Im Juni streikten erstmals verbeamtete Lehrer gegen Stellenstreichungen. Das Kieler Bildungsministerium zieht jetzt Konsequenzen daraus.
Kiel. Zweieinhalb Monate nach dem ersten Beamtenstreik im Norden hat das Kieler Bildungsministerium harte Konsequenzen gezogen. Ein kommissarischer Schulleiter darf nicht Chef werden, eine Lehrerin wird nicht zur Rektorin befördert. „Es gab nach Rechtsauffassung des Ministeriums einen Rechtsbruch“, sagte Sprecher Thomas Schunck am Donnerstag in Kiel und bestätigte einen Bericht des „Flensburger Tageblatts“. Beamte dürfen in Deutschland nicht streiken. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nannte das Vorgehen unerträglich. Sie spricht von fünf bis zehn ähnlich gelagerten Fällen, das Ministerium von etwa einer Handvoll. Von SPD, Grünen und Linken im Landtag kam Kritik.
Am 3. Juni hatten etwa 3000 Lehrer ihre Arbeit aus Protest gegen die Schulpolitik der schwarz-gelben Koalition in Schleswig-Holstein niedergelegt. Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) hatte Sanktionen angedroht.
Kurz vor Schulstart nach den Sommerferien versetzte das Ministerium einen kommissarischen Schulleiter aus Elmshorn, der noch in der Probezeit war. Er komme für den Posten nicht infrage - wegen der Treuepflicht, die für Beamte in Führungspositionen besonders gelte, sagte Sprecher Schunck. Einer Lehrerin aus Flensburg, die ebenfalls gestreikt hatte, ergeht es ähnlich: Sie hatte sich auf den Rektorenposten an ihrer Schule beworben. Drei Wochen nach dem Streik wählte sie der Schulleiterwahlausschuss zwar, doch das Ministerium schritt ein.
„Die Art und Weise, wie die Leute stellvertretend für andere bestraft werden, ist unerträglich“, kritisierte GEW-Sprecher Bernd Schauer. Klug schieße über das Ziel hinaus. Die Gewerkschaft will die Betroffenen bei rechtlichen Schritten unterstützen. Die SPD warf Klug vor, mit „Mittelstreckenraketen auf gewerkschaftliche Spatzen“ zu schießen. Das Ministerium müsse Zurückhaltung üben, wenn es um die Zerstörung von Karrieren gehe, sagte der Abgeordnete Henning Höppner. Grüne und Linke forderten den Minister auf, die Entscheidungen rückgängig zu machen. „Minister Klug tritt um sich, um von seiner eigenen katastrophalen Ministerbilanz abzulenken“, kritisierte Grünen-Bildungsexpertin Anke Erdmann. Ellen Streitbörger von den Linken erklärte: „Bereits besetzte Schulleiterposten zum Schuljahresbeginn unbesetzt zu lassen, um den zivilen Ungehorsam der Lehrkräfte zu rächen, ist verantwortungslos.“ Die CDU hielt dagegen: „Wer Dienstvorgesetzter werden will, muss sich an Dienstvorschriften halten“, so Heike Franzen. Zwar hätten auch Beamte das Recht auf Demonstrationen und Proteste, aber außerhalb ihrer Dienstzeit.
+++ Streikverbot für Beamte +++
Insgesamt hat das Ministerium nach den Streiks fast 2000 beamteten Lehrern wegen der versäumten Arbeitsstunden die Besoldung gekürzt. Außerdem läuft gegen sie ein Disziplinarverfahren. Die Lehrer müssen mit einem Eintrag in die Personalakte rechnen.