Das Bildungspersonal legte aus Protest gegen Arbeitszeiten und den Bildungsabbau die Arbeit nach der dritten Schulstunde nieder.
Kiel/Elmshorn. Aus Protest gegen die Schulpolitik der schwarz-gelben Koalition in Kiel haben am Donnerstag zum ersten Mal in Schleswig-Holstein verbeamtete Lehrer gestreikt. Das Bildungsministerium erklärte die Aktion für rechtswidrig und kündigte Disziplinarmaßnahmen an. Am Vormittag legten nach Gewerkschaftsangaben landesweit mehr als 3000 Beamte nach der dritten Schulstunde ihre Arbeit nieder. Damit protestierten sie gegen längere Arbeitszeiten, Stellenstreichungen und Bildungsabbau.
„Das hier ist keine Bildungspolitik, sondern ein Abriss der Bildung“, sagte der DGB-Nord-Vorsitzende Uwe Polkaehn bei einer Kundgebung in Kiel. Die Opposition im Landtag unterstützte den Protest der Lehrer. Die GEW kündigte weitere Aktionen gegen das Sparpaket der schwarz-gelben Koalition an.
„Wir wollen gute Arbeitsbedingungen, weil wir gute Lernbedingungen wollen“, sagte die stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Astrid Henke. Die GEW kritisiert die geplante Erhöhung der Arbeitszeit um mehr als einer Stunde an verschiedenen Schultypen. Außerdem wehren sich die Lehrer gegen den angepeilten Abbau von knapp 4000 Stellen bis 2020. Das sind mehr als ursprünglich angekündigt. Henke warf Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) deshalb eine „Stellenlüge“ vor und der FDP eine „bildungsfeindliche und unsoziale“ Politik. „Dieses ist ein Verdummungsprogramm statt ein Kürzungsprogramm“, sagte sie.
Mit der angekündigten Mehrarbeit werde es Einschnitte im Schulalltag geben, befürchtet die GEW. „Die Erhöhung der Pflichtstundenzahl können und werden wir nicht akzeptieren“, erklärte der Philologenverband, der Lehrer an Gymnasien vertritt. Außerunterrichtliches Engagement werde zurückgehen. Zugleich distanzierte sich der Vorsitzende Helmut Siegmon vom Streik: „Das Beamtenrecht gilt, und wir halten es ein.“
Während vor dem Ministerium Lehrer und Schüler demonstrierten, erklärte Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) im achten Stock des Hauses den Streik für illegal. Neben einer Kürzung der Besoldung für das unerlaubte Fernbleiben werde es einen Vermerk in der Personalakte geben. Zur Forderung der Lehrer nach Reduzierung der Pflichtstunden auf einheitlich 24 sagte er an seinem 54. Geburtstag: „Wünsche, die nicht einmal erfüllbar wären, wenn am Kabinettstisch der Weihnachtsmann und der Osterhase säßen, müssen wir uns abgewöhnen.“ Das Land müsse den Haushalt konsolidieren.
Die Opposition unterstützte die Proteste. Anke Erdmann von den Grünen forderte Klug auf, seinen Platz zu räumen. „Wenn hier einer Disziplinarmaßnahmen verdient, dann ist es Klug – wegen Unruhestiftung und rücksichtslosen Sparens auf Kosten der Bildung hier im Lande“. Die SPD warf dem Minister vor, Lehrer, Eltern und Schüler zu verunsichern, der SSW sprach von einen „Rückwärtsgang“ in der Schulpolitik, die Linke von einem „unzumutbaren Zustand an den Schulen“.
CDU und FDP dagegen kritisierten den Streik und verwiesen auf die Haushaltskonsolidierung. „Sie dient auch dem Zweck, dass die heutigen Lehrkräfte später einmal ihre Pensionen erhalten“, sagte Cornelia Conrad von der FDP.