann, ohne die Medizinerausbildung aufzugeben. Außerdem laufen hinter den Kulissen Gespräche, wie die Uni mit Hilfe des Bundes gerettet werden kann.